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Die große Verschwendung

Die große Verschwendung

Titel: Die große Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schoemel
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wurde. Jedenfalls erschien das Glabrecht so, als er die Fotos auf dem Bildschirm betrachtete. Er fand sich relativ gut aussehend und schickte sogleich die beiden seiner Meinung nach gelungensten Fotos an die private E-Mail-Adresse Adrianas.
    Einige Minuten später rief sie ihn auf seinem Handy an. Er war gerade damit beschäftigt, eine Ecke aus dem Metallrost über dem Fensterschacht des kleinen Kellerraums auszusägen, in dem die beiden Katzen ihre Klos hatten. Wenn man das Fenster einen Spalt weit offen ließ, würden die Tiere künftig freien Zugang in den Garten haben. Glabrecht freute sich schon auf den Anblick, wenn sie da oben rauskämen.
    »Georg!«, sagte Adriana mit dieser tiefen, sanften und zum Wortende hin verhauchenden Stimme, nachdem er sich mit »Glabrecht« gemeldet hatte. Er meldete sich stets auf diese Weise, auch wenn er auf dem Display sah, dass es eine vertraute Person war, die anrief. Ihm war nie zuvor aufgefallen, dass sein Vorname einen solchen Klang hatte. Nie hatte ihn jemand auf diese Weise ausgesprochen.
    »Georg. Ich – ich habe deine Fotos abgerufen. Sie sind wunderschön. Du bist ein sehr attraktiver Mann. – Ja. – Hast du die extra für mich gemacht?«
    »Äh, ja, gerade eben, hier im Garten. Danke für das Kompliment! Darf ich es glauben? Wo bist du gerade?«
    »In Oslo, ich liege noch halb im Bett«, sagte sie. »Ich glaube, ich habe geträumt, du wärest bei mir! Ich habe durch eine Zimmertür gesehen, wie du gerade draußen vorbeigehst. Wir waren in einem Haus im Süden, irgendwo am Meer. Du tust irgendwas, du bist sehr konzentriert und schaust nicht nach mir. Vielleicht weißt du gar nicht, dass ich da bin. – Ja! – Du hast noch gar nicht bemerkt, dass ich da bin. Aber es ist schön so. Ich bin ganz ruhig.«
    »Was machst du gerade?«
    Glabrecht stand im Fensterschacht, seine Schultern und sein Kopf ragten ins Freie. Was bedeutete dieser Traum, den Adriana ihm da erzählte? War eine Nachricht für ihn darin verschlüsselt? Warum machte ihn das Gehörte so glücklich? Es fühlte sich an wie warmes Wasser, das ihn umgab, das ihn trug.
    »Einen Ausgang für die Katzen …, ich säge ein Loch, damit die Katzen in den Garten können, wenn sie wollen. Wann sehen wir uns denn?«
    »An mir liegt es nicht«, sagte Adriana.
    »Ich kann mir im Moment nichts freischaufeln«, sagte Glabrecht zögernd, »hier brennt es lichterloh.«
    »Warum fragst du dann, mein Hasenfuß?« Adrianas Lachen war so warm wie ihre Stimme.
    Den Rest des Vormittags, machtvoll vorangetrieben durch dieses Telefonat, verbrachte Glabrecht damit, mit Hilfe einer leeren Magnum-Rotweinflasche, die er eigens für diesen Zweck aufbewahrt hatte, endlich das lange geplante Pflanzenexperiment einzurichten. Es ging um die Klärung der Frage, ob die Pflanzen auch bei der Wurzelbildung einen elementaren Sinn für oben und unten hätten. Dies wollte er jetzt am Beispiel eines Buntnesselzweiges testen. Er steckte ihn in die wassergefüllte Flasche, dichtete den Flaschenhals sorgfältig mit erhitztem Kerzenwachs ab und befestigte die Anordnung kopfüber am Gartenzaun: Mal sehen, ob die Nessel auch nach oben, also in Richtung Himmel, Wurzeln treiben würde! Leider erwies sich das Problem der Abdichtung als unlösbar. Auch nach dem dritten Anlauf, das ganze Haus stank inzwischen nach heißem Wachs, trat Wasser durch die Dichtung, und als Marianne zurückkam, brach Glabrecht den Versuch ab. Im kommenden Frühling würde er mittels eines Bohrers einen passgenauen Kanal in einem Korken anlegen und zusätzlich Silikon-Dichtungsmasse verwenden. Das müsste gehen.
    Im laufenden Jahr hatte er übrigens bereits ein Experiment mit einem Zaunkürbis gemacht. Er hatte dessen Findigkeit im Aufspüren von relativ weit entfernt gesteckten Rankhilfen geprüft. Seine Vermutung, dass die Ranken ganz systematisch nach solchen Haltepunkten suchen würden, hatte sich bestätigt. Im Internet schien niemand zu wissen, wie diese Suchbewegungen der Pflanze gesteuert wurden. Gab es ein Pflanzengehirn oder so etwas wie Pflanzennerven? Für Marianne wären seine Experimente ein gefundenes Fressen gewesen, mit dem sie ihre evolutionskritischen Argumente gefüttert hätte. Aber Glabrecht hatte selbstverständlich geschwiegen. Er hatte seine eigenen Gedanken über den Geist der Natur.
    Er stieg hinauf in sein Arbeitszimmer und lud die Fotos, die Adriana zeigten, auf den Bildschirm. Auf mehreren dieser Portraits hatte er beim ersten Betrachten einen harten,

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