Die Guerilla-Bewerbung
Mediendesignerin
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Vitamin-B-Netzwerk
Eine hohe Dosis Networking führt automatisch zu Vitamin B. Diese weit verbreitete Form der Beziehung hat in Deutschland immer noch etwas Anrüchiges: Da ist jemand, der bekommt seinen Job nur dank Vitamin B. »So eine Riesenflasche, der hat doch was mit der Chefin, liegt ja auf der Hand …« Und so weiter. Hier spielen Neid und Vorurteile mit hinein. Neid auf die, die es im Leben offensichtlich leichter haben, obwohl sie fachlich keine Überfliegersind. Außerdem Neid auf Menschen, denen es gelingt, Kontakte aufzubauen und zu halten. Dazu kommt noch das Vorurteil, dass Menschen, die Vitamin B auf eine Position befördert hat, schlechter arbeiten als andere.
Das stimmt so nicht. Es verhält sich aber folgendermaßen: Jeder Chef möchte natürlich gern loyale Mitarbeiter um sich haben, am liebsten solche, die er aus früheren Tätigkeiten kennt und dabei schätzen gelernt hat. Dass er diese dann gerne in neue Positionen »mitnimmt«, versteht sich fast von selbst. Die Bewerbung einer anonymen Person liefert keinerlei Sicherheit. Bewirbt sich jedoch jemand, für den eine andere Person die Hand ins Feuer legt, sieht die Sache schon ganz anders aus. Es ist ein wirkungsvolles Indiz dafür, dass dieser Kandidat »aus dem Off« gute Arbeit leistet. Kaum jemand wird totale Versager empfehlen, nur weil sie gute Bekannte sind – zumal die Empfehlung auf einen selbst zurückfallen kann. Eine Empfehlung ist deshalb in den meisten Fällen ernst gemeint, und empfohlen wird auch nur der, der in seinem Job gut ist.
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Meine Erfahrung
Schon bei der Diplomarbeit fing es mit der »Guerilla-Bewerbung« an. Ein Kommilitone hat mir eine Diplomarbeit bei einem Fraunhofer Institut verschafft. Ich hab ihn einfach gefragt, und er hat mir angeboten, dort nachzufragen. Und ich habe dann auch die Zusage bekommen. Nach dem Diplom hat mir die Betreuerin meiner Arbeit über ihre persönlichen Kontakte einen Arbeitsplatz vermittelt. Ich wurde dort auch eingestellt. Leider ging es der Firma plötzlich finanziell nicht so gut, und so wurde ich nach drei Wochen zusammen mit meinem Chef und anderen Mitarbeitern entlassen. Zurzeit arbeite ich in dem Institut als studentische Hilfskraft. Mein ehemaliger Chef hat mich neulich angerufen: Er hat einen Job für mich!
Gaby, 48, Diplom-Politologin
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Wie netzwerke ich richtig?
Netzwerken beinhaltet regelmäßige Kontaktpflege, einen Anruf ab und zu, eine nette E-Mail, die Karte zum Geburtstag. Egal, wie weit weg Sie sind oder welche Wege Sie getrennt haben, ein loses Band bleibt dadurch erhalten. Dabei reicht ein Kontakt im Jahr. Schon damit zeigen Sie, dass Sie an den Menschen denken, und bringen sich ganz sicher in gute und positive Erinnerung. Denn: Sie melden sich, ohne dass Sie etwas wollen. Richtiges Netzwerken ist nie direkt zweckgebunden. Dass es letztendlich zu einer besseren Jobversorgung führt, ist ein angenehmer Nebeneffekt. Zum Netzwerken gehört aber auch, dass Sie helfen und Wissen weitergeben – und auch das sollte nicht zweckgebunden sein und ohne den Hintergedanken geschehen: »Jetzt ist er mir etwas schuldig.« Der Dank kommt sowieso. Vielleicht nicht heute oder morgen, sondern in ein paar Jahren. Dann, wenn Sie einen Job suchen. Dann sitzt Ihr Bekannter vielleicht auf einer wichtigen Stelle oder kennt durch seine Tätigkeit Hinz und Kunz.
Kontakt aufnehmen
Am besten findet Ihr erstes Gespräch mit dem neuen-alten Kontakt, den Sie in Ihre Jobsuche involvieren möchten, persönlich und unter vier Augen statt. Laden Sie ihn zum Essen oder zu einer kulturellen Veranstaltung ein. Ist wenig Zeit und der Abstand groß, funktioniert das Telefon immer noch besser als die anonyme E-Mail. Das gilt vor allem dann, wenn Sie Vereinbarungen treffen. Und das sollten Sie tun!
Fragen Sie nicht nur nach Jobs im direkten Umfeld, sondern bitten Sie Ihren Kontakt auch, die Augen für Sie offen zu halten. Entwickeln Sie mit ihm gemeinsam Ideen (siehe auch Kapitel »Kettenbrief-Strategie«), wie und wo er genauer hinschauen kann. Verabreden Sie sich auch, um Ergebnisse zu besprechen. Ob Sie direkt mit Ihrem Anliegen einsteigen oder erst einmal über Gottund die Welt reden, hängt von Ihrer Persönlichkeit ab. Entscheiden Sie, womit Sie sich besser identifizieren können. Sicher lockert guter Small Talk die Situation auf und erhöht die Bereitschaft, sich auf den anderen einzulassen. Erkundigen Sie sich nach seinem Befinden und zeigen Sie Interesse – das ist
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