Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
Grenzen von China reicht. Dann setzt er seine Studien fort in Astrachan, am Kaukasus, mit seinen so verschiedenen interessanten Volksstämmen, ferner am Don und kehrt am 30. Juli 1774 nach Petersburg zurück.
Man darf Pallas nicht für einen gewöhnlichen Reisenden halten. Er reist nicht allein als Naturforscher. Stets ist er ein ganzer Mensch und nichts ist ihm fremd, was die Menschheit angeht. Erdkunde, Geschichte, Botanik, Handel, Religion, schöne Künste, Wissenschaften, Alles hat für ihn Interesse; das zeigt sich so auffallend, daß man seinen Reisebericht nicht lesen kann, ohne die Vielseitigkeit seiner Kenntnisse zu bewundern, ohne seinen erleuchteten Patriotismus alle Achtung zu zollen und ohne den Scharfblick einer Herrscherin anzuerkennen, die einen Mann von solchem Werthe an ihre Seite zu fesseln wußte.
Nachdem sein Bericht geordnet, geschrieben und veröffentlicht war, dachte Pallas keineswegs daran, auf seinen Lorbeeren auszuruhen oder sich von dem Weihrauch seines sich ausbreitenden Ruhmes einschläfern zu lassen. Ihm galt die Arbeit als Erholung und er betheiligte sich sofort wieder bei den nothwendigen Vorbereitungen zum Entwurfe einer Karte von Rußland.
Bald drängt ihn sein allezeit lebhafter Geist, sich eingehender dem Studium der Botanik zu widmen, und auch in diesem Fache sichern ihm seine Arbeiten einen ehrenvollen Platz unter den Naturforschern des russischen Reiches.
Eines seiner letzten Werke enthält die Beschreibung des südlichen Rußlands unter dem Titel »Physikalisches und topographisches Bild von Tauris«, ein Band, den Pallas in französischer Schrift herausgab und selbst in’s Deutsche und Russische übersetzte. Bezaubert von dem Lande, das er 1793 und 1794 besuchte, äußerte er den Wunsch, sich dort niederzulassen. Die Kaiserin schenkte ihm sofort einige der Krone gehörende Ländereien, und der gelehrte Reisende siedelte nebst Familie nach Simphcropel über.
Pallas benützte diesen Umstand zu einer wiederholten Reise in die südlichen Provinzen des Reiches, nach den Steppen der Wolga und den Gebieten zwischen dem Kaspischen Meere und dem Kaukasus; endlich durchstreifte er die Krim nach allen Richtungen hin. Vor zwanzig Jahren schon hatte er einen Theil dieser Länder gesehen und konnte jetzt tief einschneidende Veränderungen constatiren. Wenn er sich über die sinnlose Ausbeutung der Wälder beklagt, so muß Pallas doch anerkennen, daß sich an manchen Stellen der Ackerbau entwickelt hat, daß verschiedene Mittelpunkte einer industriellen Thätigkeit entstanden sind und das Land mit einem Worte in die Bahnen des Forschrittes eingelenkt ist. Die Eroberung der Krim gehört erst der jüngsten Zeit an, doch machen sich auch dort eingreifende Veränderungen bemerkbar. Was versprechen diese Gebiete nicht für die nächste Zukunft!
Der für die letztere Provinz so eingenommene gute Pallas mußte an seinem neuen Aufenthaltsorte leider allerhand Quälereien der Tataren ausstehen. Seine Frau verstarb in der Krim, und als er endlich den Geschmack an Land und Leuten hier verloren hatte, kehrte er nach Berlin zurück, wo er am 8. September 1811 seine Tage beschloß.
Seine Verlassenschaft bildeten zwei Werke von hervorragender Bedeutung, aus denen der Geograph, der Staatsmann, der Naturforscher und der Kaufmann gleich verläßliche und bestimmte Nachrichten über jene, bis dahin so wenig bekannten Länder schöpfen können, deren eigene Schätze und Bedürfnisse die Verhältnisse des europäischen Marktes sichtbar verändern sollten.
Viertes Capitel.
Die beiden Amerika.
Die Westküste Amerikas. – Juan de Fuca und de Fonte. – Die drei Reisen Behring’s und Vancouver’s. – Untersuchung der Fuca-Straße. – Besichtigung des Archipels Neu-Georgiens und eines Theiles der amerikanischen Küste. – Erforschung des Innern von Amerika. – Samuel Hearne. – Entdeckung des Kupferflusses. – Mackenzie und der Strom, der seinen Namen führt. – Der Fraser Fluß. – Mittelamerika. – Erforschung des Amazonen-Stromes durch La Condamine. – Reise A. v. Humboldt’s und Bonpland’s. – Teneriffa. – Die Höhle von Guacharo. – Die »Flanos«. – Die Gymnoten(Finn-Aale). – Der Amazonen-Strom, der Rio-Negro und der Orinoco. – Die Erdesser. – Ergebnisse der Reise. – Zweite Reise Humboldt’s. – Die Bolcanitos. – Der Wasserfall von Tequendama. – Die Brücken des Incononzo. – Der Uebergang über den Quindiu auf den Rücken von Trägern. – Quito und der
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