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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Albaner wie auf Kommando ihre Zigaretten ansteckten. Es war ein unglaublicher Anblick. Toftlund konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt in einem Flugzeug gesessen hatte, in dem geraucht wurde. Teddy fing an zu lachen und in seinen Taschen zu kramen, während Toftlund merkte, wie der Gestank des ätzenden Rauchs ihm im Hals und in den Augen brannte. Die vier slowenischen Stewardessen hasteten aufgescheucht durch den Mittelgang und zeigten auf das »No smoking«-Schild, das nun wieder leuchtete, und versuchten auf englisch das Feuer zu löschen, wobei sie mit entsetzt erhobenen Händen vor ihren Gesichtern herumwedelten. Die Albaner quasselten und qualmten weiter, da kam von hinten ein älterer schlanker Mann mit einem kahlen, flachen Kopf herbei und fing auf albanisch an zu schimpfen wie ein Rohrspatz. Die jungen Männer kriegten rote Ohren und versuchten verzweifelt ihre Kippen auszudrücken, und zwar so übereifrig, daß ihnen die Funken um die Finger stoben. Teddy brach in ein derartiges Gelächter aus, daß Toftlund fürchtete, er würde sich gar nicht mehr einkriegen.
    »Oi, oi, oi«, hickste er. »Ich liebe Albanien.« Auf ihrem langen Umweg in das Land der Skipetaren kreuzten sie schneebedeckte Berge. Die üblichen Luftkorridore waren gesperrt, damit die hoch fliegenden, mit lasergesteuerten Präzisionsflugkörpern bestückten F-16-Jäger der NATO von ihren italienischen Basen aus ungehindert über Serbien, Montenegro und Kosovo hinweggleiten konnten. Als sich ihr Flugzeug dem Rina-Flughafen zwischen Tirana und Durrës näherte, sah Toftlund Flüsse wie braune Bänder, die sich zwischen den Bergen hindurchwanden, und Dörfer wie kleine Flecken, die zufällig zwischen grünen und braunen Feldern verteilt waren. Er fühlte sich leer und angespannt zugleich, weil er nicht wußte, was ihn erwartete, und versuchte sich auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren, wie immer, wenn ihn das Gefühl der Unsicherheit beschlich. Sie setzten zur Landung an, und Toftlund wies Teddy auf die lange, gerade Reihe amerikanischer Angriffshubschrauber vom Typ Apache hin, die auf dem Flughafen aufmarschiert zu sein schienen. Daneben befand sich das US-Militärlager mit den braunen, disziplinierten Zelten, die wie Soldaten im Schlamm standen.
    »Apache«, sagte Toftlund. »Der effektivste Kampfhubschrauber der Welt. Warte nur, bis die Serben den erleben dürfen.«
    »Das werden sie nie«, überschrie Teddy den Krach der bremsenden Motoren und klammerte sich während der langen Landung, bei der die Maschine schwankte wie ein Schiff bei stürmischem Wetter, an die Armlehnen.
    »Selbstverständlich tun sie das. Sie müssen die Bodenstreitkräfte unterstützen. Irgendwann marschiert die Infanterie ein.«
    »Die Zeiten sind vorbei. Wir können in unserem Teil der Welt keine Verluste ertragen. Diese Hubschrauber sind zwar wirksam, aber auch verwundbar. Weder Uncle Sam noch Mutter Dänemark wollen die Söhne ihres Landes in einem Leichensack nach Hause holen. Die stehen, wo sie stehen, und da bleiben sie auch. Von hoch oben aus der Luft werden unsere tapferen Jungs Milošević zur Unterwerfung bomben. Es ist nur eine Frage der Zeit. Wir bombardieren Medien, Kraftwerke, Brücken, Straßen, Öllager, Menschen. Wir bombardieren Jugoslawien bis an den Rand der Kälte und des Hungers. So wird heute Krieg geführt.«
    »Über kurz oder lang wird in allen Kriegen die Infanterie eingesetzt. Es ist immer das Fußvolk, das hinter der Kavallerie aufräumen muß. So ist es, und so ist es immer gewesen.«
    »Selbstverständlich. Aber erst wenn der Feind die Waffen gestreckt hat. Also müssen sie wohl damit rechnen, noch jahrelang so stehenzubleiben. Denn da unten auf der Erde wird der Haß gesät, den die nächsten Generationen ernten werden.«
    »Du weißt einfach alles, oder?« sagte Toftlund.
    »Star Wars, das sind wir. Die Schweinerei auf Erden überlassen wir der UCK. Die müssen im heutigen Krieg dem Feind in die Augen blicken. Ich sag doch: Moderne westliche Menschen wollen keine Leichen sehen.«
    »Wenn du’s sagst«, sagte Toftlund, ohne seine Gereiztheit verbergen zu wollen. Die Flugzeugräder berührten die holprige, mit Löchern übersäte Landebahn und bremsten. Draußen kamen die vielen Frachtmaschinen und Herkules-Transporter in Sicht, die auf einem Flughafen standen, der seit seiner Eröffnung noch nie soviel Verkehr gesehen hatte, weil die internationalen Hilfsorganisationen und der weltstärkste Militärapparat mit ihrer

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