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Die grosse Fahrt der Sable Keech

Die grosse Fahrt der Sable Keech

Titel: Die grosse Fahrt der Sable Keech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Asher
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herumhocken und wachsen. Erlin klappte den Monitor zu. Die verdammten Biester taten seit einem ganzen Jahr nichts anderes, weshalb Erlin auch versucht hatte, sich mit anderen Forschungen auf der Insel zu beschäftigen.
    Zum Zeitpunkt ihrer Ankunft war die Blutegelpopulation niedrig gewesen und kein einzelner Egel länger als einer ihrer Finger. Wie es schien, hatte irgendein Vorfall alle größeren Tiere von der Insel entfernt. Inzwischen waren diese Fingerlinge so lang wie ihr Arm, obwohl es weniger Exemplare waren, und sie ernährten sich von kleinen Heirodonten, die durch die Vegetation krochen (nachts hörte sie ihre Schreie). Früher mal gab es hier auch große Heirodonten – ihre Knochen stapelten sich am Strand, sodass derselbe Vorfall, der die Insel ihrer größeren Blutegel beraubte, wohl auch sie vernichtet hatte, obwohl Erlin keine Ahnung hatte, warum die Knochen in Haufen herumlagen. Es frustrierte sie, dass sie die Einzelteile des Puzzles nicht zusammenfügen konnte: die Blutegel, die Knochen, die zertrümmerten Birnstockbäume beiderseits einer Schneise der Verwüstung, die quer durch das Zentrum der Insel führte. Vielleicht eine Art Sturm? Vielleicht eine Art Einmischung durch Menschen oder sogar den Hüter? Egal; sie wollte auf jeden Fall wenigstens eines dieser Rätsel lösen, ehe Ambel sie abholte. Und dazu brauchte sie nur ihr Leben zu riskieren.
    Erlin hielt nicht viel von Studien, die das Untersuchungsobjekt veränderten, aber es wurde Zeit herauszufinden, was mit dieser Kolonie Wellhornschnecken los war. Erlins diverse Sondierungen waren ohne schlüssiges Ergebnis geblieben, aber andererseits verfügte sie nur über eine begrenzte Ausrüstung. Sie brauchte, um die Funktion der Einzelteile herauszufinden, eine der Kreaturen hier auf dem Seziertisch, den sie in ihrer Bleibe aufgestellt hatte. Sie klappte den Monitor wieder auf.
    Die Kamera hatte sich bewegt. Das tat sie in jüngster Zeit häufig. Vielleicht ein kleiner Erdstoß, obwohl Erlin nichts gespürt hatte, oder vielleicht hatte das Ding auch einfach eine Störung. Sie nahm ein paar Einstellungen vor, bis sie die Kolonie wieder im Blick hatte. Sie schien näher gekommen zu sein, was lächerlich war. Erlin klappte den Monitor zu, stand auf, ging in ihre Behausung und stellte das Gerät auf einen unebenen Tisch, den sie aus Birnstockholz hergestellt hatte. Dann holte sie den Taucheranzug aus der Seekiste und zog ihn an. Das Ding war schwer – zwei Schichten Monofasern, die einen Keramalkettenpanzer umfassten –, aber man brauchte so etwas nun mal, wenn man hier schwimmen gehen und intakt bleiben wollte. Der Hämolungenatmer verschaffte ihr drei Stunden Zeit unter Wasser, ehe seine Zellen aus künstlichem Hämoglobin überlastet wurden. Mehr als genug Zeit, da Erlin jetzt einschätzen konnte, wie schwierig es wohl sein würde, eine der Kreaturen an Land zu bekommen. Zu diesem Zweck nahm sie ein paar Ergänzungen an der Harpune vor: Nun würden sich, sobald die stachelbewehrte Spitze das Haus durchdrungen und das spezialisierte Nervengift freigesetzt hatte, Luftbeutel am Schaft aufblasen und die Wellhornschnecke an die Oberfläche tragen. Dann brauchte Erlin sie nur noch ans Ufer zu zerren. Sie sammelte ihre Ausrüstung ein und machte sich auf den Weg.
    Der Strand war hier steinig und bestand aus Achat, abgerundeten Nestern Rosenquarz und Kugeln aus Kieselschiefer. An der Flutlinie legte Erlin Hämolunge, Maske und Schwimmflossen an, packte die Harpune und stieg ohne weitere Umstände in die Wogen. Sofort prallten Blutegel auf sie und versuchten mit den mahlenden röhrenförmigen Maulpartien den Taucheranzug zu durchdringen. Erlin ignorierte sie und ging weiter, bis sie ganz untergetaucht war. Wenig später hörten die Angriffe auf; alle Blutegel in der Nähe hatten sich davon überzeugt, dass sie eine Art großes Krebstier wie ein Gleißer sein musste.
    Zehn Meter weit draußen fiel der Meeresgrund steil ab. Erlin tauchte langsam in die dicke Suppe und fand bald den Gipfel, an den sich ihr Kameraauge klammerte. Während sie es umkreiste, entdeckte sie einen zuvor unbemerkten irisierenden Schimmer an den darmähnlichen Steinwindungen. Wenig später war sie über den Wellhornschnecken – allerdings außer Tentakelreichweite. Etwas bewegte sich, und eine Strömung trug sie zur Seite. Ein Erdbeben? Nein, nur die Strömung. Sie zielte auf eine der Wellhornschnecken und schoss. Die Harpune knallte in die Schale, und die Luftbeutel explodierten.

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