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Die großen Vier

Die großen Vier

Titel: Die großen Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Poirot.
    «Es sind jetzt zwei Jahre.»
    «Soso», bemerkte Poirot ruhig, «es ist während dieser ganzen Zeit wohl niemandem eingefallen, dass er vielleicht doch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen ist?»
    Der Aufseher lächelte amüsiert.
    «Warum sollte er denn in einer Heilanstalt gewesen sein, wenn er tatsächlich bei Sinnen gewesen wäre? Wissen Sie, sie behaupten alle, dass sie völlig normal sind.»
    Poirot enthielt sich weiterer Äußerungen und nahm den Mann mit in das Schlafzimmer, wo die Leiche lag. Er identifizierte sie sofort.
    «Das ist er, kein Zweifel», sagte er gefühllos. «Komischer Kerl, nicht wahr? Nun, meine Herren, am besten gehe ich gleich, um die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Wir wollen Sie nicht länger als notwendig mit der Leiche belästigen.
    Ich möchte Sie nur noch darauf aufmerksam machen, dass Sie im Falle einer Leichenschau zu erscheinen haben. Guten Morgen, meine Herren.»
    Mit einer ziemlich linkischen Verbeugung und schlenkernden Schrittes verließ er den Raum.
    Einige Minuten später traf Japp ein. Der Inspektor von Scotland Yard war, wie immer, sehr lebhaft und unternehmungslustig. «Da bin ich, Monsieur Poirot. Was kann ich für Sie tun? Ich vermutete Sie bereits auf dem Wege zu den Korallenriffen oder sonst wohin.»
    «Guter Freund, ich wollte wissen, ob Sie diesen Mann schon einmal irgendwo gesehen haben.»
    Er führte Japp in das anliegende Schlafzimmer. Der Inspektor sah mit verwundertem Gesicht auf den Toten. «Lassen Sie mich einmal nachdenken – kommt mir irgendwie bekannt vor –, kann mich doch meistens auf mein Gedächtnis verlassen. Ja, selbstverständlich, alle guten Geister, das ist Mayerling!»
    «Und wer ist – oder vielmehr, wer war Mayerling?»
    «Mitglied eines Geheimdienstes – keiner von unseren Leuten. Ging vor fünf Jahren nach Russland. Hörte nie mehr etwas von ihm. Dachte stets, die Bolschewiken hätten ihn eingesperrt.»
    «Es passt alles zusammen», bemerkte Poirot, als Japp uns verlassen hatte, «nur ein Haken ist dabei, nämlich der, dass er eines natürlichen Todes gestorben zu sein scheint.»
    Er stand da und sah finsteren Blickes auf die reglose Gestalt hinunter. Ein Windstoß blähte die Vorhänge, und plötzlich blickte er aufmerksam auf.
    «Ich nehme an, dass du die Fenster öffnetest, als du ihn auf das Bett niederlegtest, Hastings?»
    «Nein», antwortete ich, «soweit ich mich erinnern kann, waren sie geschlossen.»
    Poirot sah mich aufmerksam an.
    «Geschlossen – und jetzt sind sie geöffnet. Was kann das bedeuten?»
    «Jemand muss auf diesem Wege eingestiegen sein», bemerkte ich.
    «Möglich», stimmte Poirot zu, aber er sagte dieses wie abwesend und nicht ganz überzeugt.
    Nach einer längeren Pause fuhr er fort:
    «Das ist es nicht, was mich nachdenklich stimmt, Hastings; wenn nur ein Fenster geöffnet gewesen wäre, wäre ich nicht so überrascht. Aber die Tatsache, dass beide Fenster offen sind, gibt mir zu denken.»
    Darauf eilte er in das Wohnzimmer.
    «Dieses Fenster ist gleichfalls geöffnet, es war aber auch geschlossen, als wir den Raum verließen. Aha!»
    Er beugte sich über den Toten und betrachtete eine Zeit lang dessen Mundwinkel. Dann blickte er auf.
    «Er wurde geknebelt, Hastings! Geknebelt und dann vergiftet.»
    «Gütiger Himmel!», rief ich erschüttert. «Ich denke, wir werden Genaueres bei der Leichenschau erfahren.»
    «Wir werden gar nichts erfahren. Er starb durch Einatmen von konzentrierter Blausäure. Diese wurde ihm direkt unter die Nase gehalten. Dann entfernte sich der Mörder, nachdem er vorher sämtliche Fenster geöffnet hatte. Blausäure verflüchtigt sich außerordentlich schnell, sie hinterlässt jedoch einen intensiven Geruch von bitteren Mandeln. Das Fehlen dieses Geruchs und anderer Verdachtsmomente würde die Ärzte jederzeit zur Feststellung eines natürlichen Todes veranlassen. Dieser Mann war also im Geheimdienst und verschwand vor fünf Jahren in Russland.»
    «Die letzten zwei Jahre jedoch war er in der Anstalt», bemerkte ich, «aber was geschah während der drei vorhergegangenen Jahre?»
    Poirot schüttelte den Kopf und ergriff meinen Arm.
    «Die Uhr, Hastings, sieh dir einmal die Uhr an!»
    Ich folgte seinem Blick zum Kaminsims. Die Uhr war um vier Uhr stehen geblieben.
    «.Mon ami, jemand hat das Pendel angehalten. Sie hätte noch drei Tage laufen müssen, denn sie hat ein Achttagewerk, begreifst du nun?»
    «Aber zu welchem Zweck sollte man das getan haben? Um uns

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