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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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zeigen. Als er zu sich kam, war heller Mittag. Das Handy klingelte, brach ab, klingelte erneut, bis er endlich danach griff, ohne auf dem Display die Nummer zu kontrollieren. Es war Hishams Stimme. –Ich fragte mich, wo du geblieben bist. Die Stimme war ohne Spott. –Nichts mehr von dir gehört, seit Holloway, bist du zu Hause? – Geht dich einen Dreck an, sagte Jim, richtete sich auf. –Kein Problem, aber du klingst, als wärst du krank, bist du krank? fragte Hisham sanft. –Du verdammter Aufschneider, sagte Jim und legte auf.
    Am Abend ging er hinaus, weil er Hunger hatte. Er lief hinunter bis zu Pang’s Garden . Der Alte hockte an einem grünen Tischchen und löffelte, mit dem Ellbogen fast den Bildschirm des laufenden Fernsehers berührend, seine Suppe, schlürfte, schluckte, während in der Küche zwei junge Frauen Töpfe schrubbten. Hinter dem Tresen standen drei Männer, hantierten, schwätzten, sie beachteten Jim nicht. Zwei Schwarze kamen herein, sahen zu ihm hin und tuschelten. Er lachte auf, bestellte noch eine Frühlingsrolle. Sie schmeckte bitter.
    Als er schließlich hinaustrat, sah er auf der anderen Straßenseite die junge Frau davongehen, sie schaute zu ihm hin, aber es war zu dunkel, um ihr Gesicht zu erkennen. Er summte etwas, fast den Anfang eines Lieds, sie schaute immer noch in seine Richtung, doch dann ging sie weiter, und Jim konnte nicht pfeifen.

24
    Letztlich war alle Aufregung ausgeblieben. Von den Straßen verschwanden die Demonstranten, der Krieg aus den Schlagzeilen. Die chemischen Waffen waren aus der Wüste verschwunden und vermutlich von vornherein inexistent gewesen. Der Krieg führte sich, ferngerückt, noch fort. Gerüchte wollten Saddam Hussein gefangen, tot, dann wieder unauffindbar wissen. Weil eine Lieferung fehlerhaft, die zweite unvollständig war, fuhr das Lieferauto von Hayes & Finch, Candle Manufacturers and Church Furnishers dreimal durch die Lady Margaret Road. Isabelle glaubte, Bienenwachs zu riechen, als die Tür sich öffnete, ein Mann braune Kartons in das Haus schräg gegenüber trug, obenauf eine dicke, überlange weiße Kerze. Dort also wohnte der Pfarrer. Die BBC-Stimmen sprachen die Namen Basra und Nassaryia geläufig aus, von pocket resistance war die Rede, dann wechselte das Vokabular.
    Das Telefon klingelte, Isabelle nahm nicht ab, der Anrufbeantworter spielte ihre Ansage, dann ließ sich die lebhafte Stimme Alistairs hören. –Dein Mann hockt bei Bentham im Zimmer und angeblich bis spät, aber vielleicht gehen wir trotzdem aus? Zum ersten Mal war Isabelle nicht sicher, ob sie Lust dazu hatte, Pläne zu machen, jeder Wunsch schien in Erfüllung zu gehen, und doch fehlte etwas. Alexa war gekommen für vier Tage, hatte in Isabelles Arbeitszimmer geschlafen, sie hatten gemeinsam die Museen besucht und Tee getrunken, am besten hatten Isabelle die Watteau-Bilder in der Wallace-Collection gefallen, die Feste und Musikanten, auf eine schwer faßbare Weise heiter, und wie die Figuren dasaßen in Erwartung, warteten, ohne zu wissen, worauf. Am letzten Morgen begleitete sie Alexa nach Golder’s Green zum Flughafenbus, fuhr nach Hause, zog das Bett ab und stellte die Waschmaschine an. Die Tage paßten wie Handschuhe. Jakob fragte nicht mehr, ob sie sich langweile, ob sie einsam sei. Sie zeigte ihm ihre Entwürfe für das Kinderbuch, allerdings war die Geschichte nicht geglückt oder jedenfalls nicht die richtige Geschichte, erklärte sie, für das Mädchen und die Szenen, die sie zeichnete; sie mochte es, wenn er hinter ihrem Stuhl stand, aufmerksam, und ihre Zeichnungen lobte. Er bat sie, sich auszuziehen, die Vorhänge waren nicht zugezogen, er stellte sich vor sie, in seinem Anzug, und dann führte er sie an der Hand ins Schlafzimmer hinauf, sie schlief gerne mit ihm, ohne darüber aufgeregt zu sein. Wenn sie zu Hause aßen, was nicht oft geschah, erzählte er aus dem Büro, was sie schon von Alistair wußte, ein ebenso guter Beobachter war Jakob aber nicht. Einmal stritten sie, weil Jakob den großen Teller von Tante Fini zerbrach, einen weißen Teller mit einem Rand aus Rosen, ein großer, flacher Teller, der sich vielleicht wieder kleben ließ, kaputt war er trotzdem, und Isabelle fand, daß es ein Malheur war. Jakob wunderte sich über das Wort, er dachte, es sei nicht ernst gemeint, ein Malheur, doch war Isabelle wirklich aufgebracht über seine Achtlosigkeit. Eines Morgens, als sie im Cafe´ gesessen hatte, war sie von dem Mann angesprochen worden, den

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