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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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eigentlich war es auch egal. Es lag ihm einfach im Blut, nicht mehr zu sagen als unbedingt nötig. Es gab keinen Grund, unnötige Informationen zu verraten. Es war auch eine Sache des Trainings. Wenn man grundsätzlich sowenig wie möglich sagte anstatt soviel wie möglich, dann verquatschte man sich nicht so einfach, wenn es wirklich drauf ankam.
    »Preßburg«, sagte er dann doch.
    »Das war ‘ne schwere Geburt, was, Per?«
    Sie lachte, und er mußte auch lachen. Sie sprachen ein wenig über den Garten, der bald als noch ausstehender Teil des Kaufvertrags angelegt werden sollte, und über das Baby in ihrem Bauch. Hinterher saß er mit dem Handy in der Hand im Flughafen und hatte dieses sonderbare Glücksgefühl, das er auch immer empfand, wenn er morgens neben Lise aufwachte. Es war sonderbar, weil es ihn so glücklich machte wie noch nie in seinem Leben und ihn gleichzeitig zu Tode erschreckte.

12
     
    P er Toftlund wohnte im selben Hotel wie Teddy einige Tage zuvor. Im Hotel Forum am Rande der Altstadt, aber es fiel ihm mittlerweile schwer, die mitteleuropäischen Städte auseinanderzuhalten. Natürlich gab es Unterschiede, aber es waren die gleichen Bettler, die gleichen protzigen Neureichen, die gleichen piependen Handys und die gleichen Zigarettenreklamen und McDonald’s-Restaurants oder künstlichen irischen Pubs. Er hatte das Gefühl, daß zwar der todkranke und graue Kommunismus beerdigt worden war, der rohe Kapitalismus aber, der ihn abgelöst hatte, eher vulgär als frei war. Über allem lag ein Hauch von Discount. Vom Essen über die Bettler bis hin zu den Politikern. Er wußte nicht, woran er seine Behauptungen eigentlich festmachen konnte, aber er empfand es eben so. Vielleicht sehnte er sich einfach nach Lise. Vielleicht hatte er einfach die ewig gleichen Treffen satt. Vielleicht war er einfach verschnupft, daß er nicht am Flughafen abgeholt wurde.
    Er nahm ein Taxi ins Hotel. Es verblüffte ihn durch seine westliche Professionalität und seinen internationalen Standard. Wie eine Insel der Geschäftsleute lag es mitten in der mitteleuropäischen Armut. Die Straßen zum Hotel waren holperig und mit Schlaglöchern übersät gewesen. Er rief die Nummer an, die er in Dänemark erhalten hatte, und fragte nach Eduard Finca. Es rauschte im Hörer. Er hatte den Eindruck, mehrmals umgestellt zu werden. Es klickte vernehmlich, und einmal war eine Frauenstimme zu hören, die irgend etwas Unverständliches sagte, Slowakisch wohl. Endlich kam die Stimme eines jungen Mannes durch die knackende Leitung und sagte mit einem kräftigen Akzent auf englisch:
    »Mr. Toftlund. So sorry. Mr. Finca ist auf Geschäftsreise.«
    »Aber wir hatten einen Termin.«
    »Tut mir leid. Es war unumgänglich. Sie wissen schon, der Krieg.«
    »Gibt es sonst jemanden, mit dem ich sprechen kann?«
    »Wir sind in einer schwierigen Lage. Vielleicht morgen. Rufen Sie morgen noch einmal an, okay?«
    »Wann kommt Ihr Chef zurück?«
    »Schwer zu sagen. Der Krieg, wissen Sie.«
    »Sie sind doch nicht in der NATO.«
    »Die Slowakei liegt, wo die Slowakei liegt.«
    »Das ist schon richtig.«
    »Auf Wiederhören, Mr. Toftlund.«
    »Leck mich am Arsch«, sagte Toftlund auf dänisch und legte auf.
    Er ließ einige Sekunden verstreichen, dann rief er Jytte Vuldom an. Er benutzte wieder das Zimmertelefon. Nicht weil er es sicherer fand, aber lieber eine Festverbindung als ein Handy, dem die richtig großen Ohren mit der teuren, ausgeklügelten Technologie zuhörten, wenn sie wollten.
    »Vuldom«, sagte ihre angenehme, trockene Stimme. Sie zog den Vokal ein wenig in die Länge, so daß es sich leicht singend anhörte.
    »Toftlund«, sagte er und begann seinen Bericht. Er machte es kurz und genau, aber ohne Namen zu nennen. Er wußte, daß Vuldom nicht der Sinn nach Small talk stand, am Telefon schon gar nicht. Ohne in die Einzelheiten zu gehen, erzählte er von seinen Treffen und schloß:
    »Unsere Freundin ist ein seltsam vielköpfiges Wesen. Ich werde nicht ganz schlau aus ihr, aber ich glaube, sie ist für unseren Fall relevant. Ich fahre über Prag nach Hause. Dort haben wir anscheinend eine sehr gute Quelle. Hier in der Slowakei weiß ich nicht so recht.«
    Die Verbindung war hervorragend. Vuldoms Stimme war klar zu verstehen.
    »Ist in Ordnung, aber komm so schnell wie möglich nach Hause. Unser polnischer Freund hat angerufen. Er hat damit gerechnet, daß du dich bei uns meldest. Ich soll grüßen. Du hast einen guten Eindruck gemacht. Er

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