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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Tür aufgegangen. Isa kam heraus. Der Porsche war offen, ein kühler Wind strich von den Bergen herüber – Richard Saynfeldt schwitzte trotzdem.
    »Mir ist völlig egal, auf welche Weise du diese unglaublichen Behauptungen zusammenträgst, Karla.« Er hatte den Hörer jetzt ganz dicht am Mund: »Es reicht jedenfalls … Hörst du, mir reicht's wirklich!«
    Er schaltete das Handy aus, stellte den Apparat gleich auf ›off‹, damit sie ihn nicht mehr anrufen konnte, und schob ihn in die Halterung zurück, ganz langsam und gemächlich: Karlas ›Schluß mit allem‹? – Diesmal meinte sie es wohl ernst …
    Er lehnte den Kopf gegen die Nackenstütze und schloß die Augen: Schluß? … Schluß mit der Ehe, die Kinder würde sie dann zu den Eltern nach Hamburg mitnehmen – was heißt zu den Eltern, die Röders würden Karla sofort ein Apartment oder ein Haus zur Verfügung stellen, die hatten ja genug von solchem Krempel … Soweit war sie nun wirklich noch nie gegangen. Wenn er nach Hause kam, würde Maria, das Hausmädchen, ihn wie bei ihrem letzten Krach mit ihrem spanischen Tragödienblick empfangen und sagen: »Herr Doktor, la Señora ist gefahren zu Eltern nach Hamburg. Sie hat Brief gelassen …«
    So war es schon dreimal gelaufen, doch vom allgemeinen Abräumen, vom Ende der Ehe war nie die Rede gewesen.
    Und dann Isa?
    Wie war das denn gestern abend? Verdammt ähnlich doch: »Was ich brauche, ist eine Pause.« ›Schluß‹ hatte sie zwar nicht gesagt, aber dieser Blick, als wolle sie ihn ermorden …
    Nun, vielleicht war er bei Isa ein bißchen heftig rangegangen, der Whisky wahrscheinlich …
    Und da war sie nun!
    Sie kam zum Wagen, sichtlich erfrischt, die Lippen nachgezogen, in den dunklen Augen über den breiten Wangenknochen ein wachsamer Glanz: Isas Indianer-Prinzessinnen-Augen, Herrgott, was war er verrückt danach, seit damals, als er bereits in ihrer peruanischen Mutter eine exotische Spenderin des totalen Glücks hatte sehen wollen – ja, da war sie, stand im Glanz dieses frischen Voralpenmorgens da, schlank, groß, in knappen Jeans mit rotem Gürtel, blaugrüner Bluse, das dunkle Haar zurückgebunden, stand vor dieser flatternden Folklorefahne mit dem weißen Kreuz und betrachtete ihn, als wäre er ein besonders bösartiges Insekt.
    »Nun komm schon!«
    Richard stieß den Schlag auf.
    Sie stieg ein. Ein leichter Parfümhauch wehte von ihr herüber.
    »Na?«
    Sie sagte nichts.
    Er ließ den Motor aufheulen, packte den Schalthebel, überzog den Rückwärtsgang derart, daß die Kiesel auf dem Platz prasselten, nun der erste, und ab wie eine Rakete, der Autobahn entgegen – ab und durch!
    Wie eine Bahnhofsnutte …?
    Schluß mit allem …?
    Da soll einer die Weiber verstehen … Sie seien nun mal, so hatte es Onkel Hans, der Bundesrichter a.D. Prof. Dr. Saynfeldt, formuliert, Frauen seien nicht etwa Wesen von einem anderen Stern, sondern von einer völlig anderen, fernen Galaxie.
    Was immer sie sein mochten, er kam auch ohne sie aus.
    Je mehr Richard das Tempo steigerte, das dunkle, stumme Profil Isas neben sich, je wilder der Fahrtwind um seine Ohren fauchte, desto heftiger steigerte sich diese Überzeugung, bis sie in einer Art heißem Triumph mündete: Von mir aus Extraterrestrische von fernen Galaxien – aber ein Leben ohne Mösen? Fremde Wesen, ja – und doch durchaus brauchbar … Bei der Arbeit wie im Bett. Jawohl: brauchbar! Du wirst sie benutzen, nahm er sich vor, so wie sie dich benutzen. Und plötzlich sah er sich – wie in einer dieser riesigen Ausstattungsrevuen, die er in Paris erlebt hatte – in der Mitte eines goldglühenden Rundhorizonts ganz allein im Zentrum der Bühne, umgeben von verführerisch ausgeleuchteten Frauengestalten: Weiber für eine Nacht, hinreißend – und zum Wegwerfen …
    Ja, genau so … Und warum, verdammt noch mal, eigentlich nicht …?
    * * *
    Da war dieser einzige, schwebende, von allem abgehobene Zeitbruchteil, als Berling dort oben auf dem Träger stand und mit beiden Fäusten durch die Luft schlug, um sein verdammtes Gleichgewicht zu halten und nicht wie ein idiotischer Kartoffelsack runter auf den brennesselüberwachsenen Beton zu knallen.
    Doch dann hatte er es geschafft, nicht so leichtfüßig und elegant vielleicht wie Ladowsky, auch nicht im Sprung, aber er hockte immerhin auf der breiten Mauerkrone, ein solides Betonding, gute achtzig Zentimeter breit, holte erst mal Luft und versuchte sein trommelndes Herz zu beruhigen und so etwas wie

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