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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Minuten später über den Fernschreiber.
    So hatte es begonnen – kurz nach zehn Uhr am Morgen … Berling hatte seinen Schreibtisch aufgeräumt, Erich Konnarz in die laufende Arbeit eingeweiht und war nach Hause gefahren, hatte einen kleinen Koffer gepackt und versucht, Erika zu beschwichtigen, die sich furchtbar aufregte.
    Im Küchenflur standen die Farbkübel, den Küchenboden hatte sie mit Zeitungen ausgelegt, am Abend wollten sie alles streichen – zitronengelb. Er hatte vorgeschlagen, Meyerbusch, den Malermeister, anzurufen und prompt einen neuen Zornausbruch provoziert. »Diesen Abzocker? Dann mach' ich's lieber allein …« Er hatte Erika gesagt, sie solle die Tochter grüßen, war in den Wagen gestiegen, nach Frankfurt gedüst und hatte sich bei der K-13 im Frankfurter Präsidium gemeldet. Auch das ein Laden, der ihm wenig gefiel: ein Sonderkommissariat, dessen Besatzung sich für eine Elitetruppe hielt, für eine Art Bundesligastars mit Weltmeistertitel-Anrechten.
    Was dann drei Stunden später im Untersuchungsgefängnis in Preungesheim folgte, gefiel ihm am wenigsten. Schiermann vom K-13 war dabei, Saynfeldt natürlich, der Oberstaatsanwalt, den sie ›die Messerlippe‹ nannten – zu dritt waren sie in das Vernehmungszimmer in Preungesheim marschiert, und da saß er dann im Rollstuhl, nicht nur das ausgestreckte Bein, auch noch den Kopf dick mit Verbänden umwickelt: ein blütenweißer Rahmen für zwei weit aufgerissene, helle, rotumrandete Augen.
    »Die beiden können gleich wieder gehen«, hatte Ladowsky gesagt, ganz laut und klar, obwohl ihn das Sprechen mit den verbrannten Lippen schmerzen mußte. »Ja, gehen Sie. Zu Ihnen sage ich kein Wort. – Nur der bleibt …«
    Sie waren tatsächlich gegangen. Berling hatte sich einen Stuhl herangezogen und dann die Taste des Aufnahmegeräts gedrückt. Ladowsky schien das gar nicht zu stören, vielleicht nahm er es auch gar nicht wahr, er sah Berling nur an, stumm und unverwandt. Dann winkelte er plötzlich den rechten Unterarm hoch und streckte die Handfläche nach außen in Berlings Richtung. Die Augen lächelten. Berling wußte nicht, was das sollte.
    »Sie wollen wohl nicht, was?«
    »Was will ich nicht?«
    Die Hand machte eine kurze Bewegung: »Das.«
    Berling begriff: Die Hände gegeneinander zu legen war in Mode gekommen, die Sportler taten es in den Clubs, die Fernsehmoderatoren in den Shows, die Kids auf ihren Partys. – Ladowsky hatte recht: Das wollte er nicht. Er würde es nicht können. Sein Widerwille war unüberwindbar.
    »Für Sie bin ich der letzte Dreck, stimmt's?«
    »Für mich sind Sie Ludwig Ladowsky.«
    »Der Mörder.«
    »Das ist keine Berufsbezeichnung.«
    »Nein … Aber Sie sind Kommissar, und das ist ein Beruf. Lassen wir's mal, bringt ja nichts, ich weiß nur eines: Wenn Sie nicht wären, würde es mich nicht mehr geben, dann wäre ich verblutet, stimmt's?«
    »Mag sein.«
    »Nein, ist so … Das war mir schon dort im Gewächshaus klar. Da hab' ich Sie angesehen, wie jetzt – sah ja alles nur noch verschwommen, so wie ich da dran war, aber gedacht hab' ich trotzdem was: Ich hab' mir gedacht, mit Ihnen könnte ich reden. Aber Sie glauben mir ja auch nicht …«
    »Was soll ich glauben?«
    »Daß ich's nicht war, sondern der andere.«
    »Gut«, hatte Berling gesagt, »dann reden wir mal.«
    Doch was heraus kam, war nichts als purer Wahnsinn. Und Berling war sich nicht einmal darüber im klaren, ob es sich um gespielten oder echten Wahnsinn handelte …
    Trüb starrte Berling auf den kleinen Wackeltisch, den ihm der türkische Hausdiener der Pension ins Zimmer geschleppt hatte: Da lag das ganze Zeug; ein Stapel Bücher, daneben sechs Plastikhefter, und alles mit dem Aufkleber: ›Polizeipräsidium Frankfurt a.M. Bibliothek‹. Dazu sein Notizblock mit dem Kuli.
    Vier Stunden gelesen: Nichts als Mörder, Mörder, Mörder, Schändung, Vergewaltigung, Sex, Sex, Sex … Zeitungsausschnitte, Artikel, Gutachten, Dokumentationen – verdammt noch mal, was sehnte er sich nach den Tankstellenräubern und Supermarkteinbrechern von Marktheim.
    Er riß das Fenster auf.
    Von den Blättern des kranken Kastanienbaums, den zwei graue Häuser einklemmten, troff der Regen – unten stank der Müll.
    Doch alles war besser, als wie ein Idiot beim K-13 rumzuhängen, mitzuerleben, wie sie sich wichtig taten, auf ihren Computer hämmerten oder sich die Halfter umschnallten und nach den Autos schrien: die Herren von K-13 – die Superbullen.
    Er klappte

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