Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
Vom Netzwerk:
sagte Noah. »Damit sind sie zu weit gegangen.«
    Die Familie hatte sich vor der brütenden Hitze ins Zelt zurückgezogen.
    Ham sagte: »Du wirst ihnen doch nicht die Weingärten überlassen?«
    Noah schüttelte den Kopf. »Ich habe ihren Vorschlag natürlich abgelehnt. Andererseits… Wenn der Regen kommt, sind die Weingärten ohnedies verloren.«
    Ham machte seinem Zweifel Luft. »Du glaubst also wirklich an die große Flut! Obwohl es bei uns fast nie regnet. Hätten wir nicht die paar Brunnen, gäbe es nicht einmal die Oase.«
    Sem fragte: »Hat sich unser Vater je zuvor lächerlich gemacht?« »Nein«, erwiderte Anah. »Aber immer ist einmal das erste Mal.«
    Admael, das weiße Kamel, durchquerte die Oase. An deren äußerstem Ende, dort, wo Sandy im Zelt wartete, legte es sich in den Sand.
    Adnachiel, die Giraffe, rupfte die zarten Blätter von einem Baum.
    In den Zweigen, den Kopf im Federkleid geborgen, verschlief Akatriel, die Eule, die Stunden des Tages.
    Nun warteten sie alle.
    Japheth und Dennys folgten Higgaion, der am Rand der Oase entlang trottete, immer wieder den Rüssel senkte, schnüffelte, weitertrabte. In die Oase. In die Wüste.
    »Die Sonne steht hoch«, sagte Japheth. »Du mußt in den Schatten, Den.«
    Dennys schüttelte trotzig den Kopf. Sein Körper glänzte von Schweiß.
    Japheth musterte ihn besorgt. »Es ist nicht weit zu Großvater Lamechs Zelt. Vielleicht finden wir dort Adnarel. Wir könnten ihn um Hilfe bitten.«
    Dennys stimmte erleichtert zu. Higgaion taumelte bereits vor Müdigkeit. Sie hatten Sandy nicht gefunden.
    Halb von der Zeltklappe bedeckt, schimmerte etwas im Sand.
    »Adnarel!« rief Dennys.
    Japheth bückte sich, hob den Skarabäus auf, strich ihm sanft mit der Fingerspitze über den Rückenpanzer. Der Käfer schien in seiner Hand zu explodieren, und schon stand in strahlender Goldhelle Adnarel vor ihnen.
    Dennys berichtete atemlos: »Seit Sandy Noah das Kamel überließ, ist er verschwunden! Wir wissen nicht, was ihm widerfahren ist.«
    Adnarel nickte ernst und stumm.
    Japheth sagte: »Ich fürchte, er verließ uns nicht aus freien Stücken.«
    Adnarel befahl: »Sag mir, was du denkst.«
    »Daß er vielleicht… Daß man ihn mit Gewalt…« Seine Stimme brach.
    Adnarels Flügel schimmerten. »Du denkst an Tiglah?«
    »Anah hält das für möglich. Tiglah ist verführerisch.«
    »Nein«, widersprach Dennys. »Sandy wußte, daß Großvater Lamech im Sterben lag. Nie hätte er da Tiglah nachgegeben. «
    Adnarel nickte. »Nephilim«, sagte er leise.
    Higgaions Flanken begannen zu zucken.
    »Das fürchteten wir auch«, sagte Japheth. »Aber nicht einmal sie könnten den Sand unsichtbar machen, oder?«
    »Sie sind Meister der Täuschung«, gab Adnarel zu bedenken. »Sie können ein Trugbild der Oase schaffen. Sie können Gerüche hervorrufen oder auslöschen. Deshalb hat Higgaion die Spur nicht gefunden. Ich nehme an, daß die Nephilim sich menschliche Habgier zunutze machten. Ich nehme an, daß jemand-vielleicht jemand aus Tiglahs Zelt- den Sand entführte, irgendwo versteckt hält und eine Art von Lösegeld für ihn fordert. Wer nicht gewillt ist, das Gewünschte in harter Arbeit zu erreichen, erliegt nur allzu leicht den Einflüsterungen der Nephilim.«
    Als er Flügelschlag hörte, hob Dennys den Kopf. Ein Pelikan stieß aus dem Himmel, dann stand Alarid vor ihnen und sagte: »Die Nephilim fürchten die Zwillinge.« Seine silbernen Flügel glänzten.
    »Aber warum?« fragte Japheth. »Die Zwillinge sind gut.«
    Adnarel und Alarid berührten einander an den Flügelspitzen. Adnarel sagte: »Die Nephilim fürchten, was sie nicht begreifen. Hat Higgaion auch am anderen Ende der Oase gesucht?«
    Japheth nickte.
    »Bis ganz ans andere Ende?«
    »Ja.«
    »Versucht es noch einmal. Geht diesmal an den äußersten Rand. Man wird den Sand so weitab wie möglich von Noahs Zelt versteckt halten.«
    Higgaions Schwänzchen zuckte.
    Japheth sagte: »Die Sonne steht hoch. Wenn der Den mitgeht, bekommt er wieder die Fieberkrankheit.«
    Die beiden Seraphim betrachteten Dennys. Sein schweißüberströmter Körper war bereits gefährlich gerötet.
    »Du hast recht. Der Den soll in Großvater Lamechs Zelt warten. Einer von uns bleibt bei ihm. Für den Fall, daß…« Adnarel sprach den Gedanken nicht zu Ende.
    Alarid sagte: »Und wir achten darauf, daß er vor Sonnenuntergang wieder in Noahs Zelt kommt.«
    Higgaion trompetete ungeduldig.
    »Gehen wir!« sagte Japheth. Er schaute zu den Seraphim

Weitere Kostenlose Bücher