Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
welche als die schönsten auf dem ganzen Erdenrund galten und derart hell erglänzten und funkelten, als habe sie ihrem Sohn die Sonne von seinem Gewande entrissen, so wie sie ihm seit seiner Krönung die wirkliche Macht entrissen hatte.
Hinter dem König schritten seine Brüder: der Herzog von Anjou und der Herzog von Alençon, beide ebenfalls in blaßgelben Satin gekleidet, denen Heinrich von Navarra folgte, doch ich bezweifle, daß die Volksmenge vor dem Schaugerüst sie zu sehen vermochte, denn der Vordergrund war gänzlich eingenommen von dem König mit seinem Gefolge und der Königinmutter samt einem guten Dutzend Ehrendamen (ausgewählt aus den achtzig, die diese galante Schar insgesamt zählte).
Der König und die Königinmutter wurden nur mäßig mit Beifall bedacht von der Menge des Volkes, welches – so wie Alizon – hin und her gerissen schien zwischen der Freude an dem glanzvollen königlichen Fest und dem bitteren Groll auf diese »schandbare« Hochzeit, die ihm der König und seine Mutter wie eine widerwärtige Speise aufgezwungen hatten.
Der magere Beifall schwoll indessen an, als Prinzessin Margot, auf das prächtigste ausstaffiert, an der Hand des alten Kardinals von Bourbon erschien, welcher mit der von der Medici erfundenen Botschaft aus Rom getäuscht worden war oder solches vorgab und der nun die Prinzessin aus dem Bischofspalast herbeiführte, darinnen sie – so wurde gemunkelt – die Nacht unter gar schrecklichen Träumen verbracht hatte (da sie noch immer ihren Guise liebte).
Margarete von Frankreich war angetan mit einem Kleid aus veilchenblauem Samt, bestickt mit goldenen Lilienblüten, und über ihren Schultern lag ein prachtvoller Sammetumhang, dessen vier Ellen messende Schleppe von drei Prinzessinnen getragen ward; auf ihrem Kopf saß eine majestätische Krone, glitzernd und glänzend von Perlen, Demanten und Rubinen, welche Edelsteine auch den kleinen Hermelinumhang schmückten, den sie über ihrem Kleid trug und der ihr die Hitze des Tagesgewiß noch unerträglicher machte, wie ich beim Anblick der Schweißperlen auf ihren Wangen mutmaßte. Angesichts des Beifalls der Volksmenge verharrte sie, das Gesicht traurig und kummervoll, als wolle sie urbi et orbi verkünden, wie wenig diese Hochzeit ihr genehm sei, so daß schließlich der arme Kardinal von Bourbon, um sie zum Weitergehen zu bewegen, ihre Hand ergriff und sie gleichsam hinter sich herzog wie eine Iphigenie, welche zur Opferstatt geführt werden soll. Dies sehend, vermeinte das Volk nicht anders, als daß Margot sich gegen die Heirat mit einem Ketzer sträubte, in seinem einfachen Sinn bloß körperliche Abneigung für religiösen Eifer haltend, und verdoppelte seine Hochrufe, in welchen sich Mitleid mit dem traurigen Los der Prinzessin und Bewunderung ob deren prachtvoller Ausstaffierung mischten.
Nicht daß sie so schön gewesen wäre, wie Brantôme sie beschreibt, der sie als »himmlisches Wunder auf Erden« gefeiert, für unseren perigurdinischen Nachbarn Brantôme ist ein jedes Weib einzig und einmalig, wenn es nur von königlichem Geblüt ist. Ich hingegen fand die Prinzessin nur gefällig anzuschauen, das runde Gesicht, die großen, wie bei ihrer Mutter ein wenig hervorstehenden Augen, die schmollende Unterlippe; doch wären nicht die Perlen, die Schminke und der andere Putz gewesen, dann hätte mir an ihr allein der schier unstillbare Lebenshunger gefallen, welcher aus ihrem lebhaften, ausdrucksvollen Blick sprach und ihr jene Art von Reiz verlieh, den man – treffend, wie ich vermeine und wie sich in der Tat erweisen wird – als gefährlich bezeichnet.
»Seht nur, wie Karl sich langweilt!« flüsterte mir Quéribus ins Ohr. »Ich wette, er wünschte sich meilenweit weg von hier und würde viel lieber jagen, den Ball schlagen, in seiner Schmiede hämmern, auf seinen Trompeten blasen oder auch mit dem Bankert von Angoulême und dem Guise durch die nächtlichen Straßen streifen, mit den Leuten Schabernack und Mummenschanz zu treiben.«
»Was? Tut er das?« fragte ich
sotto voce
.
»Und Schlimmeres noch«, flüsterte Quéribus, »so kindisch ist sein Sinn. Als der Herzog von Anjou einmal in seinen Gemächern auftauchte, sah er ihn auf allen vieren herumlaufen, einen Sattel auf dem Rücken und laut wiehernd.«
Worüber ich kichern mußte.
»Mein Herr Bruder«, sprach da Dame Gertrude du Luc, mir mit dem Fächer einen leichten Schlag auf die Hand versetzend, »Ihr habt Geheimnisse mit dem Baron.«
»Euch
Weitere Kostenlose Bücher