Die großen Vier
schnell erhob. Ein junges Mädchen stand im Türrahmen. Ihre Augen, die fest auf uns gerichtet waren, drückten Befremden aus. Sie war von mittlerer Größe und zeigte uns ein zwar schönes, aber ziemlich misstrauisches Gesicht. Sie hatte dunkelblaue Augen und tiefschwarzes, kurz geschnittenes Haar. Ihre Stimme war voll und wohlklingend, hatte jedoch einen fremden Akzent.
«Ich fürchte, mein Onkel wird nicht in der Lage sein, Sie zu empfangen. Er ist stark behindert.»
«Das ist sehr bedauerlich, aber vielleicht können Sie uns helfen. Wenn ich mich nicht täusche, sind Sie Mademoiselle Daviloff?»
«Ja, ich bin Sonja Daviloff. Was wünschen Sie zu wissen?»
«Ich bin gerade dabei, bezüglich der traurigen Affäre, die sich vorgestern hier ereignet hat, einige Erhebungen anzustellen – es betrifft den Tod von Gilmour Wilson. Was können Sie mir darüber berichten?»
Des Mädchens Augen weiteten sich.
«Er starb an einem Herzschlag – beim Schachspiel.»
«Die Polizei ist sich aber gar nicht so sicher, dass es sich um einen Herzschlag handelt, Mademoiselle.»
Sie machte einen äußerst erschrockenen Eindruck. «So ist es also doch wahr», rief sie, «und Iwan hatte Recht.»
«Wer ist Iwan, und warum sagten Sie, er hätte Recht?»
«Iwan ist der Diener, der Ihnen die Tür öffnete – und er hat mir gegenüber geäußert, dass Gilmour Wilson nach seiner Meinung keines natürlichen Todes gestorben ist – sondern dass er irrtümlicherweise vergiftet wurde.»
«Irrtümlich?»
«Ja, das Gift war für meinen Onkel bestimmt.»
Sie hatte ihre ursprüngliche Zurückhaltung aufgegeben und sprach jetzt völlig unbefangen.
«Wie kommen Sie zu solch einer Behauptung, Mademoiselle? Wer sollte den Wunsch gehabt haben, Dr. Savaronoff zu töten?»
Sie schüttelte den Kopf.
«Ich weiß es nicht, ich bin ganz im Unklaren. Dazu zieht mich mein Onkel gar nicht in sein Vertrauen, was vielleicht ganz verständlich ist. Sehen Sie, er kennt mich kaum, er hat mich als Kind gekannt und mich nicht mehr gesehen, bis ich nach London kam, um ihn zu betreuen. Aber eines weiß ich: er lebt in ständiger Angst. Es gibt in Russland so viele Geheimorganisationen, und eines Tages hörte ich zufällig etwas, was mich annehmen ließ, dass es eine solche Organisation ist, die er zu fürchten hat. Sagen Sie mir bitte, Monsieur» – sie kam näher heran und senkte ihre Stimme –, «haben Sie jemals von einer Verbindung gehört, die sich die Großen Vier nennt?»
Poirot schien wie von einer Tarantel gestochen. Seine Augen traten vor Erstaunen beinahe aus ihren Höhlen heraus.
«Wie – was wissen Sie über die Großen Vier, Mademoiselle?»
«Also gibt es eine solche Verbindung. Ich belauschte eine gelegentliche Unterhaltung und befragte meinen Onkel im Anschluss daran. Niemals habe ich jemand so erschrocken gesehen, er wurde weiß im Gesicht und begann an allen Gliedern zu zittern. Es war Furcht, eine ganz große Furcht. Ich bin meiner Sache jetzt ganz sicher, der Amerikaner Wilson wurde das Opfer eines Irrtums.»
«Die Großen Vier», murmelte Poirot, «überall sind sie am Werk.
Ein erstaunlicher Zufall, Mademoiselle, Ihr Onkel schwebt noch immer in großer Gefahr, und ich muss ihn davor retten. Nun wiederholen Sie mir noch einmal genau die Vorgänge des betreffenden Abends. Zeigen Sie mir das Schachbrett, den Tisch, und beschreiben Sie mir die Sitzordnung – kurzum, alles.»
Sie ging zu der gegenüberliegenden Seite des Raumes und brachte einen Tisch herbei. Die Platte war kostbar, mit Feldern von Silber und schwarzem Edelholz eingelegt, ein Schachbrett darstellend.
«Dieser Tisch wurde vor einigen Wochen meinem Onkel als Geschenk überbracht mit dem Wunsche, ihn bei dem nächsten Turnier zu verwenden. Er stand in der Mitte des Raumes – etwa so.»
Poirot betrachtete den Schachtisch mit einer, wie mir schien, übertriebenen Aufmerksamkeit. Er führte die Untersuchung ganz anders, als ich es für zweckmäßig hielt. Viele seiner Fragen erschienen mir völlig sinnlos, und andererseits behandelte er wirklich wichtige Punkte mit scheinbarer Gleichgültigkeit. Ich kam zu der Überzeugung, dass er bei der Erwähnung der Großen Vier gänzlich aus der Fassung geraten war.
Nachdem er eine Zeit lang den Tisch und dessen tatsächlichen Standort untersucht hatte, bat er, die Schachfiguren sehen zu dürfen. Nachdem Sonja Daviloff sie in einer Schachtel herbeigebracht hatte, betrachtete er einige davon recht flüchtig.
«Ein sehr
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