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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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legte Rofocal ihm die eiskalte Hand aufs Knie. »Wenn es ein Mißverständnis war, warum geht ihr dann nicht wieder?«
    Sandy sagte betont langsam: »Wir werden gehen, wenn es für uns Zeit wird.«
    »Und auf welche Weise wollt ihr das bewerkstelligen?«
    Das war eine gute Frage. »Auch das wird sich zur gegebenen Zeit erweisen.«
    »Ihr gehört nicht hierher.«
    »Nein, wir gehören zu Noah und seiner Familie.«
    Rofocal sirrte wie ein Moskito. »Ihr gehört nicht in diese
    Oase. Dies ist nicht der Ort und nicht die Zeit für Riesen. Warum habt ihr keine Flügel?«
    »Wir fliegen in Flugzeugen und Raumschiffen.«
    »Was sagst du da?«
    Ah, die Nephilim waren doch nicht allwissend! Sandy sagte: »Wir fliegen in Maschinen.«
    »Könnt ihr damit den Planeten verlassen?«
    »Wir sind auf dem Mond gelandet und reisen zu den Sternen.«
    »Ihr? Du?«
    »Ich bin noch zu jung. Aber mein Vater hat bereits mehrere Raumflüge unternommen.«
    »Hat El euch geschickt, uns zu bedrohen?«
    »Was glaubst du?« fragte Sandy.
    »Ihr seid keine Nephilim. Ebensowenig seid ihr Seraphim. «
    »Nein. Wir sind Menschen.«
    »Sterbliche?«
    »Ja.«
    »Warum seid ihr gekommen?«
    »Das sagte ich bereits. Es war ein Mißverständnis.«
    »Soll ich dich mitnehmen? Soll ich dich aus deinem Gefängnis befreien?«
    »Nein.«
    »Dann wird man dich töten.«
    »Vielleicht.«
    »Noah wird seine Weingärten nicht opfern.«
    »So ist es recht. Man gibt Terroristen nicht nach.«
    »Du bist dumm. Ich könnte ihm Nachricht von dir senden. Ich glaube, wenn du ihn darum bittest, verzichtet er auf seine Weingärten.«
    »Ich denke nicht daran, ihn darum zu bitten.«
    »Dann mußt du sterben.«
    »Das möchtest du wohl, was?« sagte Sandy. »Vielleicht möchtest du mich sogar selbst umbringen.«
    »Ich gehe. Du wirst unverschämt.«
    »Was hast du gegen meinen Bruder und mich?« »Ihr gehört nicht in unsere Welt. Ihr seid Störenfriede. Ich fürchte, man hat euch entsandt, damit ihr uns Nephilim bedroht.« Rofocal erhob sich. Die Luft war plötzlich mit knisternden Energieströmen geladen. Der Moskito schwirrte davon.
    Bald darauf kam Tiglah. »Hat er es dir erzählt?« Sie kicherte. Die Grübchen in ihren Wangen wurden ganz tief.
    »Ja. Er sagte mir, daß dein Vater und dein Bruder mich töten wollen.«
    »Das meine ich nicht.« Sie hielt sich den Bauch vor Lachen.
    Sandy fand seine Lage überhaupt nicht komisch. »Was dann?«
    »Das von Noah.«
    »Er sagte, Noah wolle seine Weinberge nicht hergeben.«
    Sie winkte ab. Ihr Lachen irritierte ihn. »Nein, das ist es auch nicht. Noah baut ein Schiff. Ein Schiff!«
    Sandy fragte bemüht ruhig: »Warum baut er ein Schiff?«
    »Er sagt, es sei eine Arche!« prustete sie heraus. »Dabei gibt es hier weit und breit weder einen Fluß, noch ein Meer.«
    »Warum tut er es dann?« wollte Sandy wissen.
    »Das fragen wir uns auch.«
    »Baut er allein die Arche?«
    »Aber nein. Das Schiff wird groß, ungeheuer groß. Seine Söhne helfen ihm. Er sagt, es wird regnen.« Ihr schrilles Lachen schmerzte in Sandys Ohren. »Bei uns regnet es nur im Frühling, und auch dann nur ein bißchen. Noah macht sich zum Gespött der Oase.«
    Sandy saß wie angewurzelt, starrte sie an.
    »Rofocal glaubt, Noah baut die Arche nur, um euch damit fortzuschicken. Aber ein Schiff in der Wüste? So ein Unsinn!«
    »Ich habe Hunger«, sagte Sandy.
    »Gut, ich habe dir etwas mitgebracht.«
    »Dann gib es mir und geh.«Sie schmollte. »Möchtest du nicht beim Essen mit mir plaudern? Ich binde dich los.«
    »Ich komme schon zurecht.« Sandy hatte längst die Riemen gelockert, aber das verriet er ihr nicht. »Ich möchte in Ruhe nachdenken.«
    »Über diese dumme Arche?«
    »Über vieles.«
    Sie schlüpfte aus dem Zelt, brachte eine Schüssel mit Fleisch. »Soll ich mich wirklich nicht zu dir setzen?«
    Sandy blieb hart. »Wirklich nicht.«
    Zutiefst gekränkt verließ sie ihn.
    Sandy rümpfte die Nase. Das Fleisch war verdorben. Er stieß die Schüssel zur Seite, befreite seine Hände, löste auch die Beinfesseln. Wenn Noah tatsächlich bereits an der Arche baute, war keine Zeit zu verlieren. Ungeachtet der Gefahr wollte Sandy gleich nach Einbruch der Dunkelheit in die Wüste fliehen, herausfinden, in welchem Teil der Oase man ihn versteckt hatte, und – je nachdem, wohin es näher war – das Zelt von Großvater Lamech oder das von Noah erreichen.
    Er streckte sich aus, schonte seine Kräfte, wartete auf den Abend.
    »Sie haben den Sand entführt«,

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