Die Günstlinge der Unterwelt - 5
schien es, war er mit ihrem Lebenslicht verbunden, mit ihrer Seele.
Berdines Weinen ließ nach, ihr Atem beruhigte sich, ihre Muskeln erschlafften, und sie sank nach hinten an das Bett.
Richard spürte, wie der Schmerz, der von ihr auf ihn übergegangen war, nachließ. Erst jetzt merkte er, daß er unter den unerträglichen Qualen den Atem angehalten hatte, und erschöpft holte er tief Luft.
Auch die Wärme, die aus seinem Inneren hervorströmte, ließ nach und verebbte schließlich ganz. Richard zog seine Hand zurück und strich ihr das wellige Haar aus dem Gesicht. Sie öffnete die Augen, und ihr benommener, blauäugiger Blick traf seinen.
Sie sahen beide nach unten. Sie war wieder unversehrt.
»Ich bin wieder ich selbst«, sagte sie leise. »Ich fühle mich, als wäre ich gerade aus einem Alptraum aufgewacht.«
Richard zog das rote Leder über ihre Brüste und bedeckte sie. »Ich auch.«
»Einen Lord Rahl wie Euch hat es noch nie zuvor gegeben«, meinte sie verwundert.
»Ein wahreres Wort wurde noch nie gesprochen«, sagte eine Stimme hinter ihnen.
Richard drehte sich um und erblickte die tränenverschmierten Gesichter der beiden anderen Frauen, die hinter ihm knieten.
»Geht es dir gut, Berdine?« erkundigte sich Cara.
Berdine, immer noch ein wenig überwältigt, nickte. »Ich bin wieder ich selbst.«
Doch keiner von ihnen war so ergriffen wie Richard.
»Ihr hättet sie umbringen können«, meinte Cara. »Hättet Ihr versucht, Euer Schwert zu gebrauchen, hätte sie Eure Magie bekommen, aber Ihr hättet Euer Messer benutzen können. Für Euch wäre es ein leichtes gewesen. Ihr hättet ihren Strafer nicht zu erdulden brauchen. Ihr hättet sie einfach töten können.«
Richard nickte. »Ich weiß. Aber dieser Schmerz wäre noch schlimmer gewesen.«
Berdine warf ihren Strafer neben ihm auf den Boden. »Ich übergebe Euch dies, Lord Rahl.«
Die beiden anderen streiften die goldenen Kettchen über ihre Hände und ließen ihre Strafer neben den von Berdine zu Boden fallen.
»Ich übergebe Euch meinen ebenfalls, Lord Rahl«, sagte Cara.
»Ich auch, Lord Rahl.«
Richard starrte auf die roten Stäbe, die neben ihm auf dem Fußboden lagen. Er mußte an sein Schwert denken, und wie sehr er die Dinge haßte, die er damit tat, wie er all das Töten haßte, das er damit bereits angerichtet hatte, und das Töten, das noch vor ihm lag. Aber noch konnte er das Schwert nicht aufgeben.
»Ihr könnt gar nicht wissen, wieviel mir das bedeutet«, sagte er, unfähig, ihnen in die Augen zu sehen. »Was zählt, ist Euer Wille. Er beweist Euren Mut und Eure Bande. Verzeiht mir, Ihr alle, aber ich muß Euch bitten, sie im Augenblick zu behalten.« Er gab ihnen ihre Strafer zurück. »Wenn das hier vorbei ist, wenn wir uns von der Bedrohung befreit haben, dann können wir alle die Alpträume ablegen, die uns verfolgen. Im Augenblick aber müssen wir für diejenigen kämpfen, die auf uns zählen. Es sind unsere Waffen, so fürchterlich sie sein mögen, die es uns erlauben, den Kampf fortzusetzen.«
Cara legte ihm sanft die Hand auf die Schulter. »Das verstehen wir, Lord Rahl. Es soll sein, wie Ihr sagt. Wenn dies vorüber ist, können wir uns nicht nur von den äußeren Feinden befreien, sondern auch von den inneren.«
Richard nickte. »Bis dahin müssen wir stark sein. Wir müssen sein wie der Hauch des Todes.«
In der Stille fragte sich Richard, was Mriswiths in Aydindril verloren hatten. Er mußte an den einen denken, der Cathryn getötet hatte. Er beschütze ihn, hatte er behauptet. Ihn beschützen? Ausgeschlossen.
Wenn er jedoch darüber nachdachte, konnte er sich nicht erinnern, daß ein Mriswith ihn je persönlich angegriffen hatte. Er mußte an den ersten Angriff denken, draußen vor dem Palast der Konfessoren. Gratch hatten sie attackiert, und Richard war seinem Freund zu Hilfe gekommen. Ihr Ziel war es gewesen, ›Grünauge‹, wie sie den Gar nannten, zu töten. Ihn hatten sie eigentlich nie angegriffen.
Der, der heute abend gekommen war, hatte die beste Gelegenheit von allen gehabt – Richard war ohne sein Schwert gewesen –, trotzdem hatte er ihn nicht angegriffen, sondern war statt dessen kampflos geflohen. Er hatte ihn als ›Hautbruder‹ bezeichnet. Allein bei der Vorstellung, was das bedeuten konnte, bekam er eine Gänsehaut.
Richard kratzte sich gedankenverloren den Hals.
Cara rieb mit einem Finger über die Stelle hinten in seinem Nacken, wo er sich gerade gekratzt hatte. »Was ist
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