Die großen Vier
Schachspiel, mon ami?», fragte er sodann.
«Ich glaube, ich muss irgendwo so etwas Ähnliches haben.» Es dauerte zwar einige Zeit, es herauszusuchen, aber schließlich fand ich es und brachte es Poirot, der sich damit in einen Sessel versenkte und mit großer Aufmerksamkeit zu lesen begann.
Nach ungefähr einer Viertelstunde läutete das Telefon. Ich nahm den Hörer ab; es war Japp, der anrief. Iwan hatte die Wohnung verlassen, war in ein wartendes Taxi gesprungen, und eine Jagd hatte begonnen.
Offensichtlich sei er bestrebt gewesen, seine Verfolger abzuschütteln. Im Glauben, dass ihm dies gelungen sei, war er dann zu einem großen, leer stehenden Haus in Hampstead gefahren. Das Haus sei sofort umstellt worden.
Ich berichtete Poirot all dies, doch er schenkte meinen Ausführungen kaum Beachtung.
«Hör einmal zu, mein Freund. Dies sind die Ruy-Lopez-Anfangszüge: 1 P – K 4, PK – 4, 2 KT – KB 3, KT – Q B 3, 3 B – KT 5 – sodann wird hier die Frage erörtert, welches der beste dritte Zug für Schwarz sei, man hat die Wahl über verschiedene Gegenzüge. Es war der dritte Zug von Weiß, der Gilmour Wilson tötete, 3 B – KT 5, einzig und allein der dritte Zug – sagt dir das nichts?»
Ich hatte natürlich nicht die geringste Ahnung, was gemeint war, und so brachte ich es denn auch zum Ausdruck.
«Angenommen, Hastings, während du hier im Stuhl sitzt, hörst du, dass die Haustür geöffnet und geschlossen wird, was würdest du daraus entnehmen?»
«Ich würde annehmen, dass jemand vermutlich das Haus verlassen hat.»
«Gut, aber es gibt doch zwei Möglichkeiten: Entweder verließ jemand das Haus – oder jemand hat es betreten – zwei vollkommen verschiedene Möglichkeiten, Hastings. Doch falls du das Falsche annimmst, würde dir bald offenbar werden, dass du dich getäuscht hast.»
«Was soll das alles bedeuten, Poirot?»
Er sprang mit einem plötzlichen Satz auf die Füße.
«Es bedeutet, dass ich ein ganz ausgemachter Idiot gewesen bin. Schnell, schnell, nach dem Haus in Westminster. Vielleicht kommen wir noch zur Zeit.»
Wir stürmten in einem Taxi davon. Poirot gab auf meine wiederholten Fragen keine Antwort. Dort angekommen, rasten wir die Treppe hinauf. Unser wiederholtes Klopfen und Läuten blieb unbeantwortet, aber bei näherem Lauschen konnten wir deutlich ein schwaches Stöhnen innerhalb der Wohnung vernehmen. Auf Befragen stellte sich heraus, dass der Hausmeister einen Hauptschlüssel hatte, jedoch erst nach einigen dringlichen Aufforderungen entschloss er sich zu öffnen.
Poirot eilte geradewegs durch die Diele in das Empfangszimmer. Von dort wehte uns eine Wolke von Chloroform entgegen. Auf dem Boden lag Sonja Daviloff, an Händen und Füßen gebunden, über Nase und Mund befand sich ein großer durchtränkter Wattebausch. Poirot entfernte ihn und begann sie wieder zum Bewusstsein zu bringen. Nach kurzer Zeit erschien ein mittlerweile herbeigerufener Arzt. Poirot übergab sie seiner Obhut und zog mich beiseite. Von Dr. Savaronoff war kein Lebenszeichen zu entdecken.
«Was bedeutet das alles?», fragte ich ganz verwirrt.
«Es bedeutet, dass ich zwischen zwei völlig gleichen Möglichkeiten die falsche gewählt habe. Du weißt wohl, dass ich damals erwähnte, es würde für jemand sehr leicht sein, sich für Sonja Daviloff auszugeben, weil der Onkel sie bereits viele Jahre nicht mehr gesehen hatte?»
«Ja, und…»
«Nun, genau das Gegenteil war der Fall. Es bestand genau dieselbe Möglichkeit, sich für Savaronoff auszugeben.»
«Was sagst du?»
«Nun, Savaronoff starb tatsächlich beim Ausbruch der Revolution. Der Mann, welcher vorgab, unter unsäglichen Leiden und Mühen entkommen zu sein, erschien derart verändert, dass seine eigenen Freunde ihn kaum wieder erkennen konnten. Es war derselbe Mann, der mit sichtlichem Erfolg Anspruch auf das enorme Vermögen erhoben hat.»
«Und wer war das?»
«Es war Nummer vier. Kein Wunder, dass er sehr erschrocken war, als Sonja Daviloff ihm mitteilte, sie hätte zufällig einige Bemerkungen bezüglich der Großen Vier aufgeschnappt.
Wiederum ist er mir durch die Finger geschlüpft. Er wusste zu genau, dass ich bald auf seine Schliche kommen würde, so sandte er den harmlosen Iwan aus dem Hause, um die Polizei auf eine falsche Fährte zu führen, chloroformierte das Mädchen und machte sich schnell aus dem Staub, nachdem er zweifellos alles, was Madame Gospoja hinterlassen, in Sicherheit gebracht hatte.»
«Aber wer hat dann
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