Die großen Vier
Hotel verlassen sehen. Auch hat er kein Frühstück zu sich genommen, was darauf hinzudeuten scheint, dass er sehr früh fortgegangen ist.»
«Könnte er vielleicht gleich wieder ausgegangen sein, nachdem er nachts heimgekommen war?»
«Das glaube ich nicht. Sein Bett war benutzt, und der Nachtportier hätte jeden bemerken müssen, der um diese Zeit das Hotel verließ.»
«Das ist vollkommen richtig, Madame. Wir können somit als sicher annehmen, dass er das Hotel frühmorgens verließ, und eine andere Möglichkeit vollkommen ausschließen. Es ist hiernach auch nicht anzunehmen, dass er zur Nachtzeit irgendwelchen Pariser Apachen in die Hände gefallen ist. Fehlte etwas von seinem Gepäck?»
Mrs Halliday zögerte sichtlich bei dieser Frage, jedoch sagte sie schließlich:
«Nein, er muss nur einen kleinen Koffer mitgenommen haben.»
«Hm», sagte Poirot nachdenklich, «ich möchte gerne wissen, wo er den Abend verbracht hat. Wenn wir das herausbringen könnten, wären wir ein gutes Stück weiter. Wen hat er an diesem Abend getroffen, da liegt das Geheimnis. Madame, ich teile durchaus nicht den Standpunkt der Polizei, bei der es immer heißt: cherchez la femme, jedoch liegt es auf der Hand, dass irgendetwas Ihren Gatten zur Nachtstunde veranlasste, seine Pläne zu ändern. Sie sagten, dass er bei seiner Rückkehr nach eingegangener Post gefragt hat. Hat er etwas erhalten?»
«Nur einen Brief, und das muss der gewesen sein, den ich an dem Tage geschrieben habe, an dem er England verließ.»
Poirot blieb eine Zeit lang stumm; dann erhob er sich.
«Nun, Madame, die Lösung des Rätsels liegt in Paris, und zu diesem Zwecke werde ich mich unverzüglich auf die Reise machen.»
«Es liegt aber alles bereits so lange zurück, Monsieur.»
«Ja, trotz allem, wir müssen dort weitersuchen.»
Er wandte sich zur Tür, hielt jedoch inne, die Hand am Türgriff. «Sagen Sie, Madame, erinnern Sie sich, dass Ihr Gatte jemals irgendetwas über die Großen Vier erwähnt hat?»
«Die Großen Vier», wiederholte sie verständnislos, «nein, ich kann mich nicht erinnern.»
6
D as war alles, was wir von Mrs Halliday in Erfahrung bringen konnten. Wir eilten zurück nach London, und am nächsten Tag waren wir bereits auf dem Weg zum Kontinent. Mit ziemlich resigniertem Lächeln bemerkte Poirot:
«Diese Großen Vier halten mich tatsächlich in Trab, mon ami. Ich laufe hin und her, kreuz und quer, wie unser gemeinsamer Freund, der Jagdhund in Menschengestalt.»
«Vielleicht triffst du ihn in Paris», sagte ich; ich wusste wohl, dass er einen gewissen Giraud damit meinte, einen der findigsten Detektive der Sûreté, den er bei einer früheren Gelegenheit kennen gelernt hatte.
Poirot zog eine Grimasse. «Ich hoffe, dass es mir erspart bleibt. Der mag mich nicht leiden.»
«Wird es nicht schwierig sein», fragte ich, «ausfindig zu machen, was ein unbekannter Engländer an einem bestimmten Abend vor zwei Monaten unternommen hat?»
«Sogar sehr schwierig, mon ami, aber, wie du genau weißt, Schwierigkeiten erfreuen das Herz von Hercule Poirot.»
«Denkst du an die Möglichkeit, dass die Großen Vier ihn verschleppt haben könnten?»
Poirot nickte.
Unsere Ermittlungen hatten bisher nichts Neues erbracht, und wir wussten nicht viel mehr als das, was uns Mrs Halliday schon erzählt hatte. Poirot hatte eine längere Unterredung mit Professor Bourgoneau, in deren Verlauf er herauszufinden suchte, ob Halliday von irgendwelchen anderen Plänen für den Abend gesprochen hatte, aber diese Frage blieb vollständig offen.
Unsere nächste Informationsquelle lag bei der berühmten Madame Olivier. Ich war ziemlich erregt, als wir die Stufen zu ihrer Villa in Passy hinaufgingen. Es erschien mir außergewöhnlich, dass es einer Frau gelungen sein sollte, eine so prominente Stellung in der Welt der Wissenschaft einzunehmen. Bisher war ich jedenfalls der Meinung gewesen, dass nur die männliche Intelligenz diesen Aufgaben gewachsen sei.
Die Tür wurde durch einen jungen Burschen geöffnet, der auf mich den Eindruck eines Messdieners machte, der streng auf die Einhaltung eines gewissen Rituals bedacht ist.
Poirot hatte sich die Mühe gemacht und uns vorher angemeldet, da es ihm bereits bekannt war, dass Madame Olivier wegen ihrer intensiven Forschungsarbeit niemals Besucher ohne Voranmeldung empfing.
Wir wurden in einen kleinen Salon geführt, den kurz darauf die Dame des Hauses betrat. Madame Olivier war eine große Erscheinung, ihre
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