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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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freundlich.« Ihre Stimme zitterte, und der Angestellte lächelte gerührt …
    * * *
    Es war vor drei Tagen gewesen und das drittemal, daß sie ihn seit dem Überfall im Garten des blauen Bungalows besuchte, als sie ihm endlich die Schlüssel zeigte.
    Er hatte sich erstaunlich rasch erholt. Doch was bedeutete das schon? Er hatte sich erholt und gleichzeitig gegen die Welt abgepanzert: kein Wort, keine Bitte, nichts, das ihn erreichte. Er war nicht viel mehr als ein in sich versunkener Klotz, ein Wesen mit erloschenem Gesicht und toten Augen … Aufgeben? Beinahe hätte sie es getan, aufgegeben oder vielleicht verschoben – doch es war ausgerechnet Bennartz, der sie dazu brachte, es nochmals zu versuchen.
    »Den kriegst du nie hin, Isa. Das sag' ich dir als alter Freund … Und als Anstaltsleiter sage ich dir: Ich werde alles versuchen, mir Ladowsky vom Hals zu schaffen. Und das so schnell wie möglich. Der soll woanders den Laden durcheinanderwirbeln, ich hab' nicht den Nerv dazu, und ich kann's mir auch nicht leisten.«
    Woanders? Das bedeutete Hadamar oder Langfeld – es gab genügend Maßregelanstalten. Und alle waren sie scharf bewacht. Und was sollte sie mit einem Ladowsky anfangen, der sich von dieser Welt verabschiedet hatte?
    Aber dann, bei ihrem Besuch am Freitag, kam doch die Überraschung. Der Auslöser waren die Schlüssel. Sie hatte sie ihm gezeigt. Sie lagen in ihrer Hand.
    Er sah sie an, und wie von einem Zauberstab berührt, kehrte das Leben zurück in sein Gesicht.
    Nun sahen sie sich beide an, lange, sehr lange.
    »Und?« Die Frage war ein Flüstern.
    »Hast du schon einmal darüber nachgedacht?«
    »Ich? – Ja, was glaubst du denn, Isa? Nachdem das passiert ist, denk' ich doch überhaupt nichts anderes … Ich muß raus hier. Ich hab' doch gar keine andere Wahl … Ich muß raus oder muß es nochmals versuchen.«
    »Was?«
    »Na, was schon?« Er deutete auf das Pflaster an seinem Handgelenk: »Das nächstemal schaff ich's.« Er sprach leise und stoßweise. »Das garantier' ich dir, ich schaff's. Das nächstemal bring' ich mich übern Jordan …«
    »Red keinen Quatsch.«
    »Was sind das für Schlüssel?«
    »Die zum Sportplatz. Nur dann, wie geht's weiter …? Ich dachte, die Wäscherei hat doch ein Flachdach …«
    Er nickte und schwieg. Plötzlich brach es aus ihm heraus, so heftig, so schnell, daß sie die Hand heben mußte, um ihn zu dämpfen.
    »Da komme ich ohne weiteres hoch. Das hab' ich mir alles schon angeschaut. Ist ja nur ein Stockwerk. Und da ist so 'ne Außenleiter, da krieg' ich den Fuß drauf, das ist nicht das Problem … Nur, die Überwachungskamera? Die hat das Dach sicher in der Optik … Aber da läßt sich trotzdem was machen …«
    »Was?«
    Er sprang auf, ging zum Bett und zog unter dem Kopfkissen eine Rolle Aluminiumfolie heraus. »Die hab' ich mir vom Sani besorgt. Wenn ich oben bin, zieh' ich sie über die ganze rechte Seite. Es muß nur schnell gehen. Dann gibt's 'n bißchen Geflimmer oder irgend etwas Graues auf dem Monitor, und die denken, das ist 'ne Störung.«
    Sie schwieg. Was sollte sie sonst tun? – Eine Störung? Hoffentlich dachten sie das …
    »O ja«, sagte sie, »das ist eine gute Idee.«
    Er verzog das Gesicht zu einer bitteren Grimasse: »Eine gute Idee …? Ja und? Was hilft da 'ne gute Idee? Damit bin ich vielleicht draußen … und dann?«
    Sie sah ihn an und die jähe Röte, die sein blasses Gesicht überflutete. Die Augen mit den dunklen Wimpern öffneten sich noch weiter. Er griff nach ihrer Hand. Sie ließ sie ihm.
    »Du?« flüsterte er ungläubig. »Du willst das tun?«
    »An der Ausfahrt stehen vier Pappeln«, sagte sie, »dort, wo die kleine Straße von der Bundesstraße zur Mauer abbiegt. Da warte ich. Es muß Nacht sein – und es muß bald geschehen. Sie wollen dich verlegen.«
    Er brachte keinen Ton heraus. Er schluckte nur. Dann sagte er: »Wohin …?«
    »Ich bring' dich nach Österreich, dann sehen wir weiter …«
    »Nach Österreich? Isa, warum – warum tust du das?«
    »Weil es keine andere Lösung gibt. Hier drin kann ich dir nicht helfen. Hier haben wir keine Chance …«
    »Wir?«
    Sie nickte. »Ja, wir.«
    * * *
    Es war 22 Uhr 30, als Isa ihre Wohnung verließ … Jetzt waren die Stunden wichtig geworden, jede einzelne. Wenn es ablaufen sollte, wie sie es sich vorgenommen hatte, würde sie wohl gegen Mittag wieder zurück in Frankfurt sein, und das hieß rechtzeitig zum Beginn des Nachmittagbetriebs in der Praxis.
    Den

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