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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Komm!« Er ging, die Pfanne in der Hand, vor ihr her zum Tisch und verteilte sorgsam die Portionen auf den Tellern. Dann setzte er sich und probierte. »Köstlich! Komm, was stehst du denn noch rum?«
    Sie hörte es gar nicht, sie blickte auf ihr Tablett, als könne sie in den funkelnden Kristallgläsern aus Peter Amans Familienerbe wie in einer Kristallkugel die einzig gültige Antwort auf ihre Fragen finden.
    »Und Ladowsky? Was wird mit dem? Die Therapie wirst doch du übernehmen?«
    »Genau daran habe ich gerade gedacht. Ich muß wohl. Ja, das bringe ich wohl noch zu Ende. Dann aber ist Schluß …«
    * * *
    Seit jenem Augenblick, als sie es an der Hauswand gelesen hatte, rot, mit diesen grellen, gemeinen Buchstaben – MÖRDER-HURE –, war sie nur dann in ihre Wohnung zurückgekehrt, wenn sie es nicht vermeiden konnte.
    Nun saß sie wieder am Schreibtisch, doch die Luft in den Räumen schien ihr abgestanden, der Anblick der Straße, der Bäume, der Häuser, alles war für sie mit Feindschaft und Haß getränkt … Sie versuchte zu arbeiten, die ersten Patienten hatten sich bereits angemeldet; Uli, die Sekretärin, war wieder da und ordnete die Krankenunterlagen, sie aber saß und starrte.
    Schließlich griff sie zum Telefon und wählte die Nummer eines befreundeten Maklers.
    »Mein Gott – du? Isabella …? Ich wollte dich ohnehin anrufen, um zu gratulieren. Ich hab' das alles natürlich im Fernsehen mitverfolgt.«
    »Bitte, Erich, lassen wir's.«
    »Wenn du auf keine Komplimente Wert legst, sag's bitte«, meinte er pikiert. »Um was geht's denn?«
    »Eine neue Wohnung. Kannst du so was besorgen?«
    »Na ja – im Augenblick schon. Und ganz günstig. Zur Zeit saust der ganze Markt in den Keller.«
    »Mach mir ein Angebot, Erich, ja?«
    Sie legte auf. Das war erledigt. Und jetzt? Morgen vormittag erwarteten sie die ersten Klienten. – Und Ladowsky? Sie nahm sich die Dokumentation aus der Mappe und begann zu lesen …
    * * *
    Es war ein Dienstag, 14 Uhr 30, als Isa den Golf Richtung Süden auf die Autobahn lenkte. Ein warmer, hoher, heller Tag erwartete sie, die Straße flog ihr entgegen. An der rechten Ecke der Windschutzscheibe klebte noch der Prüfsticker der Werkstatt. Das Glas war neu, die Beule hatte der Golf behalten.
    Eine Stunde später bog sie von der Autobahn ab und durchfuhr bereits fünf Minuten später das Dorf Mettenau. Am Ortsrand, so hatte ihr Peter Aman erklärt, sei vor zwei Monaten die Klinik hochgezogen worden. Klinik? Die geschlossene, die ›Maßregelanstalt‹ des Justizvollzugs für psychiatrische Fälle.
    Was sie zunächst sah, war eine gewaltige, in freundlichem Rosaton gestrichene Mauer, deren Ecken mit elektronischen Bewachungssystemen bestückt schienen. Auch das Tor, das sich lautlos aufschob, war neu. Alles schien gerade zuvor eingeweiht: der Rasen, die vielen Blumenbeete davor, die drei Meter hohen Stahlgitter zum Wald, vor allem der flache, langgestreckte, zweistöckige Haupttrakt mit den Reihen seiner im Licht funkelnden Fenster. Die waren weiß umrahmt, und bei der Fassadenfarbe hatte man gleichfalls Rosa gewählt, so daß alles zusammen mit den Tannengruppen und Rosenstöcken eher einer Erholungsstätte für gestreßte Manager glich als einer psychiatrischen Heilanstalt, deren Insassen verurteilt worden waren.
    »Unglaublich!«
    Der Beamte, bei dem Isa sich am Tor ausweisen mußte und der dann zu ihr in den Wagen gestiegen war, nickte stolz: »Toll, was? So richtig gemütlich hier. Hat ja auch 'ne Menge Geld gekostet.«
    Isa nickte und dachte an Preungesheim. Preungesheim war die Hölle gewesen … Und hier? Das Paradies? Was würde Ladowsky davon halten …?
    Sie hatte Markus Bennartz angerufen, um ihren Besuch anzukündigen und mit ihm das Vorgehen bei der Therapie zu besprechen. Er hatte sich nicht nur sofort an sie erinnert, nein, er geriet sogar in eine Art nostalgische Begeisterung.
    »Mensch, Isa! Hör mal: Weißt du noch, damals – wie du mich immer bei Hauschild herausgeschlagen hast?«
    Nein, sie wußte es nicht … Und sie überlegte, was er sie alles noch fragen könnte, doch in ihrer Erinnerung war nichts als graue, weite Öde.
    »Waren vielleicht noch Zeiten, was? Und jetzt …? Übrigens, ich habe die Ladowsky-Unterlagen bereits von der Anwaltskanzlei Reuter zugesandt bekommen. Auch die Unterlagen des Gerichts sind da … Den Prozeß habe ich verfolgt, schließlich – wer hat das nicht? Brillant warst du, einfach brillant! Na, wie immer … Und den Ladowsky

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