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Die große Verschwendung

Die große Verschwendung

Titel: Die große Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schoemel
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Yachten, der türkisblauen Weser, direkt von der PowerPoint -Darstellung importiert – da hatte die Senatspressestelle selbst die Munition geliefert, als sie die Datei auf bremen.de zum Download freigab. Eine spöttische Bildunterschrift dazu – und schon wurde so etwas zur Satire. Die wackeligen Finanzpläne wurden ebenfalls ad absurdum geführt – alles von einem halben Dutzend bester Journalisten recherchiert und in hämischem SPIEGEL -Ton niedergeschrieben: »Bremer Höhenflüge – unheilige Allianzen« lautete der Aufmacher.
    Besonders schlimm waren die Recherchen über die Geschäftsfelder der Nordic Urban Development und ihres Mutterunternehmens e-bets. Wo Frontal 21 aufgehört hatte, fing der SPIEGEL erst an. Zu e-bets gab es ein eigenes Dossier mit zahlreichen Fotos. Das Unternehmen, ursprünglich auf Antigua gegründet, hatte im vorigen Jahr sein neues Bürohochhaus in Gibraltar bezogen, mit vierhundert Festangestellten und dreihundert Servern.
    Sowohl im amerikanischen Kongress als auch in Frankreich wurden Gesetzesverschärfungen eigens wegen e-bets diskutiert, und die Amis verdächtigten das Unternehmen sogar, Terrorgelder zu waschen. Fest schien zu stehen, dass viele Millionen aus der kalifornischen Pornoindustrie auf dem Umweg über Las Vegas in den Aufbau des Unternehmens geflossen waren.
    Letzteres verstand Glabrecht nur zu gut. Das Glücksspiel war eine absolut zukunftssichere Investition, denn sollten die Männer tatsächlich irgendwann aufhören zu onanieren – niemals würden sie aufhören zu spielen. In Gibraltar seien im vorigen Jahr geschätzte dreihundert Millionen Dollar Gewinne gemacht worden. Auch eine Milliarde Dollar seien möglich. Große Teile dieses Gewinns würden über ein System von Scheinfirmen und Vertuschungsüberweisungen – auch die berühmten Blitzüberweisungen würden genutzt – nach Dubai oder auf die Bermudas transferiert, von dort wiederum zum Beispiel in die Projekte der Nordic Urban Development .
    Wie das funktioniere, sei überall bekannt und in entscheidenden Bereichen vollkommen legal. Zum Beispiel gründe man ein oder mehrere Briefkastenunternehmen auf den Bermudas, die e-bets riesige Summen für Scheindienstleistungen berechnen und steuerfrei im Land deklarieren könnten. Anschließend würden Darlehen für die Nordic Urban Development zur Verfügung gestellt, deren hochverzinster Abtrag wiederum in Norwegen steuermindernd zu Buche schlage. Nordic Urban Development investiere schließlich in lukrative Bauvorhaben größten Stils, beispielsweise in die Hafenbebauung rund um die Maritime Oper der größenwahnsinnigen Bremer Politdilettanten.
    Die notwendige Software für die Internet-Spiele, zu denen man über viele verschiedene Web-Adressen gelange, sei ursprünglich von israelischen Programmierern entwickelt worden, und diese wiederum sollen von eingewanderten russischen Juden mit Geldern der Russenmafia gefüttert worden sein.
    John Crawfield, Chairman von e-bets und gleichzeitig Geschäftsführer der Tochterfirma Nordic Urban Development , eine überaus schillernde Persönlichkeit, Engländer mit norwegischem Pass, ein ehemaliger Hotelier und Spielbankchef, habe – und hier berief sich der SPIEGEL auf ein Dokument des amerikanischen Senats – außerdem eine Geheimdienstvergangenheit beim israelischen Mossad.
    Das war der Stand der Dinge. Auch der SPIEGEL hatte seine wirtschaftlichen Berechnungen angestellt, die noch wesentlich radikaler ausfielen als die inoffiziell in Oslo von Glabrecht vorgelegten: Den Grundstückswert und die Erschließungskosten, zu denen auch der bislang nicht berücksichtigte Aufwand für ein künstliches Inselchen gehörte, schätzte man auf hundert Millionen Euro. Gemäß dieser Rechnung bezahlte John Crawfield , der angebliche großartige Kultursponsor, nicht nur faktisch gar nichts für die Maritime Oper, sondern sein Unternehmen erhielt sogar noch zwanzig Millionen vom Bremer Senat geschenkt – zusätzlich zu den übrigen Optionen, für die Wohn- und Bürobebauung, die Verkaufsflächen, für die ganze übrige Maritime Erlebniswelt , einschließlich der per Landesgesetz einzuräumenden unbeschränkten Glücksspiellizenz, vierundzwanzig Stunden, sieben Tage die Woche, hundert Jahre lang. Ein Milliardengeschäft!
    5.
    In der Nacht – es war, wie so oft, fast auf die Minute genau drei Uhr –, war Glabrechts Schlaf vorbei. Entsetzt schreckte er auf. Im Zwischenraum zwischen Schlafen und Wach-Sein hatte er zuvor das Anliegen

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