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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nehmen.
    »Nein!« schrie Ladowsky. »Nein, nein!«
    »Was anderes fällt dir wohl nicht ein?«
    Buddys Hand hatte sich mit der kleinen Flamme Ladowskys Haar genähert, schon sprang ein bläulicher Schein auf, und dann schien der Schädel nur noch aus hellen Flammen zu bestehen.
    Der Neue riß sich die Jacke vom Leib, sekundenschnell ging das, warf sie auf Ladowskys Kopf und drückte das Feuer aus, während aus dem qualmenden Stoff schreckliche Schreie und Schmerzenslaute drangen.
    »Los, weg!«
    Selbst Buddy schien einzusehen, daß sie ein bißchen zu weit gegangen waren.
    Sie rannten dem Tor entgegen, schlugen es wieder zu, ohne sich die Mühe zu machen, es abzuschließen, und mischten sich unter die Spieler.
    Keiner hatte etwas bemerkt.
    Doch als Weller den Rauch aufsteigen sah, der aus dem angebrannten Laub des Gartens stieg, schöpfte er Verdacht und rannte. Er fand eine zuckende Gestalt am Boden …
    * * *
    Diesmal war alles anders …
    Sie kannte das von Glasscherben zerschnittene, von Pflastern verunstaltete Gesicht und auch das andere, das Gesicht im Schock, als der Attentäter auf ihn geschossen hatte – doch dies hier war beinahe zuviel.
    Ladowsky lag auf dem Bett, die Beine und den linken Arm abgespreizt, Plastikfesseln am Fuß und am linken Handgelenk, lag wie ein Gekreuzigter in dem Raum mit den herabgelassenen Jalousien, die Augen geschlossen; auf der kahlrasierten rechten Seite seines Schädels schimmerte weiß die Salbe, die sie darübergestrichen hatten. Er habe ein kombiniertes Schlaf- und Schmerzmittel bekommen, hatte Bennartz gesagt.
    »Gott sei Dank, die Verbrennung am Kopf ist ziemlich harmlos. Hatte 'ne Menge Schwein, alles was recht ist. Einer dieser Typen wenigstens hatte noch 'nen Funken Grips, riß sich die Jacke runter, schmiß sie ihm über den Kopf und erstickte das Feuer.«
    Erstickte das Feuer …? Die brennenden Haare … Der weiße Leuchtkranz – jener grauenhafte Heiligen- oder Höllenschein, den auch seine Mutter getragen hatte …
    Da stand sie nun in diesem dreimal verfluchten blauen Bungalow und blickte auf ihn herab. Seine Brust hob und senkte sich regelmäßig, doch ob er schlief, wußte sie nicht. Vielleicht wartete er nur, vielleicht hörte er jedes Wort, vielleicht erkannte er sie sogar durch die geschlossenen Lider …?
    »Und die Fesseln? Das Pflaster am linken Handgelenk?«
    »Eine Vorsichtsmaßnahme … Sie ist vorgeschrieben bei derartigen Situationen.«
    »Welcher Situation, Markus? Sag jetzt bloß nicht, daß er versucht hat …«
    »Doch …«
    »Ja, und wie denn?«
    »Gleich, nachdem wir ihn auf die Krankenstation gebracht hatten«, sagte Bennartz leise, »da hat er sich in einem unbewachten Augenblick eine Schere gekrallt und es versucht …« Er brach ab und sah sie an. Die Brille schimmerte im staubigen Licht. »Ist aber harmlos, nur eine oberflächliche Verletzung. Ein ernsthafter Suizid war das nicht – Gott sei Dank.«
    »Gott sei Dank«, wiederholte sie bitter.
    Sie hielt es nicht mehr aus: Der Salbengeruch, die abgestandene Luft, die Gestalt dort auf dem Bett, ihre Gedanken, die ganze herzzerreißende Bitterkeit der letzten Tage – sie hielt es nicht mehr aus.
    Mühsam drehte sie sich zur Tür … Luft … raus hier.
    Und so standen sie wieder im Garten. Vögel flogen durch die Zweige, und Isabella blickte über die sauber geharkten, regelmäßig angeordneten Beete, die abgebrochenen Zweige, die in der dunklen Erde steckten und Papiertütchen trugen, auf denen in bunten, hübschen Farben die Sorten angegeben waren, die er gesät hatte – und dann sah sie hinüber zu der Ecke, die ihr Markus Bennartz zuvor schon gezeigt hatte: zwei zertrampelte Beete. Es war die Stelle, wo sie ihn überfallen hatten …
    »Und wer hat das getan? Was sind das bloß für Monster?«
    »Monster?« Er hatte die Hände in den Taschen seiner Kordhosen und zeigte das geduldige Gesicht eines überforderten Lehrers: »Isa, das ist nun mal Knast, auch wenn sie es Maßregelanstalt nennen. Es ist nichts anderes als ein Gefängnis … Und die Insassen verhalten sich entsprechend … Sie haben ihre eigenen Regeln, ihren eigenen Kodex, ihre eigene Mentalität, ihre eigene Philosophie. Und die wiederum besteht im wesentlichen darin, daß Druck weitergegeben werden muß … An wen? An irgendeinen Prügelknaben. – Ich hab's dir ja gesagt.«
    »Ja, hast du.« Sie mußte an sich halten, um nicht zu schreien, und blickte zum Himmel hoch, über den schwere Regenwolken zogen; am Hang über

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