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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Alkoholismus, Schlägereien am Arbeitsplatz und in Lokalen – Vorfälle, die zum erstenmal in einem psychiatrischen Gutachten interpretiert wurden, das von offensichtlich paranoiden Symptomen sprach, ein Leiden, das ihn mit einundzwanzig dazu brachte, seine Lebensgefährtin, die drei Jahre ältere Nicole Schmitz, nicht nur krankenhausreif zu prügeln, sondern ihr obendrein mit einer brennenden Zigarette ›schwere Verletzungen am ganzen Körper‹ zuzufügen.
    Dies also war Buddy. Als er eines Abends am Tisch im Aufenthaltsraum des B-Trakts mit seiner etwas heiseren Stimme verkündete, daß es jetzt endlich soweit sei, den Kinderficker an die Brust zu nehmen, und daß er genau wisse, wie man das Ding drehen könne, wagte keiner zu widersprechen.
    »Und wann, Buddy?«
    »Morgen«, sagte er. »Beim Spiel. Der alte Weller ist sowieso nicht die ganze Zeit da. Und sobald der weg ist, gehen wir rein.«
    Sie nickten. Weller war der Sportbeauftragte, und manchmal gab er die Aufsicht an Buddy ab. Nur: Um an den blauen Bungalow zu kommen, mußten sie über den Drei-Meter-Zaun … »Alles kein Problem«, grinste Buddy, »na, wieso denn«, griff in die Tasche und schob ein kleines, flachgehämmertes Metallband unter den Tellerrand. Sah ein bißchen aus wie 'ne Feile – und doch wieder anders. Buddy arbeitete in der Metallwerkstatt.
    »So 'n Schloß wie da dran ist, müßte ich eigentlich mit dem Fingernagel aufkriegen – aber das hier bringt's noch besser«, flüsterte er mit seiner heiseren Stimme.
    Beeindrucktes Nicken. Sie waren zu fünft am Tisch, und sie waren Kumpel. – Das Ding, hatte Buddy gesagt, sei notwendig. So 'n Kinderficker müsse ja schließlich wissen, wo es langgehe …
    Na schön, dann war's halt notwendig …
    * * *
    Ludwig Ladowsky hörte das Gebrüll vom Sportplatz und das Bang-Bang-Bang des Balls, den sie über den Asphalt trieben – doch daß die Tür aufschwang, hörte er nicht; wie auch, er war gerade dabei, ein neues Beet anzulegen – Kerbel, hatte der Küchenchef gesagt, Kerbel ist gut für Suppen und Salate …
    Die Erde hatte er gelockert, das kleine Papiertütchen mit dem Samen lag bereit; auf dem Tütchen konnte man das Pflänzchen sehen, ein feiner Stengel mit hübschen, winzigen Blättern. Er wollte nach der Handharke greifen, drehte den Kopf – und sah sie.
    Der erste war dieser Gorilla, dieser Einmeterneunzig-Typ, der drüben beim Basketball nicht nur den Stürmer, sondern auch den Chef spielte.
    Sein Kopf war fast kahlrasiert, die Stoppeln schwarz. Schwarz waren auch die Augen. Die anderen nahm Ludwig Ladowsky kaum wahr, nichts als sich bewegende Schatten – der Gorilla reichte, er schien ihm noch mächtiger, noch größer als sonst, als er nun langsam herankam, die Hände lässig in den Taschen des Trainingsanzugs, das quadratische, häßliche, brutale Gesicht zu einem breiten Grinsen verzogen.
    Jetzt blieb er stehen, noch keine zwei Meter entfernt. Dann waren auch die anderen da und bildeten einen Halbkreis. Ihre Schatten fielen schwarz und schräg über die Beete.
    Ludwig Ladowsky sah nicht auf. Er konnte das einfach nicht. Er wußte, sie wollten etwas von ihm … Etwas? Ihn wollten sie …
    Die Gefahr wurde so greifbar, so körperlich bedrängend, als würden sie bereits die Hände nach ihm ausstrecken. Und so, während sein Herz einen wilden Trommelwirbel schlug, während der Druck des rasenden Pulses ihm die Luft abzuschnüren drohte, senkte er den Kopf noch tiefer über die Erde, nahm das kleine Samenpaketchen, riß es mit zitternden Händen auf, ließ den Inhalt in seine Handfläche rieseln: nichts als winzig kleine Körnchen – Körnchen, die ihm nicht helfen konnten …
    »Hör mal, Hübscher«, flüsterte es über ihm: »Kein Interesse, was? Dabei red' ich doch mit dir …«
    Der Gorilla.
    »Na«, keuchte er, »was soll denn das? – Was haltet ihr davon?«
    Ludwig Ladowsky verteilte die Samenkörner in dunkle Erdrillen, wollte etwas Torf darüberschütten, hatte den genauen Ablauf im Gehirn – auf den Abstand achten, nicht zu tief –, klammerte sich daran, streckte die Hand aus, als ihn die Fußspitze zwischen die Rippen traf.
    Buddy hatte keine Stiefel an, wäre ihm lieber gewesen, aber ordentlich zugetreten hatte er auch mit den Turnlatschen, sehr ordentlich, wie ihm der Schmerz in seinen Zehen meldete. Wirklich ordentlich …
    Der Tritt hob den Kinderficker an, verdrehte seinen Körper in der Luft, so daß er mit dem Rücken zwischen die Beete fiel. Er versuchte auf

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