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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist doch was? Vor allem, wenn du an den Preis denkst: Kalt sind das zweitausendneunhundert – na, mit Heizung, Reinigung und so mußt du dich auf dreitausendsechshundert gefaßt machen … Aber zum Park hast du nur fünf Minuten zu gehen. Sieh mal, hier …«
    Erich Kühnes wohlgefönter, grauer Kopf hing über dem Grundriß, Isabella sah zum Fenster hinaus. Das Maklerbüro befand sich in der City, und was sie sah, war kalt funkelndes Aluminium, kühle, blaugetönte Scheiben, harte, fast brutal in einen gleichfalls blauen Himmel hochschießende Linien – Frankfurts berühmte Skyline.
    Sie nickte. »Wann ist sie beziehbar?«
    Er öffnete den Mund zu einer Antwort, sprach sie aber nicht aus, sondern blickte auf ihre Handtasche, die auf seinem Schreibtisch stand. Das Handy piepste.
    Sie holte es heraus. »Entschuldige mal …« Sie drückte die Taste: »Ja?«
    »Ich hoffe, du erschrickst nicht.«
    Isabella saß plötzlich ganz steif und hoch aufgerichtet im Stuhl. Der Makler schaute sie an.
    »Ich hab' mir diesen Anruf lange überlegt, Isabella.« Richard Saynfeldts Stimme kam von irgendwo ganz weit her und wirkte zögernd und unsicher.
    »Hallo? Hörst du mich?«
    »Ja«, sagte sie.
    »Bist du eigentlich allein?«
    »Nein.«
    »Vielleicht sollte ich später noch mal …«
    Doch Erich Kühne hatte bereits taktvoll den Raum verlassen und zog gerade die Türe hinter sich zu.
    »Nein«, sagte sie, »red ruhig weiter. Was ist das Thema?«
    »Mein Thema?« knurrte er beleidigt. »Genau … daß wir keines haben. Unsere Situation ist unhaltbar. Beruflich wie menschlich …«
    »Und was soll das bedeuten?«
    Ein Oberstaatsanwalt mußte präzise Fragen gewöhnt sein – diese machte ihm zu schaffen.
    »Mein Gott, Isa …«, stotterte er. »Verdammt, wir haben uns doch so gut verstanden. Ich denke so oft daran … Und ich frage mich, warum das alles so kommen mußte. Jetzt läuft meine Scheidung. Du kennst ja meine private Lage … Und vielleicht erinnerst du dich auch noch«, er lachte nervös, »wie sehr ich dich … ja, wie sehr ich mich mit dir verbunden fühlte, mehr noch – wie sehr ich auf uns gehofft habe …«
    »Auf uns?«
    »Ja – auf unsere Gemeinsamkeit.«
    Nicht nur, daß sie die Stimme als sehr leise empfand, vielleicht lag es auch an ihrem gestörten Aufnahmevermögen – da redete der Mann, der noch vor zwei Wochen im Gerichtssaal versucht hatte, sie fertigzumachen, der nichts anderes im Sinn gehabt hatte, als ihre berufliche und menschliche Existenz zu zerstören. Und er redete von der ›Gemeinsamkeit, auf die er gehofft habe‹ … Es war ihr, als spreche eine kleine, weit entfernte Gestalt vom anderen Ufer eines großen, mächtigen Flusses.
    »Wieso antwortest du nicht? Verstehst du mich überhaupt?«
    »Nur schwer.« Und das war die Wahrheit.
    »Isa, wir müssen uns treffen. Bald. Wir müssen das alles miteinander besprechen.«
    »Wir müssen gar nichts, Richard.«
    »Das heißt, daß du dich weigerst?«
    »O ja.«
    »Weißt du, was du da ablehnst?«
    »Ich glaube schon.«
    »Na gut«, sagte er, und nun kamen die Worte klar und deutlich, »na gut, wie du willst. Es wäre eine Chance für uns beide gewesen … Vor allem aber für dich! – Aber bitte, wenn du den Fehdehandschuh vorziehst …«
    »Fehdehandschuh? Werd nicht so pathetisch.«
    »Das ist ein pathetischer Anlaß. Vor allem für dich. – Du warst gut im Prozeß, Isabella, sehr gut sogar, keine Frage. Aber die Berufung läuft, und das zweitemal wirst du nicht gewinnen. Das schwör' ich dir …«
    Es knackte. Er hatte aufgelegt …
    * * *
    Er hieß Budneck, Fred Budneck. Die anderen in der Anstalt nannten ihn ›Buddy‹. Er war dreiundzwanzig Jahre alt, eins fünfundachtzig groß, und da er, wann immer es möglich war, nach den Hanteln griff, um seine Muskeln auf Vordermann zu bringen, war er ziemlich imponierend anzusehen. Darauf kam's ihm schließlich an. Im Trakt ›B‹ fühlte sich Buddy als der absolute Boß. Er brauchte sich nicht anzustrengen, es reichte schon, wenn er die rechte Augenbraue hochzog oder mit leiser, sanfter Stimme einen Wunsch äußerte.
    ›Außerordentlich gewaltbereit‹ stand in seinen Unterlagen. Dort war auch festgehalten, daß Buddy aus zerrütteten Familienverhältnissen stammte, schon als Kind wegen gewisser sadistischer Handlungen an Tieren auffällig geworden war und daß ihn das Jugendgericht dreimal wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt hatte.
    Auch Budnecks weitere Karriere war beachtlich:

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