Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
betreffend, holde Freundin«, sprach ich ihr ins Ohr. »Er sagte mir, daß er Euch wunderschön findet.«
    »Ho!« erwiderte Gertrude laut, ihren Fächer bewegend und sich vorbeugend, um ihn anzublicken, »warum hat er sich dann nicht an meine Seite gesetzt?«
    »Ich täte nichts lieber!« entgegnete Quéribus, sich unverweilt erhebend und den Platz mit mir tauschend, so daß ich jetzt Zara zu meiner Linken und Quéribus zu meiner Rechten hatte, welcher neben mir bleiben wollte, um mich weiterhin mit seinen losen Reden zu unterhalten, denn als echter Hofkavalier hatte er eine gar spitze Zunge.
    Indessen sprach der König, welcher, obgleich er mit einer strahlenden Sonne geschmückt, keine blendende Miene zur Schau trug, mit rauher Stimme:
    »Nun denn, nicht länger gesäumt! Wo ist Navarra?« Darauf trat Heinrich von Navarra zusammen mit dem Herzog von Anjou vor, welch letzterer ihn an der Hand gefaßt hielt, so daß es aussah, als führe er ihn zu seiner Schwester, ihm selbige zur Frau zu geben.
    Der Anblick des Königs von Navarra ging der Volksmenge so sehr gegen den Strich, daß ein leises Grollen aufstieg, welches jedoch sogleich verstummte, als man sah, wer sich an seiner Seite hielt, denn der Herzog von Anjou stand in der Gunst der Pariser fast ebenso hoch wie der Herzog von Guise, da er die Hugenotten bei Jarnac und Moncontour besiegt. So daß das Volk, nicht wissend, ob es Navarra schmähen oder den Herzog bejubeln sollte, schließlich ganz schwieg, höchstlich verwundert, daß der Herzog seine holde Schwester eigenhändig diesem Abgesandten der Hölle auslieferte.
    Ich hatte genügend Muße, besagten Abgesandten der Hölle zu betrachten, indes er dem König, Katharina von Medici sowie seiner künftigen Ehegemahlin (welche stumm und steif wie ein Marmorblock verharrte) seine Ehren- und Höflichkeitsbezeigungen erwies. Er war in blaßgelben Satin gekleidet, wie der König und dessen Brüder, und obgleich er gemäß dem Wunsche seiner verstorbenen Frau Mutter viel Mühe aufgewandt, sich »seines Schmutzes zu entledigen«, konnte ich nichtumhin festzustellen, daß in seinem Wesen etwas Ungeschlachtes lag, welches mehr zu einem Bauersmann oder Soldaten zu passen schien denn zu einem Hofmann. Und wiewohl sein Angesicht, darinnen eine recht lange Nase prangte, nicht schön war, lag darauf ein Ausdruck, gemischt aus scheinbarer Treuherzigkeit, Schläue und Spott, welcher mir höchst bemerkenswert dünkte.
    »Was vermeinet Ihr über den Bräutigam?« flüsterte Quéribus mir ins Ohr.
    »Baron«, sprach ich lächelnd, »obgleich der
Bauerntölpel Okzitanisch spricht
, scheint er mir doch mehr schlau als bäuerisch.«
    »Ins Schwarze getroffen!« erwiderte Quéribus, aus vollem Halse lachend. »Siorac, wie ergötzlich seid Ihr doch! Schlau ist er ganz gewiß, und mehr noch als Katharina, welche ihn an ihren Thron zu ketten und Navarra an Frankreich zu binden glaubt, indem sie ihm ihre Tochter gibt in der Hoffnung«, er senkte die Stimme, »daß deren Schenkel ihn fesseln werden. Aber potz Blitz! besagte Schenkel sind von zu geringem Gewicht, um Navarra flügellahm zu machen!«
    »Baron«, sprach ich, »Eure Metapher gleicht der Montpensier: sie ist schön, aber sie hinkt!«
    Worauf er schallend lachte, den Arm um meine Schulter gelegt, nicht ohne sich prüfend umzublicken, ob nicht zufällig ein lauschendes Ohr unsere unziemliche Rede mitgehört. Doch die uns umgebenden hohen Damen und Edelleute, welche so eng aneinander saßen, daß sie mit den Knien gegen die Rücken derer vor uns stießen, waren zu sehr mit ihren Klatschreden beschäftigt, um unser zu achten, denn Klatsch und üble Nachrede – freilich in gesetzten Worten – sind das tägliche Brot an einem jeden Hofe.
    Indes unsere Damen uns derart lachen sahen, überschütteten sie uns sogleich mit Vorwürfen, daß wir mehr mit uns als mit ihnen beschäftigt seien, und die herrischere von beiden war gewißlich Zara, welche von dem Augenblick an, da sie wie eine Standesperson gekleidet war, die Aufführung einer solchen angenommen hatte und mir nun mit leiser Stimme gebot, daß ich ihr sofort sage, wer diese Montpensier sei, über die wir geklatscht.
    »Weißt du das nicht, Zara?« sprach ich und küßte sie unterdem Vorwand, ihr dies ins Ohr zu flüstern, leicht auf ihren zarten Hals. »Sie ist die Schwester des Guise und dazu die fanatischste Papistin des ganzen Königreiches.«
    »Monsieur«, erwiderte Zara, mit den Augen klappernd und den Hals windend –

Weitere Kostenlose Bücher