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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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keinen.«
    »Yalith…« begann Matred, verstummte aber, als zwei ungebetene Gäste das Zelt betraten.
    Tiglahs Vater und Tiglahs Bruder.

Vor der großen Flut
    Y alith ging in die Wüste. Voll innerer Unruhe, konnte sie keinen Schlaf finden, hätte sich am liebsten in Matreds Schoß geschmiegt und wie ein kleines Kind in den Schlaf geweint.
    Aber sie war kein kleines Kind mehr, und ihre Augen brannten von ungeweinten Tränen. Yalith war es nicht gewohnt, zu so später Stunde im Freien zu sein. Sie hätte auch nicht sagen können, warum es sie in die Wüste trieb. Aariel schlief bestimmt bereits in seiner Höhle, sie würde ihm nicht begegnen.
    Dennoch suchte sie seinen Lagerplatz auf, und als sie hinkam, sah sie zu ihrer Überraschung Aariel vor dem Höhleneingang im Schatten liegen. Ja, er war es – aber das hatte sie auch geglaubt, als sich der vermeintliche Aariel als die Drachenechse Eblis erwies.
    »Aariel?« flüsterte sie.
    Der Löwe erhob sich, streckte sich, gähnte, trottete ihr entgegen.
    »Ach, Aariel!« Sie schlang die Arme um seinen zotteligen Nacken. »Wir wissen nicht, wo der Sand ist! Und wir wissen nicht, was ihm widerfuhr!«
    Langsam, voll Zuneigung, verwandelte er sich, hüllte Yalith in seine Flügel ein. Sagte: »Higgaion ging ihn suchen. «
    »Er hat Großvaters Grab verlassen?«
    »Ja. Er verließ den Toten, um den Lebenden zu finden. Der Den und Japheth begleiten ihn.«
    »Das ist gut. Das ist eine gute Nachricht. Higgaion wird den Sand aufspüren, und der Den und Japheth werden alles Erforderliche tun.«
    Aariel führte sie zu den Schatten am Eingang der Höhle.
    »Aariel, mein Vater will ein großes Schiff bauen! Eine Arche.«
    »Das ist weise gehandelt«, sagte Aariel ernst.»Für meine Brüder und ihre Frauen. Und für Tiere aller Art.«
    »Ja, um alle Arten zu bewahren.«
    »Aber nicht für meine Schwestern Seerah und Hoglah und nicht für ihre Männer und Kinder. Nicht für Mahlah und ihren kleinen Nephil. Und – und nicht für mich.«
    Aariel zog sie an sich. »Auch viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen und Ströme sie nicht ertränken.«
    »Und was geschieht mit den Zwillingen?«
    Der Seraph hielt sie in seinen starken Armen. »Ich weiß es nicht.«
    »Du weißt, daß El meinem Vater befahl, eine Arche zu bauen?«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Aber du weißt nichts über die Zwillinge?«
    »Wir müssen nicht alles wissen.«
    »Du könntest El fragen…«
    »Das taten wir.«
    »Und auch die Sterne schweigen?«
    »Sie schweigen.«
    »Aariel, ich habe Angst.«
    »Fürchte dich nicht«, sagte er. Und versprach: »Ich werde dich halten.«
    »Ich habe mehr Angst um den Sand und um den Den als um mich. Ich liebe sie.«
    »Und sie lieben dich.«
    »Ich will nicht, daß sie sterben. Müssen sie sterben?«
    Aariels Flügel umfingen sie. Er wich ihrem Blick aus. Sagte: »Ich weiß es nicht.«
    Sandy schlief. Er fragte sich nicht länger, warum er Tiglahs Angebot ausgeschlagen hatte, mit ihr zu gehen. Zu gegebener Zeit würde er schon das Richtige tun.
    Es war sinnlos, bei Tag zu fliehen. Vielleicht im Schutz der Dunkelheit…
    »Zwilling!«
    Das war Tiglahs Stimme, Tiglahs Geruch.
    Sie schlug die Zeltklappe hoch. »Du bekommst Besuch.«
    Sandy war sofort hellwach, setzte sich auf. Nun waren also ihr Vater und ihr Bruder gekommen, ihn zu töten.
    Es war jedoch Rofocal. Gebückt betrat er das Zelt; seine flammenden Flügel schleiften im Staub. So wenig wie Sandy konnte er im Zelt aufrecht stehen. Er setzte sich, in einer raschen, geschmeidigen Bewegung, starrte Sandy an. Seine Granatapfel-Augen leuchteten, sein schimmerndes Haar war in den Nacken gebunden, seine Wangen glänzten bleich wie Schnee.
    Plötzlich streckte er den Arm aus, legte Sandy die Hand aufs Knie. Die Berührung war kalt, so kalt, daß sie brannte. »Warum bist du noch immer hier?« fragte er barsch.
    Sandy erwiderte, betont gelassen: »Weil man mich entführte und als Geisel hält. Wie sollte ich das Zelt verlassen und unerkannt fliehen? Wo sollte ich mich verstecken? Wir beide sind gleich groß. Ich gäbe ein bequemes Ziel ab.«
    »Warum bist du gekommen?«
    »Ich bin nicht gekommen. Tiglahs Vater und Bruder haben mich überwältigt. Wie ich annehme, weil du sie dazu angestiftet hattest.«
    »Ich will nicht wissen, warum du in diesem Zelt steckst. Ich will wissen, was dich und deinen Bruder bewog, die Oase aufzusuchen.«
    »Es war ein Mißverständnis«, sagte Sandy, so wie vor einigen Tagen zu Tiglah.
    Abermals

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