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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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mußten wir unsere Kutsche unter den neugierigen und schadenfrohen Blicken der Pariser verlassen, welchen es nur recht war, daß wir ihr unbequemes Los teilten, und welche die Damen im Vorübergehen ganz unverfroren betrachteten sowie mit lauter Stimme deren Reize lobten, so daß selbigen nichts anderes blieb, als wegzuhören, um nicht vor Scham erröten zu müssen. Quéribus und ich hatten sie in unsere Mitte genommen, damit den Worten nicht noch die Hände folgten, indes Miroul und der Kutscher ihnen Rückendeckung gaben, ohne die sie wohl manchen Klaps auf den Hintern bekommen hätten, denn die Keckheit und Unsittlichkeit der Menge schien mir zügellos und war im übrigen auch nicht zu zügeln, da der Baron und ich in dem Gedränge nicht unsere Degen ziehen konnten, um die Frechsten mit der flachen Klinge abzuwehren.
    Die unüberschaubare Menge zerteilend, aus der unter der bereits hochstehenden Sonne ein gar wenig angenehmer Geruch aufstieg, gelangten wir schließlich zu einem großen Schaugerüst vor dem Portal von Notre-Dame; Heinrich von Navarra wollte die Kirche nicht betreten, so daß die Trauung auf dem Kirchplatz vorgenommen werden mußte, welchselbiger durch das vermeldte Gerüst erhöhet war, was es dem Volke ermöglichte, die königlichen Brautleute, den König, die Königinmutter und die Prinzessin besser zu sehen, so als stände da eine Bühne für die Darbietungen einer Gauklertruppe oder gar ein Schafott, darauf der Menge das Schauspiel einer Enthauptung geboten würde, dessen Abmessungen indessen so riesig waren, daß man dreißig Verurteilten gleichzeitig hätte die Köpfe abschlagen können. Daß solches nicht der Zweck des ausgeschlagenen Gerüstes war, ließ sich an den Teppichen ersehen, mit denen es in seiner ganzen Länge und Breite bedeckt war und die man, wie mich deuchte, am frühen Morgen vom Louvre-Schloß herangebracht hatte.
    Das Gerüst war dicht umstanden von Männern der Schweizergarde und von Gardesoldaten des Königs wie auch des Herzogs von Anjou, welch letztere an ihren roten Umhängen erkenntlich waren. Auf diese gingen wir zu und trafen zu unserem Glück auf den Hauptmann Montesquiou, dessen wettergegerbtes Angesicht mit den beiden dicken schwarzen Strichen des Schnurrbartes und der buschigen Brauen sich bei unserem Anblick nur zu einem flüchtigen Lächeln erhellte.
    »Um des Himmels willen, Montesquiou«, sprach Quéribus zu ihm, »helft uns aus diesem Gedränge!
Ich könnte vergehen
, so übel stinkt es mir in der Nase!«
    »Euch kenne ich, Baron«, erwiderte Montesquiou mit ernster Miene, »und ich kenne auch Monsieur de Siorac. Doch die Damen sind mir unbekannt.«
    »Sie sind beide von gutem normannischem Adel«, antwortete Quéribus, ohne mit der Wimper zu zucken, »und ich verbürge mich für sie.«
    Aus welcher Lüge ich mutmaßte, daß er seine Wahl getroffen und selbige auf Zara gefallen war, denn gewißlich wäre einer Kammerjungfer der Zutritt zu dem Schaugerüst verwehrt worden, auf dessen Bänken ich gar viele prächtige Höflinge und glanzvolle Damen sah, ebenso erleichtert wie wir, daß sie sich zum Sitzen niederlassen konnten, wenn auch unter glühender Sonne, über die unsere Damen gar bald zu jammern begannen, weil sie fürchteten, sich ihre zarte Haut zu verderben, und weil sie schier erstickten in ihren Schnürleibern, in die sie sich gepreßt, um schlanker zu erscheinen. Ich muß indes zugeben, daß mir auch ohne Schnürleib überaus heiß war in dem bis oben zugeknöpften Satin meines Wamses, den Hals wie vom Strick eines Henkers zusammengeschnürt von der steifen Krause, welche schon ganz durchweicht war von dem Schweiß, der mir über das Gesicht rann; trotzdem war ich nicht weniger glücklich als die Frauenzimmer, auf diesem Gerüst zu sitzen und die Hauptpersonen dieses glänzenden Festes ganz aus der Nähe betrachten zu können.
    Unter lautem Schalle von Trompeten, von Glockengeläut und Kanonenschüssen erschien endlich der König, umgeben von dem aufgeregten Schwarm der Pagen und Würdenträger, an seinem Arm die Königinmutter, gefolgt von seiner Königin. Er war gekleidet in blaßgelben Satin, darauf eine aus Goldfädengestickte und mit Edelsteinen gezierte Sonne zu sehen war, indes Katharina von Medici diesmal das Schwarz abgelegt hatte, das sie seit dem Tode Heinrichs II. trug, und sich in prächtigen Gewändern aus blauer Seide zeigte, über und über bedeckt (ich sage ausdrücklich: bedeckt) mit ihren berühmten florentinischen Juwelen,

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