Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
Vom Netzwerk:
radikalen Zirkeln, wo man von Bomben redete oder von der Notwendigkeit der Gewalt, wie die netten Menschen in den Siebzigern es ausdrückten. Wir hatten sie deshalb in den Akten. Aber wie die meisten andern ließ sie es bei Worten und einigen Artikeln in Politisk Revy bewenden. Geschieden. Keine Kinder.«
    Vuldom zündete sich eine neue Zigarette an, während Per das Farbfoto betrachtete. Irma hatte ein scharfgeschnittenes Gesicht mit erstaunlich wenigen Falten. Ihr Haar war halblang und im Nacken fast altmodisch rund geschnitten. Sie hatte schmale, hübsche Lippen und eine gerade Nase und klare, grüne Augen. Ihre Stirn war hoch, ohne das Gesicht zu dominieren. Sie hatte helle Haut, bestimmt bekam sie bei Sonne Sommersprossen. Per legte das Foto auf den Tisch.
    »Terroristensympathisantin und dann Professorin mit Verantwortung für die kommenden Generationen. Ist doch eine liberale Gesellschaft, in der wir leben«, sagte er.
    »Allerdings. Und hier ist die Familie…« Sie reichte ihm zwei weitere Bilder. Auf dem einen war ein älterer Mann abgebildet, auf dem anderen ein etwas jüngerer, aber doch in einem Alter, das Toftlund als mittleres bezeichnen würde.
    »So alt ist er auch nicht«, sagte Vuldom, als könnte sie seine Gedanken lesen, aber das überraschte Per nicht. In der Firma war sie für ihre Intuition berühmt. »Das ist der eine Bruder. Geboren 1943, Bäcker auf Fünen. Oder heute wohl eher Fabrikdirektor. Er macht dieses sogenannte Handwerksbrot, das du bei Netto oder Irma als ökologisches Brot kaufen kannst. Über ihn haben wir absolut nichts. Ein solider Steuerbürger, sein ganzes Leben dieselbe Frau, zwei Kinder, die ihren Weg gemacht haben, wie man da draußen sagt, Mitglied des Rotary-Clubs. Eine Zeitlang Vorsitzender des Kirchenvorstands seiner Gemeinde. Ein guter Däne. Ich vermute, er sympathisiert mit den Rechtspopulisten, aber er ist bei den Konservativen. Langjähriges Mitglied. Weil anständige Menschen das tun.«
    Fritz war ein schwerfälliger Mann, der älter aussah. Er hatte ein etwas grobes Gesicht, das von einer hohen Glatze, buschigen Brauen, einer kräftigen Nase und dicken Backen beherrscht war.
    Das andere Bild zeigte einen Mann mittleren Alters in einem leicht zerknüllten Hemd mit locker gebundenem Schlips. Er hatte blaue Augen und dunkelblondes Haar mit grauen Strähnen und ein breites Lächeln, das sein Gesicht erhellte. Er glich einem Schelm. Oder einem Menschen mit entwaffnendem Charme. Per meinte, ihn schon einmal gesehen zu haben.
    »Das ist der kleine Nachkömmling. Theodor Nikolaj Pedersen, unter Freunden: Teddy. Über ihn haben wir auch nichts. Wir haben ihn vor ein paar Jahren überprüft, als er für einige unserer Mitarbeiter in Jütland eine Vorlesung über die Ziele des neuen Rußland hielt. Wenn er dir bekannt vorkommt, dann weil er eine Zeitlang ständig im Fernsehen war, um uns Sterblichen Gorbatschows Absichten zu erklären. Teddy ist 1948 geboren. Heute Akademischer Rat an der Kopenhagener Uni. Im Augenblick mit der Außenpolitischen Gesellschaft auf Studienreise in Mitteleuropa. Verheiratet mit einer bedeutend jüngeren Frau, die er an der Uni aufgerissen hat…«
    Aufgerissen! Per mußte über Jette Vuldoms lockere Wortwahl lächeln. Sie fuhr unverdrossen fort:
    »Aber sie treibt sich rum und hat was mit einem andern, also Teddy ist im Moment so ‘ne Art Hahnrei. Genau genommen ist sie zu dem anderen gezogen, während Teddy den postkommunistischen Sumpf in Mitteleuropa studiert. Ich weiß nicht, ob es ihm richtig weh tun wird. Unser Teddy ist so was wie ein Schürzenjäger, und obwohl er nicht wie ein Hollywoodstar aussieht, muß er doch irgend etwas Besonderes haben, denn weibliche Gesellschaft fehlt ihm selten.«
    »Er sieht eigentlich nicht wie ein Aufreißer aus.«
    »Ist er aber, Toftlund.«
    Sie legte ihm drei Papiere vor.
    »Hier hast du die richterlichen Genehmigungen. Wir hören alle drei ab. Ohne großen Erfolg bislang. In der Akte sind auch ihre Profile: Gewohnheiten, Laster, Tugenden. Du kennst ja den Rummel – oder hast du dein Handwerk verlernt?«
    »Ich werde versuchen, mich an das zu erinnern, was du mir beigebracht hast.«
    »Du warst ein fleißiger Schüler, du wirst es schon packen.«
    Sie hatte es mit einem Hauch Ironie gesagt, aber Toftlund freute sich über das Lob. Vuldom legte die Papiere in die grüne Mappe, schob sie zu ihm hinüber und lehnte sich zurück.
    »Ihre Biographien sind ziemlich unvollständig, ich schlage also vor, du

Weitere Kostenlose Bücher