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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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furchteinflößenden Effektivität jetzt Männer und Material und nicht zuletzt Geld in eine Gesellschaft pumpten, die zuvor mehr oder weniger zum Erliegen gekommen war.
    An der Paßkontrolle herrschte Chaos. Zigarettenqualm umwogte Toftlund und ein einsames, verschrecktes Schild mit einer durchgestrichenen Zigarette. In den Warteschlangen war keinerlei Ordnung zu erkennen, sie bildeten sich und lösten sich stets aufs neue wieder auf. Der militärisch aussehende jüngere Mann, den sie auf dem Flughafen der slowenischen Hauptstadt gesehen hatten, zeigte einem blau uniformierten Kerl mit Schnurrbart und Zigarette im Mundwinkel einen amerikanischen Paß und ein Stück Papier und wurde um die Kontrolle herumgeführt. Die jungen Freiwilligen der UCK, des Freiheitsheeres der Kosovo-Albaner, wurden wie Soldaten aufgestellt und verschwanden in Marschordnung im Flughafengebäude. Es war mild, vielleicht siebzehn Grad. Aber es schien Regen in der Luft zu liegen. Der Flughafenbereich war verschmiert und von tiefen, matschigen Pfützen übersät. Nässe und Dreck, wohin man sah.
    Ein Mann mittleren Alters ähnelte einem in die Irre gelaufenen Indianer oder einem Überbleibsel aus der Hippiezeit. Er trug eine helle Lederjacke, deren Fransen mit dem langen grauen Haar, das er zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, um die Wette schlenkerten. Er hatte enge schwarze Jeans und spitze, hochhackige Stiefel an. Am rechten Ohr glänzte ein goldener Ohrring, und auf den meisten Fingern steckten ebenfalls Ringe. Sein Gesicht war pockennarbig. Hatte er denn auch im Flieger gesessen? Unter den vielen blauen Uniformen, die außer ihrer konstanten Raucherei keine andere Aufgabe zu haben schienen, als die allgemeine Verwirrung zu vergrößern, schien er sich wie zu Hause zu fühlen. Als das Hippierelikt einen Moment lang aus irgendeinem Grund die Arme hob, sah Toftlund, daß der Typ eine Pistole in einem Schulterholster stecken hatte. Der alternde, albanische Freak griff in die Tasche und steckte einem Blauuniformierten ein paar grüne Dollarscheine zu. Er versuchte gar nicht, die Transaktion zu verheimlichen. Der Beamte nickte, der Hippie hob die Arme, und vier junge Albaner gingen durch die Absperrung und hoben zwei große Kisten an, die am Rand des abgeblätterten Schlagbaums standen. Sie trugen sie weg, ohne daß sich die Zöllner darum zu kümmern schienen.
    »Willkommen im Mafialand«, sagte eine Stimme auf dänisch. »Habt ihr Albanien nicht gleich in euer Herz geschlossen?«
    Die Stimme gehörte einem großen, sehr schlanken Mann in blauen Jeans und ebenso blauem Jeanshemd. Auf dem Namensschild über der linken Brusttasche stand »T. Poulsen, UNHCR«. Auf der rechten Schulter trug er das UNO-Symbol und eine kleine dänische Flagge. Er hatte blondes, kurz geschnittenes Haar und ein freundliches, junges Gesicht mit intelligenten Augen. Er sah aus wie Ende Zwanzig, aber die kleinen Fältchen an den Augen verrieten, daß er wohl an die zehn Jahre älter sein mußte, als man zunächst annahm.
    Teddy streckte die Hand aus.
    »Gott sei Dank, die Kavallerie ist da! Ich heiße Teddy.«
    »Torsten Poulsen, Amt für Katastrophenschutz. Willkommen in Albanien.«
    Toftlund betrachtete ihn. Er mußte Poulsen schon mal gesehen haben, wußte aber nicht mehr, wo. Poulsen lächelte und sah Toftlund an.
    »Du erinnerst dich nicht mehr an mich, was, Per?«
    »Ich weiß nicht so recht…«
    »Langeland, vor knapp fünfzehn Jahren…«
    Jetzt dämmerte es Toftlund.
    »Ja, natürlich, Herr Leutnant. Hier bist du also gelandet.«
    »Hier und da. Wohin das Amt mich schickt.«
    Sie gaben sich die Hand und lächelten um die Wette wie alte Kameraden.
    »Worum geht’s hier eigentlich?« fragte Teddy.
    Poulsen nahm Teddys Sporttasche und sagte:
    »Laßt uns gehen, ehe es dunkel wird, Kinder. Nachts fahren wir hier nicht. Per hat die Fabrik in die Luft gesprengt, die ich bewachen sollte. Wir waren eine ganze Kompanie. Die waren zu dritt. Trotzdem haben sie uns überlistet und die Sprengladungen angebracht und sind verschwunden, ohne daß wir entdeckt haben, wie sie eingedrungen sind.«
    »Ach so, ihr habt Räuber und Gendarm gespielt«, sagte Teddy teilnahmslos.
    »Per war in seinem früheren Leben Froschmann bei der Marine. Wußtest du das nicht?«
    »Wie unser Kronprinz?«
    »Vor unserm Kronprinzen«, sagte Toftlund.
    »Einer muß ja das Vaterland verteidigen«, sagte Teddy uninteressiert, bewegte sich auf die Paßkontrolle zu und ließ die beiden Vollidioten sich

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