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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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gewesen war.
    Der Flughafen der slowenischen Hauptstadt Laibach war nicht sehr groß, aber es wimmelte nur so von Menschen. Die meisten waren junge, dunkelhäutige Männer, die rauchten, tranken und eifrig Albanisch redeten. Es war ein rechteckiger Raum mit einer Bar in der Mitte, wo Toftlund und Teddy je neun Deutsche Mark für ein Bier und einen Sliwowitz bezahlten. Es roch nach schwarzem Tabak. Zwei Frauen in den weißen Uniformen des Roten Kreuzes suchten angesichts der vielen wehrfähigen jungen Männer das Weite. Toftlund schaute in der Ferne auf schneebedeckte Berge, deren Gipfel von einer grauen Wolkendecke wie in Watte gehüllt waren. Ein Thermometer zeigte fünfzehn Grad. Sie flogen dem Frühling entgegen. Der Lärm und der Gestank der vielen Menschen waren unerträglich. Toftlund verzog sich in einen Winkel, in dem er ein wenig Ruhe zu finden hoffte. Er probierte, ob sein Handy dort funktionierte, und Lise antwortete auf der Stelle.
    »Hallo, Schatz. Ich bin’s«, sagte Toftlund.
    »Per! Wo bist du?«
    »In Laibach, Slowenien. Wir scheinen gleich abzufliegen. Ich hab dich vermißt.«
    »Schön, daß du anrufst. Ich vermisse dich auch.«
    »Ich bin mir nicht sicher, daß das Handy in Albanien funktioniert.«
    »Zerbrich dir deswegen nicht den Kopf. Paß lieber auf dich auf!«
    »Das werde ich schon…«
    »Und, Per…?«
    »Ja.«
    »Es tut mir leid, wie ich mich heute früh von dir verabschiedet habe.«
    »Denk nicht mehr dran.«
    »Das tue ich aber.«
    »Ich bin bald wieder zu Hause.«
    »Hauptsache, du paßt auf dich auf, dann kümmere ich mich um alles hier zu Hause.«
    Toftlund sah sie vor sich, womöglich stand sie in der Küche und blickte auf die kahlen Bäume und Büsche und eine Regenwolke, vielleicht auch in die Sonne, aber der Frühling ließ wie immer viel zu lange auf sich warten.
    »Ich bin bald wieder zu Hause«, sagte er noch einmal.
    »Ich weiß. Also, sei vorsichtig.«
    »Das bin ich. Und, Lise…?«
    »Ja.«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch. Und es geht uns beiden gut. Es dauert nicht mehr so lange.«
    Ihre Stimme schnarrte ein bißchen, aber es tat ihm gut, sie zu hören und es endlich einmal geschafft zu haben, seine Gefühle auszudrücken. Als er das Mobiltelefon ausschaltete, bemerkte er, daß Teddy genau hinter ihm stand.
    »Das war vielleicht schön«, sagte Teddy.
    »Verdammt noch mal, belauschst du anderer Leute Gespräche, oder was?«
    »Ich bin die inkarnierte Neugier, alter Junge. Das Bild könnte heißen: ›Teddy schnappt die Liebeserklärung des Bullen auf‹. Ich wollte nicht ironisch sein. Es ist wunderbar, wenn man in seine Frau verliebt ist. Das heißt, wenn es deine Frau war.«
    »Es war meine Frau«, sagte Toftlund gereizt.
    »Die erste?«
    »Wenn du es unbedingt wissen willst: Ja.«
    »Das geht vorüber.«
    »Was weißt du denn schon davon?«
    »Ich hab drei gehabt.«
    »In einer Woche werde ich Vater«, sagte Toftlund und ärgerte sich noch mehr über Teddy, aber ebensosehr über sich selbst.
    »Auch zum ersten Mal?«
    »Ja, du Arsch.«
    »Der Arsch muß grad mal nachzählen, wie viele er hat und mit wem.«
    »Mannometer, man könnte dich wirklich stundenlang ohrfeigen«, sagte Toftlund.
    »Ja, so ist Teddy. Das haben die Gattinnen auch gesagt. Plus eine ganze Menge anderer schöner Dinge.«
    Toftlund guckte ihn an, dann ging er zur Bar und trank sein Bier aus, bevor sie endlich zu ihrem Flug aufgerufen wurden. Mit Ausnahme der beiden Krankenschwestern oder Ärztinnen und Teddy und Toftlund waren alle Plätze von schwarzhaarigen jungen Männern besetzt.
    »Kanonenfutter für die UCK«, sagte Teddy, als sie ihre Sicherheitsgurte anlegten.
    »Jetzt halt doch bitte einmal den Rand«, sagte Toftlund.
    »Auf dem Weg in die Berge, um Serben totzumachen«, fuhr Teddy ungerührt fort. »In ganz Europa und den USA zusammengetrommelt, um der großen Sache des Kosovo und der UCK zu dienen. Die wissen nicht, worauf sie sich einlassen.«
    »Das ist nicht unser Bier. Wir sollen deine Halbschwester finden. Der Rest geht uns nichts an.«
    »Du wirst noch erkennen, Toftlund, daß dich auf dem Balkan irgendwann alles angeht, ob du das nun gut findest oder nicht.«
    Die Maschine beschleunigte, und Toftlund wandte den Kopf ab und schaute demonstrativ aus dem Fenster. Der Airbus stieg steil über die Berge. In dem Moment, in dem der Kapitän das »Fasten seatbelt«- und das »No smoking«-Schild ausschaltete, schien in der Passagierkabine ein Feuer auszubrechen, da sämtliche

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