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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sicherheit, die er in dieser Sekunde ausstrahlte, als sei aus einer zerschlagenen alten Form ein neuer Mensch entstanden. Was hatte dieser junge Mann dort noch mit der gekrümmten, schmalen Leidensgestalt zu tun, die sie kannte?
    »Er pflanzt Lauch. Der Küchenchef sagt, er macht seine Sache prima. Außerdem hat er schon damit begonnen, einen Kräutergarten anzulegen.«
    Lauch, dachte sie, Kräutergarten …
    Bennartz ging weiter. Sie kamen an eine hohe, grüngestrichene Stahltür. Er griff in die Tasche und holte einen Schlüssel heraus: »Mein Passepartout.«
    Er schien stolz.
    Die Tür öffnete sich.
    »Hallo, Ludwig!«
    Langsam drehte sich Ladowsky zu ihnen um. Isa war stehengeblieben. Er mochte wohl denselben Schock verspüren wie sie zuvor, denn er rührte sich nicht. Dann aber hob er beide Arme; und die Anspannung seines Gesichts löste sich in einem glücklichen Strahlen. Er ging zwei, drei Schritte, begann zu laufen, und noch während des Laufens breitete er die Arme aus, und da war er, und ihr blieb nichts anderes übrig, als dasselbe zu tun, was er tat, denn tatsächlich: er hielt sie fest, sie spürte Hände am Rücken, seine Wärme, den Körper, hatte das Gesicht so nah vor sich, daß das Blau der Augen zerfloß, und hörte die Stimme, die wie ein Schluchzen klang: »Isabella … Isa … Mein Gott, da bist du, da bist du …«
    Im ersten Sekundenbruchteil war Erschrecken und Widerstand in ihr. Mein Gott, was dachte Bennartz jetzt? Wenn das Reuter sehen würde … Und doch ließ sie es zu, um sich dann ganz sacht von ihm zu lösen.
    Markus Bennartz' Brille funkelte. Der Mund verzog sich zu einem verkniffenen Lächeln: »Na, das reinste Liebespaar …«
    »Entschuldigung.«
    Ladowsky hatte kurz den Kopf gesenkt, nun hob er ihn wieder, und sie sah Tränen aus den Augenwinkeln an der Nase entlanglaufen. »Entschuldigung, wirklich. Aber der Frau Doktor verdanke ich doch alles, Herr Bennartz. Wirklich alles … Sie war der einzige Mensch, der zu mir gehalten hat.«
    »Na gut, kann man verstehen.«
    »Das kann niemand verstehen, wie so etwas ist«, sagte er. »Und niemand wird begreifen, wie froh es mich macht, daß sie hier ist.«
    Er trat einen halben Schritt zurück, und in diesen feuchten, schwimmenden Augen lag nun ein Ausdruck überwältigenden Glücks.
    * * *
    Was Peter Aman vorausgesagt hatte – »… du wirst sehen, Isa, ab jetzt kannst du dich vor Kunden nicht mehr retten …« –, traf prompt ein.
    »Ich stell' den Anrufbeantworter ab«, stöhnte Uli, die Sekretärin. »Ständig bimmelt es, und jemand will einen Ersttermin! Und das Komische: Meist sind das – was sagst du dazu – keine Anwälte, die einen Knastbruder verteidigen, sondern Banker, Manager, Immobilienchefs und vor allem Frauen!«
    Nein, es warf sie nicht um.
    Sie vereinbarte mit Uli, daß sie herausfinden solle, ob wirklich ganz dringende Fälle vorlägen, und daß sie im übrigen alles, was sich nicht mit dem Hinweis auf einen gefüllten Terminkalender abwimmeln ließe, an Peter Aman weiterleiten sollte. Schließlich: Banker und Manager in der Praxis brachten Geld, und die Probleme, um die es dabei meist ging – Angstzustände, psychosomatische Störungen und vor allem mangelndes Selbstwertgefühl –, waren zu lösen.
    Was Isabella zusetzte: Jedesmal, wenn es zu einer Atempause kam, vor allem, wenn sie abends alleine in der Wohnung war, drängte sich der Gedanke an Ladowsky in ihr Bewußtsein, sah sie das Gesicht des Mannes im Kräutergarten, sah sie die Erwartung in den Augen, die wie zwei blaue, tiefe Brunnen waren, spürte sie fast körperlich die Hoffnung, die ihr entgegenschlug – ein Gefühl, für sie so erstickend wie ein Netz, das sich langsam zusammenzog. Dazu kam die Erinnerung an ihren Kampf gegen Richard im Gerichtssaal, die Vorstellung von Ludwigs uferloser Verlassenheit, das Bild einer Frau, deren Haare in Flammen standen …! Und Ludwig Ladowsky in seinem Garten … Dort schlüpfte er in die Kinderrolle zurück, dort erwartete er den vermeintlichen Schutz, den er bei seiner Mutter gefunden zu haben glaubte. Doch in drei Teufels Namen: Diese Rolle würde sie nicht annehmen! Er würde sich wundern, wenn sie anfingen, ernsthaft zu arbeiten. Sehr, sehr wundern würde er sich …
    Aber da blieb die Frage: Warum dachte sie so oft an ihn? Warum konnte sie das schmale Gesicht, die Augen, die sensiblen Hände, die Stimme nicht vergessen? Sie gab es auf, nach einer Antwort zu suchen, und wußte warum: weil sie sich davor

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