Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
Tirechappe bis zur Rue de la Ferronnerie zählte ich noch drei Triumphbögen, auf fast die gleiche Weise errichtet und geschmückt, auch sie außerhalb des Weges des Hochzeitszuges gelegen, sie boten dem Auge eine höchst angenehme Abwechslung, zum einen wegen der vielen Leute, welche dort zusammenkamen, und zum anderen wegen der Freude, der Betriebsamkeit, der Fackeln in den Straßen, der Kerzen und der Leute in den Fenstern, denn trotz der vorgerückten Stunde war kein Fensterladen geschlossen, die Nachbarn schwatzten und riefen einander zu, indes die Hausfrauen und Mägde große Eimer Wasser über das Pflaster gossen, es von Kot und Schmutz zu reinigen, was nach königlichem Erlaß jeden Tag hätte geschehen müssen, jedoch nur zu großen Anlässen getan ward, denn das Volk von Paris ist seinem Wesen nach widersetzlich wie sonst keines auf der Welt.
Als Quéribus mich am Morgen des 18ten August mit seiner Kutsche abholte, sah ich mit Verwunderung, daß die Straßen geschmückt waren mit großen und schönen Wandteppichen in prächtigen bunten Farben, welche die Adligen und Bürger von ihren Wänden abgenommen und aus den Fenstern gehängt hatten, wie sie das bei Prozessionen nur taten, wenn sich der Prozessionszug durch ihre Straße bewegte, während am heutigen Tage alle Straßen, darinnen wohlhabende Leute wohnten, solcherart herausgeputzt waren, ob sie nun auf dem Wege des königlichen Hochzeitszuges lagen oder nicht.
Über Nacht hatte sich die Zahl der Triumphbögen, davon ich den vorangegangenen Abend nur drei oder vier gesehen, vermehrt, und ich muß gestehen, daß die Handwerksleute, welchesie so schnell errichteten, wahre Wunder vollbracht hatten, denn sie waren höchst kunstvoll gestaltet und mit Blumen als auch Zweigwerk geschmückt, wie ich es außer in Paris noch nirgends gesehen, so kunstsinnig ist dieses ansonsten widersetzliche, aufrührerische und streitbare Volk. Die Augustsonne schien hell, jedoch nicht drückend, und angesichts der prächtigen Wandteppiche an den Häusern, der blühenden Fenstergärten (welche den Vorübergehenden ein ständiges Ärgernis waren wegen des Gießwassers, das oft auf sie herabfloß), des endlich einmal sauberen Straßenpflasters und der riesigen Volksmenge, welche sich auf Straßen, Gassen und Plätzen drängte – so schön gekleidet, daß man zweimal hinsehen mußte, den Bürger vom Tagelöhner zu unterscheiden –, war ich bezaubert wie noch nie von dieser Stadt, ihrer Pracht, ihrer Schönheit und ihrem Reichtum. Das also ist die Stadt Paris, dachte ich bei mir, von der alle Völker so begeistert sind! Endlich einmal sauber und schmuck, wie sie ihrem Ruhme nach alle Tage aussehen sollte!
In der Rue Brisemiche stiegen Gertrude du Luc und Zara in unsere Kutsche, und ich überlasse es dem Leser, sich vorzustellen, mit welch verführerischen Blicken und welch schöntuerischem Mienenspiel der hübsche Baron Quéribus sogleich bestürmt ward, von der schönen Normannin wie auch von Zara, welche, angetan mit einem Kleide ihrer Herrin (die ihr nichts abschlagen konnte), weit mehr wie eine Standesperson aussah denn eine Zimmerjungfer, so sehr hatte sie sich verfeinert im Umgang mit einer edelen Dame, mit der sie auch das Bett teilte, da Gertrude unter einer unerträglichen Unruhe ihrer animalischen Geister litt, sobald sie allein schlief. Quéribus seinerseits blieb beiden nichts schuldig, und ich weiß nicht, wie viele verliebte Blicke getauscht wurden in dieser Kutsche und welchen Schaden im Herzen und im Fleische die vielen aus nächster Nähe abgeschossenen Liebespfeile anrichteten, davon auch ich nicht verschont blieb, insonderheit was Zara betraf, denn obzwar sie verkündete, keinen Geschmack an den Männern zu finden, liebte sie es doch, von ihnen bewundert und begehrt zu werden.
Im Strom des Volkes, das aus allen Straßen und Gassen herbeieilte, wurden wir vom Saint-Denis-Viertel zur Ile de la Cité mitgetragen, und außer der Bequemlichkeit des Sitzens bot dieKutsche keinen anderen Vorzug: die Menge der Bürger vor uns war so dicht, daß sie uns keinen Platz machen konnten und es auch gar nicht wollten, denn ihre natürliche Dreistigkeit wuchs mit ihrer Zahl. Des genannten Vorzuges konnten wir uns indes nur bis zur Meuniers-Brücke erfreuen: dort bedeutete uns ein Sergeant der königlichen Garde recht artig, daß am heutigen Tag keine Kutschen auf die Ile de la Cité vorgelassen würden wegen des übergroßen Gedränges, das dort bereits herrschte. Also
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