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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verurteilt worden war. Die beiden grünlackierten Fahrzeuge, auf deren Seiten zu lesen war ›Ulf Fehrmann – Ihr Mallorca-Spezialist‹, fuhren gegen 8 Uhr 30 im Schrittempo die Kaiserstraße hoch und wurden bald begleitet von einem ganzen Strom von Privatwagen, die den Lautsprecheraufrufen, die aus den Bussen dröhnten, Folge leisteten, zur Massenversammlung auf den Römer zu kommen.
    Auf Höhe der Hauptwache stoppte die Polizei die Busse und leitete sie auf einen der vorbereiteten Stellplätze um. Die Polizeidirektion beorderte weitere Kräfte der Bereitschaftspolizei in die Innenstadt. Ein paar tausend Demonstranten wären vielleicht noch zu verkraften gewesen, aber diese Invasion, die sich nun abzuzeichnen begann, mußte zum totalen Kollaps des Verkehrs führen.
    Viele, wenn nicht die meisten der Demonstranten, die kurz vor zehn mit ihren Spruchbändern und feierlich-grimmigen Gesichtern dem alten Platz im Stadtzentrum entgegenmarschierten, waren seit Stunden unterwegs. Noch war es Zeit, um zehn begann der Prozeß. Am Römer, hatte man ihnen gesagt, könne man auch etwas zum Essen bekommen. Da gebe es jede Menge Kneipen, und Würstchen- und Frittenbuden seien auch aufgestellt.
    »Wo ist das denn der Römer?«
    Der Anführer eines der Grüppchen wandte sich an zwei Hausfrauen. Sie betrachteten ihn, dann die Plakate. »Der Römer? Da vorne rechts … Wegen Ladowsky seid ihr hier? Wir kommen mit.«
    In der Verkehrszentrale im Präsidium wiederum betrachtete man die Situation mit wachsender Fassungslosigkeit.
    »Und wer hat uns das eingebrockt?« regte sich der Schichtleiter auf. »Die Scheiß-Zeitungs-Ärsche. Die konnten ja den Kanal nicht vollkriegen mit diesem beschissenen Prozeß.«
    »Waren doch in erster Linie die Fernsehfritzen, Albert.«
    »Ist doch egal … Wir brauchen Unterstützung.«
    Besorgt starrten sie auf die dunkle Flut von Demonstranten, die gerade die Paulskirche erreichte …
    Das Schwurgericht mußte um jeden Preis vor Massenaufmärschen und Demonstrationen geschützt bleiben. Nach langen Diskussionen hatte sich der Präsident des Landgerichts entschieden, für die Schwurgerichtsverhandlung den alten Sitzungssaal auszuwählen, der etwa hundert Personen faßte. Ein Drittel der Plätze war bereits im voraus für die Medienvertreter bestimmt, dazu kamen noch zwanzig Polizisten, die in Zivil die Ordnung im Saal garantieren sollten. Blieben noch fünfzig. Um einen dieser fünfzig Plätze zu ergattern, hatten sich bereits vor Morgengrauen vor dem Gerichtseingang lange Schlangen von Menschen gebildet.
    »Ist ja unglaublich! So was hab' ich noch nie erlebt.« Der Präsident beugte sich erneut aus dem Fenster seines Büros und betrachtete die Menschenmassen hinter den grauen Absperrgittern der Polizei: »Im Mittelalter, sicher, da rannte die ganze Stadt zum Römer, wenn es eine Hinrichtung gab. Aber wir haben doch nur einen Prozeß.«
    Kurz nach neun kamen die Medien.
    Für die schweren Übertragungswagen mit ihren Senderlogos und den großen Schüsselantennen auf dem Dach war ein Hof des Landgerichts freigeräumt worden. Langsam zogen sie ihre Bahn an den von den Beamten bewachten, dichten Zuschauermengen vorbei. Die Menschen klatschten und schrien. Doch die Fahrer und Techniker hatten andere Sorgen: Der Hof erwies sich als zu klein, und so mußten neue Stellplätze in der näheren Umgebung besorgt werden.
    Den Korrespondenten und Reportern der Zeitungen war von der Hausmeisterei des Landgerichts ein Materialraum freigeräumt und mit Telefonleitungen bestückt worden. Die Akkreditierung für den Sitzungssaal selbst besaßen nur vierzig Journalisten. In einem zweiten Raum hielten sich diejenigen auf, die aus Platzmangel nicht zugelassen werden konnten.
    Zwanzig Beamte in Zivil, dazu dreißig Reporter – das bedeutete, daß die Hälfte der Prozeßanwesenden als neutral einzustufen waren; eine gewisse Beruhigung für Landgerichtsdirektor Heinrich Martin, den Vorsitzenden des Schwurgerichts – und ein gutes, sehr gutes Gefühl für Herbert Reuter, der aus Erfahrung wußte, daß nichts so sehr den Ankläger in Fahrt und die Schöffen unter Druck setzen konnte wie die kochende Volksseele im Saal …
    Man hatte Isabella den Stuhl Nummer 24 zugewiesen.
    Schon beim Eintritt in den Sitzungssaal, als sie versuchte, sich zu orientieren, fiel ihr Blick auf Richard Saynfeldt.
    »Bitte gehen Sie doch weiter«, sagte der Gerichtsbeamte. »Ihr Platz ist gleich dort vorne rechts.«
    Sie nickte. Richard stand am

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