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Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Torday
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zurück auf den Fußboden, so als wären seine Worte für einen Kakerlak das Normalste auf der Welt. Ich drücke auf den grünen Knopf am Schaltbrett, woraufhin sich die Aufzugtüren schwungvoll schließen.
    Langsam beginnen wir unsere Fahrt nach unten. Ich fummle an meiner Armbanduhr herum. Der General beäugt mich misstrauisch.
    * Was ist das für ein Zauberding? *
    * Ich zeige es dir .*
    Ich weiß noch ziemlich genau, welcher von den Knöpfen die Kamera aktiviert. Schnell richte ich die Armbanduhr auf den General, ein leises Surren ertönt, und dann wird der grelle Blitz von den Glaswänden zurückgeworfen. Der General versucht, dem Licht auszuweichen, und dreht den Kopf, während alle anderen Kakerlaken in der Ecke Schutz suchen.
    * Musste das sein? *, schnauzt er mich an.
    Aber ich bin einfach nur froh, dass die Kamera noch funktioniert.
    Zufrieden sehe ich mir das Foto an. Wenn man eine verwackelte Aufnahme, auf der unscharf ein Kakerlak zu sehen ist, überhaupt so nennen kann.
    Alles ist so ruhig – kein Alarm, nichts. Vielleicht zu ruhig. Erst als wir mit einem Ruck unten ankommen und die Kakerlaken aufgescheucht hin und her krabbeln, wird mir klar, dass ich eine wichtige Frage nicht gestellt habe.
    * Öffne bitte die Tür *, fordert der General mich auf.
    Meine Hand schwebt über dem Knopf. * Moment mal. Sag mir zuerst, wie wir hier rauskommen .*
    * Das wirst du schon noch rechtzeitig erfahren .*
    * Ich mache keinen Schritt, ehe du es mir nicht sagst .*
    Er stampft mit allen seinen Füßen auf.
    * Das ist ausgeschlossen. Du musst uns vertrauen. Wir sind gekommen, um dich von hier wegzubringen .*
    * Nicht ehe du mir sagst, wie .*
    * Du benimmst dich wie ein Kind! *
    * Das liegt vielleicht daran, dass ich eines bin! *
    Der General macht den Eindruck, als würde er mir am liebsten in den Knöchel beißen.
    * Dann wird es höchste Zeit, dass du aufhörst, eines zu sein. Mach. Endlich. Die. Tür. Auf! *
    Ich sehe ihn an. Ihn und seine versammelte Kakerlaken-Armee auf dem Boden, an den Wänden, überall auf den Türen. Sie warten, ungeduldig, mit bebenden Fühlern. Einer gegen tausend, schätze ich mal. Ich gebe mich geschlagen und drücke den Knopf.
    Als die Türen sich öffnen, folge ich den Kakerlaken hinaus in die Eingangshalle.
    Ein rotes Licht blitzt auf und eine Sirene schrillt laut in unseren Ohren. Bestimmt ist der Aufseher wach geworden und hat Alarm ausgelöst. Ich höre Rufe und dumpfe Stiefelschritte, die rasch näher kommen.
    * Schnell! *, drängt mich der General. Wir stolpern hinaus in den Hof. Ich muss mich beeilen, denn die Insekten krabbeln in Windeseile davon. Wir meiden, so gut es geht, die Suchscheinwerfer und suchen unseren Weg in der Dunkelheit. Der Alarm ist hier draußen viel lauter, mein Kopf dröhnt wie verrückt. Ich folge den Insekten zu meiner Ecke, wo ich den General zum ersten Mal gehört habe. Blitzschnell verschwinden sie in dem Abfluss, sie werden von dem Kanalloch förmlich verschluckt.
    * Hopp, hopp! *, ermuntert mich der General, der plötzlich wieder auf meinem Arm sitzt. Ich habe mir den Abfluss nie richtig angesehen. Es ist wenig mehr als ein hastig gegrabenes Erdloch – kein jungengroßes Loch, sondern nur ein insektengroßes Loch.
    * Soll das ein Witz sein? *
    * Einen anderen Fluchtweg gibt es nicht .*
    Ich knie mich hin und der Kakerlak hüpft von meinem Arm herunter. Ich taste die Ränder ab. Wenn ich das Loch etwas größer machen könnte …
    * Du musst dich beeilen .*
    Ich trete gegen die Ränder. Erde löst sich und fällt auf die Scharen von Kakerlaken, die immer noch durch den Abfluss flüchten.
    * Hey – pass doch auf! *, ruft ein Kakerlak von unten.
    Ich setze mich neben das Loch und versuche, meine Beine hineinzuquetschen. Es ist so gut wie kein Platz, aber mit etwas Nachdruck schaffe ich es schließlich, mich bis zur Taille hineinzuzwängen. Was unten in dem Loch ist, kann ich weder sehen noch fühlen, denn meine Beine baumeln hilflos in der Luft.
    Der General ist allerdings auch keine große Hilfe.
    * Wir dachten, du bist dünner .*
    Der Gestank aus dem Abflussrohr ist unbeschreiblich. Ich stütze mich mit den Händen ab und drücke, so fest ich kann, meine Nägel graben sich ins Erdreich, aber es tut sich nichts.
    * Du musst in diesen Tunnel. Sonst funktioniert unser Plan nicht .*
    * Gibt es einen Plan B? *
    Der General legt den Kopf schief und kaut einen Moment lang.
    * Was ist ein Plan B? *
    Ich schüttle nur den Kopf und drücke weiter.
    » JAYNES

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