Die Günstlinge der Unterwelt - 5
den es sich lohnt, den Palast zu zerstören. Verdammt, Frau, warum hast du mir nicht von Anfang an die Wahrheit gesagt?«
»Nathan und ich haben Hunderte von Jahren an dieser Gabelung in den Prophezeiungen gearbeitet. Die Prophezeiung besagt, daß ein Zauberer den Palast in einem Wutanfall dem Erdboden gleichmachen wird. Ein Scheitern wäre eine zu düstere Aussicht. Daher tat ich das, was meiner Vermutung nach funktionieren würde. Ich versuchte, dich so wütend zu machen, daß du den Palast der Propheten zerstörst.« Ann rieb sich die müden Augen. »Es war eine Verzweiflungstat, die aus einer verzweifelten Notlage heraus erfolgte.«
Zedd grinste. »Eine Verzweiflungstat. Das gefällt mir. Ich mag Frauen, die das gelegentliche Bedürfnis nach einer Verzweiflungstat zu würdigen wissen. Das beweist Charakter.«
Ann riß an seinem Ärmel. »Dann wirst du es also tun? Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Trommeln haben aufgehört. Jagang kann jeden Augenblick hier sein.«
»Ich werde es tun. Wir sollten aber besser zurück in die Nähe des Eingangs gehen.«
Als sie wieder in der Nähe der riesigen runden Tür zu den Gewölbekellern waren, griff Zedd in eine Tasche und zog etwas hervor, das wie ein Stein aussah. Er warf ihn auf den Boden.
»Was ist das?«
Zedd sah über seine Schulter. »Nun, ich vermute, du hast Nathan gesagt, er soll ein Lichtnetz auswerfen.«
»Ja. Außer Nathan, einigen Schwestern und mir selbst weiß niemand, wie man ein Lichtnetz spinnt. Ich glaube, Nathan verfügt über genügend Kraft, den äußeren Knotenpunkt zu durchbrechen, sobald der innere angegriffen wurde, aber ich weiß, daß keiner von uns die Kraft hat, die hier erforderlich ist. Deswegen mußte ich dich an diesen Ort bringen. Ich fürchte, nur ein Zauberer der Ersten Ordnung besitzt die Kraft, die dazu nötig ist.«
»Tja, ich werde mein Bestes geben«, brummte Zedd, »aber ich muß dir sagen, Ann, so anfällig ein Knotenpunkt sein mag, es handelt sich immer noch um einen Bann, den Zauberer eingerichtet haben, deren unermeßliche Kraft ich nur ahnen kann.«
Er machte eine kreisende Bewegung mit dem Finger, und der Stein vor ihm auf dem Boden wuchs knackend und knisternd zu einem breiten, flachen Fels heran. Auf diesen stieg er.
»Verschwinde. Geh und warte draußen. Sieh nach, ob Holly in Sicherheit ist, während ich hier beschäftigt bin. Wenn irgend etwas schiefgeht und ich die Lichtkaskade nicht kontrollieren kann, hast du keine Zeit mehr, von hier zu verschwinden.«
»Eine Verzweiflungstat, Zedd?«
Er antwortete mit einem Brummen, drehte sich wieder zum Raum um und hob seine Arme. Schon stiegen funkelnde Farben aus dem Fels empor und hüllten ihn in kreisende Balken summenden Lichts.
Ann hatte von Zaubererfelsen gehört, nie jedoch einen gesehen und wußte nicht, wie sie funktionierten. Sie konnte die Kraft spüren, die von dem alten Zauberer auszuströmen begann, nachdem er auf das Ding geklettert war.
Eilig verließ sie den Gewölbekeller, wie er es gewünscht hatte. Sie wußte nicht genau, ob sie den Raum zu ihrer eigenen Sicherheit verlassen sollte oder nur, damit sie nicht sah, wie er so etwas machte. Zauberer neigten gelegentlich dazu, ihre Geheimnisse zu hüten.
Holly schlang Ann ihre dünnen Arme um den Hals, als sich diese vor der dunklen Nische hinhockte.
»Ist jemand vorbeigekommen?«
»Nein, Ann«, flüsterte Holly
»Gut. Mach mir ein bißchen Platz, und dann warten wir, bis Zauberer Zorander mit seiner Arbeit fertig wird.«
»Er brüllt ziemlich viel und sagt viele schlimme Wörter, und er fuchtelt mit den Armen herum, als wollte er ein Unwetter heraufbeschwören, aber ich glaube, er ist nett.«
»Ich glaube, dich stechen immer noch die Schneeflöhe.« Ann mußte in der Dunkelheit des winzigen Verstecks im Fels schmunzeln. »Aber wahrscheinlich hast du sogar recht.«
»Meine Großmutter wurde manchmal böse, zum Beispiel, wenn Leute uns etwas antun wollten. Aber dann sah man sofort, daß es ihr wirklich ernst war. Zauberer Zorander hat es nicht wirklich ernst gemeint. Er tut nur so.«
»Du bist scharfsinniger, als ich es war, Kind. Du wirst eine prächtige Schwester des Lichts abgeben.«
Ann drückte Hollys Kopf an ihre Schulter, während sie in der Stille warteten. Hoffentlich beeilte sich der Zauberer. Wenn man sie in den Gewölbekellern erwischte, gab es kein Entrinnen, und ein Kampf mit den Schwestern der Finsternis würde trotz seiner Kraft sehr gefährlich werden.
Die Zeit zog sich
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