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Die grosse Fahrt der Sable Keech

Die grosse Fahrt der Sable Keech

Titel: Die grosse Fahrt der Sable Keech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Asher
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Die Kreatur stieg zur Oberfläche hinauf, die Tentakel in der Schale eingerollt, und zog eine Wolke aus gelbem Blutwasser nach. Das Nervengift hatte seine Wirkung getan. Erlin stieg schnell mit an die Oberfläche und schwamm rasch ans Ufer, wobei sie die Schnecke an der Monofaser der Harpune hinter sich herzog. Nachdem sie den Stachel der Harpune entfernt hatte, wälzte sie die Kreatur durch das flache Wasser ans Ufer. Kurz kamen ihr Gewissensbisse, aber sie verbannte sie. Das waren primitive Mollusken einer Art, die sie seit Jahren verspeiste, hübsch gekocht und in Würzessig getunkt.
    Sobald sie am Ufer war, hob sie die Molluske auf und gestand sich dabei ein, dass sie ohne die körperlichen Veränderungen, die auf das Spatterjay-Virus zurückgingen, dazu nicht fähig gewesen wäre. In der Unterkunft packte sie das Tier auf den Seziertisch und machte sich daran, ihre Ausrüstung abzulegen. Vom Meer her hörte sie ein gewaltiges Platschen, und als sie hinausblickte, entdeckte sie eine Wasserstörung über der Kolonie.
    Wahrscheinlich Gleißer, die das Blutwasser gekostet hatten. Sie kehrte an den Tisch zurück und platzierte eine Kamera darüber, ehe sie sich an die Arbeit machte. Mit dem Vibroskalpell schnitt sie das Schneckenhaus rundherum auf, von der Spitze bis zur Basis, und benutzte die Hoopermuskeln, um die beiden Hälften auseinander zu zerren. Die Muschelschale erwies sich als überraschend dünn. Die Kreatur darin war oktopodischer Struktur, und als Erlin sie geöffnet hatte, sah sie, dass sie eine der Froschschnecke ganz ähnliche Anatomie besaß. Wieder platschte draußen etwas gewaltig. Erlin trat an den Monitor heran und klappte ihn auf, aber er zeigte ihr nichts weiter als die trübe Suppe des Meeres. Sie kehrte an den Seziertisch zurück.
    Die Kreatur schien missgestaltet – weich und unreif –, und Erlin fand nirgendwo die Vorläufer der Geschlechtsorgane. Das war sehr merkwürdig, denn mit dieser Körpergröße hätte das Tier zumindest schon dem Erwachsenenstadium nahe sein müssen. Vielleicht war sie über eine Kolonie abnormer Mutanten gestolpert. Oder vielleicht wurden diese Schnecken auch von irgendeiner Substanz beeinflusst, irgendeinem Umweltgift. Das war vor langer Zeit auch auf der Erde passiert: Tiere, die diesem ähnelten, wechselten damals ihre sexuellen Eigenschaften unter dem Einfluss von Chemikalien zur Geburtenkontrolle der Menschen oder von schmutzabweisenden Schiffsanstrichen. Zum Teil wurden solche Tiere heute einfach gentechnisch als bloße Fleischquelle gezüchtet und benötigten somit keine Geschlechtsorgane. Hier konnten jedoch nicht Menschen dafür verantwortlich sein; davon gab es nämlich einfach nicht genug, und ihre Gesellschaft war nicht ausreichend industrialisiert, um die Umwelt zu beeinflussen. Vielleicht bestand eine Verbindung zu dem, was irgendwann hier auf der Insel passiert war? Erlins Blick schweifte zum Monitor zurück, und einen Augenblick lang kapierte sie einfach nicht, was sie dort sah. Dann wurde es deutlich. Sie betrachtete die eigene Unterkunft von einer Stelle im Meer aus, einige Meter über der Oberfläche.
    Erlin trat an die Tür und glotzte. Ein Jahr Nabelschau hatte offensichtlich zur Hirnfäule geführt. Die Spitze einer riesigen, pyramidenartigen Spiralmuschel ragte zwei Meter über die Wellen auf, und Erlins Kamera klammerte sich immer noch an die Spitze. Natürlich standen Frosch- und Hammerschnecken kurz vor der Geschlechtsreife, wenn sie die Größe des Exemplars auf dem Seziertisch erreichten – das jetzt eher nach dem Kind einer ganz anderen und viel größeren Spezies aussah. Erlin hatte also keine Kolonie betrachtet, sondern eine Brut Kreaturen, deren Ausmaße um eine Größenordnung über den ältesten Schnecken der anderen Arten lagen.
    Und jetzt kam die Mutterschnecke ans Ufer, um nach ihrem fehlenden Nachwuchs zu suchen.

 
Kapitel 2
     
    Froschschnecke:
    Das karikaturenhafte Aussehen dieser Wellhornschnecke täuscht über ihre Gefräßigkeit hinweg. Die Schale erinnert an die einer terranischen Wellhornschnecke, und sie verfügt über einen einzelnen kräftigen Fuß, der sie an Land über weite Entfernungen springen lässt (nirgendwo auf Spatterjay findet man eine Stelle, die vor diesen Kreaturen sicher wäre). Eine Schar dieser Tiere mit ausgestreckten Stielaugen kann ein erheiternder Anblick sein. Das komplexe, sowohl mahlende als auch schneidende Maul, das die Froschschnecke von der Unterseite ausfahren kann, ist jedoch

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