Die Habenichtse: Roman (German Edition)
sich die fünf, starrten ihr entgegen, helle Gesichter über schwarzen Anoraks, zwei lehnten an der Mauer, wichen nicht, so daß Isabelle auf die leere Fahrbahn trat und weiterlief, ohne sich umzuschauen. Jakob, der als letzter ging, rissen sie am Mantel herum, schweigend, nur von Jakob ließ sich ein Laut hören, ein erstickter Ruf, der Isabelle herumfahren ließ. Drei der Männer, sie hatten Messer, die sie – nicht einmal drohend – zeigten, packten Anthony und Alistair, zwei hielten Jakob, sie bildeten einen dichten Halbkreis um Isabelle, in ihrem Rükken war die Mauer, und sinnlos grübelte sie, was es für eine Mauer war, die sich die ganze Straße entlangstreckte ohne Eingang. Bis auf eine Handbreit trat einer der Männer auf sie zu, sie konnte Atem und Schweiß riechen, konnte die Wärme seines Körpers spüren. Er stand ruhig da, als stütze er sich auf den blassen, verwunderten Schrecken ihrer Begleiter, sogar Alistair hatte es die Sprache verschlagen, und Isabelle schoß durch den Kopf, daß all das komisch war, ein Überfall, der weniger Schrecken für sie hatte als das Theaterstück, als der Ruf Never! – Na, Süße, wie wär’s mit uns? Welcher von den Luschen ist denn deiner? Und sie sah in seine Augen, suchte etwas, dachte an die letzten Tage, die Ziellosigkeit, suchte, ob bei diesem Mann etwas zu finden war, während Jakob zusammensackte. Dann fing sie an zu lachen, lachte den Mann an und streckte die Hände nach ihm aus; wie ein Kind, sagte Alistair später, staunend, kopfschüttelnd, er glaubte ihr nicht, daß sie den Polizeiwagen, der in den York Way einbog, schon gesehen hatte, obwohl es fast dunkel war, die nächststehende Straßenlampe ein Stück entfernt, die Häuser gegenüber eingerüstet, Fenster grob mit Brettern vernagelt, dunkel jedenfalls, so daß die Scheinwerfer des Polizeiautos deutlich sichtbar waren. Sie hatte es gesehen. Wie ein Kind streckte sie die Hände aus und faßte nach seinen Ohren, hielt die warmen Ohrläppchen zwischen ihren Fingern und zog sein Gesicht näher, als wollte sie ihn küssen. Keiner außer ihr bemerkte, daß sich das Polizeiauto auf acht oder zehn Meter genähert hatte, der Fahrer die Scheibe herunterließ und sich hinausbeugte. Isabelle lachte wieder, dann stieß sie den Mann mit aller Kraft von sich und rannte durch die Lücke auf die Polizisten zu, winkend, gestikulierend, plötzlich erschreckt und verzweifelt. Licht flutete auf, die Männer ließen ihre Gefangenen los und rannten, überquerten die Straße, tauchten hinter einer Baustelle in eine Seitenstraße ein, den Vorsprung nutzend, den die Polizisten ihnen ließen, da sie erst Isabelle fragten, ob sie verletzt sei, dann fuhr das Polizeiauto den fünf Männern hinterher, und wie die Stille senkte sich wieder das schwache Licht auf Isabelle und die drei, die mit betäubten Gesichtern ihre Handgelenke rieben. Isabelle wich einen halben Schritt zurück, als Jakob mit unsicherem, schuldbewußtem Gesicht auf sie zutrat, und schaute unbeteiligt zu, wie Anthony loslief, den Polizisten hinterher, wie Alistair sein Handy aus der Tasche zog und auf eine Verbindung wartete. Sie waren allein. Anthony kehrte zurück. Die Mauer war riesig, rötlich, es war der Bahnhof, dahinter blinkten die Lichter des Gasturms und eines Krans, der aus dem Dach von St. Pancras ragte, jetzt sah Isabelle, daß an den dunklen, verkommenen Häusern noch Schilder hingen, Cafe´s waren es gewesen, kleine Hotels, Spielsalons, abgenutzt seit Jahrzehnten oder länger, die Fenster, wo sie nicht vernagelt waren, eingeschlagen, der Gehweg unregelmäßig gepflastert. Alistair war es gelungen, ein Taxi zu bestellen, Jakob und Alistair stritten sich, ob sie auf die Polizisten warten müßten oder nicht. –Bist du bescheuert, die machen sich an deine Frau ran, und du willst sie nicht einmal ordentlich anzeigen? Das Taxi kam, und sie stiegen ein, bedrückt, beschämt die Männer, Isabelle konzentriert, als müßte sie finden, was sich einen Augenblick lang gezeigt hatte, etwas, das die gelassene Aneinanderreihung der Dinge unterbrach. Sie fuhren nach Norden, Anthony hatte dem Fahrer die Adresse eines Clubs gegeben, er beharrte darauf, daß es seine Schuld sei, weil er sie in das Theaterstück gebracht hatte, er lud sie ein, bestellte, ohne zu fragen, Whisky, zog Isabelle auf die Tanzfläche. Sie tanzten, Anthony und Isabelle, Alistair und Isabelle, nur Jakob schwang sich nicht auf, saß einigermaßen aufrecht auf seinem Barhocker, riß sich
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