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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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doch.«
    »Mein Chef im Flughafen würde von meiner Untreue nicht viel halten. Du solltest mal die Aktenstapel auf meinem Schreibtisch sehen. Wachpläne, die nicht funktionieren. Ansammlungen von Überstunden so hoch wie Kamelhöcker. Und dann das ganze Gerede. Von der einen Seite hören wir, wir würden zu viele reinlassen, von der andern, wir wären zu restriktiv, also zu tun gibt’s genug.«
    »Ich hab schon mit Larsen gesprochen.«
    »Du warst dir ganz schön sicher, was?«
    »Du bist für diesen Job geboren, Toftlund.«
    Per lehnte sich zurück, beugte sich wieder vor, trank einen Schluck Kaffee und fächelte ihren Zigarettenrauch weg.
    »Und die… Sache von damals? Werden die Politiker akzeptieren, daß ich zurückkomme? Ich war doch der Sündenbock.«
    »Du hast lange genug ungenutzt herumgestanden. Außerdem ist das Gedächtnis in diesem Lande kurz. Keiner denkt länger als eine Woche zurück, dann haben die Medien ein neues Thema gefunden. Die sind wie Kinder. Einen Moment lang konzentrieren sie sich voll auf eine Sache, und dann werfen sie sich auf eine neue. Du wirst ja auch nicht zur Bewachung eingeteilt. Außerdem wird es außerhalb unserer kleinen Familie keiner erfahren.«
    »Wann könnte ich eingesetzt werden?«
    Vuldom nahm eine der grünen Mappen, holte ein Blatt Papier heraus und schob es zu ihm hinüber. Es war ein Standardversetzungsformular, wenn Polizeibeamte die Dienststelle wechseln wollten. Es war vollständig ausgefüllt – und zwei Tage vordatiert. Er brauchte nur noch zu unterschreiben.
    »Stante pede«, sagte sie. »Wir wünschen, daß du diesen Fall auf der Stelle übernimmst. Es pressiert sozusagen.«
    »Und Larsen?«
    »Larsen hat harten Widerstand geleistet, sich dann aber den Tatsachen gebeugt.«
    »Als da wären?« fragte Per, fischte seinen Kugelschreiber aus der Innentasche seines Sakkos und unterschrieb.
    »Daß der Reichspolizeichef und seine politischen Vorgesetzten der Meinung sind, daß dein Einsatz eine gute Idee ist. Vielleicht sogar wichtig für die nationale Sicherheit. Du erhältst einen neuen Dienstgrad und deine alten Qualifikationszulagen.«
    »Ich bin beeindruckt, Jette«, sagte Toftlund ehrlich. »Der Justizminister und ich. Alle Achtung.«
    Vuldom nahm das Formular an sich und legte es in die Mappe zurück.
    »Keinen Sarkasmus bitte«, sagte sie geschäftsmäßig. »Du bist einer der Besten, die der PND gehabt hat, und ich will die Besten. Dänemark nimmt erstmals seit 1864 an einem offensiven Krieg teil. Kann sein, daß die Politiker das eine humanitäre Aktion nennen, aber das betrifft nun einmal die Sicherheit des Landes und damit auch unsere Arbeitsbelastung. Wir brauchen mehr Mittel. Der Minister versteht das. Außerdem gibt es eine ganze Reihe alter Fälle, auch deiner, die eine neue Aktualität bekommen haben. Das steht in ein paar Tagen in der Presse, und dann wird der Minister von uns eine klare Antwort erwarten, dahingehend daß wir, und das heißt er, alles Nötige getan haben, um die merkwürdigen Rätsel der Vergangenheit zu lösen.«
    »I stand corrected« , sagte Toftlund ironisch und fühlte sich trotzdem zufrieden und stolz wie ein Kind. Als wäre er vierzehn und hätte ein Tor geschossen. »Wen kriege ich?«
    »Du kriegst Bjerregaard und dann eine Neue, Charlotte Bastrup. Sie ist Anfang Dreißig, noch ein bißchen grün auf dem Gebiet, aber tüchtig. Euer Arbeitsraum ist unten in der 28. Selbstverständlich kannst du die üblichen Kanäle anzapfen. Wenn du sonst noch Mittel brauchst, mußt du dich an mich wenden.«
    »Okay«, sagte er und wartete. Vuldom drückte ihre Zigarette aus und nahm die andere, etwas dickere Mappe, die, wie er sehen konnte, Abhörberichte, Fotos und Notizen enthielt. Sie fing an, in ihrer trockenen, aber präzisen und faszinierenden Art vorzulesen, die sie immer an den Tag legte, wenn sie im Gerichtssaal stand oder einen Fall vortrug. Er hörte konzentriert zu und spürte ein Kribbeln im Körper wie seit langem nicht mehr. Es war die Empfindung des Jägers, daß hier die Beute war, die erlegt werden konnte, sich aber nicht ergeben wollte, ohne daß man alle seine Kenntnisse und seinen Scharfsinn einsetzte.
    Vuldom reichte ihm ein Bild.
    »Irma Pedersen, geboren 1940, der Vater seit langem tot, ein Bäcker auf Fünen. Die Mutter lebt dort in einem Pflegeheim. Irma ist Professorin für Frauengeschichte am Universitätszentrum Roskilde. In ihrer Jugend sehr, ich betone: sehr links eingestellt. Bewegte sich in den

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