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Die große Flut

Die große Flut

Titel: Die große Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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Einhorn aufgegangen«, sagte Japheth vergnügt.
    Die beiden Männer stöhnten vor Wut und Enttäuschung. »Ruf ihn sofort zurück!« befahl der Vater.
    »Oder wir bringen dich um!« drohte der Bruder.
    »Und was hättet ihr davon?« erwiderte Japheth ruhig. »Ohne mich kommt ihr nicht an den Sand heran.«
    Tiglahs Bruder knurrte aus tiefster Kehle und stieß mit dem Speer zu. Aber Higgaion warf sich dazwischen und brachte den Mann zu Fall. »Warum hast du sie nicht auf gehalten?« rief er im Liegen.
    »Ich? Was hätte ich denn tun sollen?«
    »Du hast ihn mit dem Einhorn entwischen lassen – und mit unserem Mammut obendrein.«
    Tiglahs Bruder rappelte sich schwerfällig auf, richtete drohend den Speer auf Japheth. Zischte: »Nun gut. Dann versprich uns wenigstens die Weingärten deines Vaters.«
    »Nein«, sagte Japheth und griff nach seinen Pfeilen.Da stieß Tiglahs Vater mit dem Speer zu, und so geschickt Japheth auch auszuweichen versuchte, wurde er doch in die Rippen getroffen. Die Wunde begann sofort zu bluten.
    Higgaion trompetete schrill und sprang dem Mann gegen die Brust.
    Aber die beiden Männer mit den Speeren waren stärker als Japheth und das Mammut. Japheth hielt sich mit beiden Händen die klaffende Wunde; Higgaion bekam von Tiglahs Bruder einen schmerzhaften Fußtritt verpaßt.
    Auf einmal brach gewaltiges Gebrüll über sie herein. »Hunger!« Und das Mantichora zwängte seinen furchterregenden Schädel ins Zelt. »Hunger!«
    »Verschwinde!« japste Tiglahs Vater.
    Higgaion wich zu Tode erschrocken zurück und prallte gegen die Zeltwand. Die gab wankend nach. Japheth sah, daß die Felle nicht gut im Boden verankert waren. Nicht jeder in der Oase pflockte sein Zelt so sorgsam fest wie Noah und Großvater Lamech.
    »Lauf, Hig! Lauf!« befahl Japheth, und Higgaion duckte sich rücklings aus dem Zelt.
    »Hunger!« Das Mantichora drängte in voller Größe herein, Löwenleib und Skorpionschwanz.
    Japheth hatte von allen dreien den größten Spielraum. Er langte nach seinem Bogen, legte einen Pfeil ein, schoß, traf das Mantichora mitten in die Stirn.
    »Hung...« begann es brüllend, verstummte, brach bewußtlos über Tiglahs Vater und Bruder zusammen.
    Japheth zwängte sich durch den schmalen Spalt im Zelt, der schon Higgaions Flucht ermöglicht hatte, ins Freie.
    Das Mammut wartete draußen. Es wimmerte angstvoll, hatte Japheth aber nicht allein zurücklassen wollen.
    »Lauf!« rief Japheth, richtete sich auf und rannte selbst blind drauflos, in die Wüste hinein.
    Schlagartig war Rofocals Trugbild verschwunden, und Japheth wußte auf einmal, wo sie sich befanden: am äußersten Ende der Oase, Großvater Lamechs Zelt genau entgegengesetzt.
    Ohne auf das Blut zu achten, das in dickem Schwall aus der Wunde sickerte, schlug er den Heimweg ein.
    Admael, das Kamel, Adnachiel, die Giraffe, und Akatriel, die Eule, verließen ihren Ruheplatz und folgten Japheth und dem Mammut in die Wüste.
    Japheth rannte so schnell wie noch nie. Plötzlich begann sich alles um ihn zu drehen. Alles ringsum verblaßte. Er taumelte, fiel in den Sand. Higgaion bremste in vollem Lauf und stemmte die Beine gegen den Boden.
    Akatriel flog zu Japheth hin, landete, nahm Seraphgestalt an. »Er hat viel Blut verloren. Er blutet noch immer.«
    Adnachiel, die Giraffe, senkte den langen Hals, betrachtete Japheths Wunde und leckte sie behutsam.
    Admael, das Kamel, trabte davon.
    Higgaion zwängte sich zwischen Japheth und die Giraffe, knickte in den Hinterbeinen ein und wimmerte leise.
    Als Adnachiel die Wunde saubergeleckt hatte, kam Admael mit einem großen, pelzig behaarten Blatt und preßte es gegen das klaffende Fleisch, bis die Blutung gestillt war.
    Ein Zittern lief durch Japheths Körper. Er blinzelte, sah, wie sich die Tiere in Seraphim verwandelten.
    Akatriel, der mit den weisen Eulenaugen, sagte: »Jetzt geht es dir wieder gut.«
    »Aber du bist zu rasch gelaufen«, mahnte Adnachiel. »Hig…«
    Higgaion streifte zärtlich mit dem Rüssel Japheths Arm.
    »Sand?«
    Adnachiel fragte: »Was ist geschehen?«
    »Ich ließ ihn mit dem Einhorn aufgehen.«
    Admael nickte zustimmend. »Das war klug gehandelt.«
    »Sollen wir den Sand zurückrufen?« fragte Japheth.
    »Das wäre noch besser«, sagte Adnachiel.
    Admael fragte das Mammut höflich: »Willst du? Oder soll ich es tun?«
    »Macht es gemeinsam«, entschied Adnachiel.
    Ein Lichtblitz, heller als die Sonne, zwang sie, die Augen zu schließen. Dann stand das Einhorn da. Sandys Arme

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