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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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hoch, wenn er zusammenknickte. Sie tanzte, Isabelle tanzte. Sie versuchte sich das Gesicht des Mannes zu vergegenwärtigen, seine Augen, eine Handbreit vor ihrem Gesicht, sie verglich es mit Jims Gesicht, war betrunken und aufgekratzt, und als Alistair sie fragte, ob sie keine Angst gehabt habe, verneinte sie. –Es ist ja schon nicht mehr real, sagte Isabelle, obwohl erst zwei Stunden vergangen waren, und am nächsten Morgen würde nichts mehr davon wirklich stimmen, weil solche Sachen bereits einen Tag später zur Anekdote wurden, etwas, das sie Andras erzählen könnte, dachte Isabelle, aber sie sprachen so selten miteinander.
    Wirklich rief sie tags darauf im Büro an, Sonja antwortete, und deswegen erzählte sie alles Sonja, die fragte, was Jakob gemacht habe, wozu es nicht viel zu sagen gab. Er hatte am Morgen gewartet, bis sie aufgewacht war, noch immer niedergeschlagen. Wie sehr er Gewalt hasse, sagte er wieder und wieder, er war ihr auf die Nerven gegangen; jetzt tat er ihr leid. Sie fragte sich, ob er von den Nachbarn nichts bemerkte, nie etwas hörte, weil es im Erdgeschoß war, in ihrem Zimmer, oder ob er es ignorierte, weil er Gewalt haßte, weil er nicht wollte, daß in seiner Welt vorkam, was er verabscheute. War da nicht ein winziger Riß, eine Verschiebung, die Unruhe und Neugierde hervorrief und Enttäuschung? Still war es, sie strich in der Wohnung, die so unberührt war, hin und her, sie wollte nicht arbeiten, und so ging sie hinaus, lief zur U-Bahn und fuhr nach King’s Cross, in den Lärm von Menschen und Baumaschinen und Verkehr. Überall waren die Zeitungsstände, Reisende, Bettler, Geschäftsleute, die aus dem Bahnhof eilten, Familien mit Koffern und unruhigen Gesichtern, eine großgewachsene Frau mit kurzen, blonden Locken lief strahlend auf einen kleineren Mann mit einem großen Kopf zu, die beiden umarmten sich, der Mann erinnerte Isabelle an Andras. York Way war auch am Tag still, an der Bushaltestelle wartete niemand. Im Sonnenlicht sahen die Häuser heruntergekommener aus als in der Nacht. Etwas blitzte auf, Licht, das eine Glasscheibe traf. Ein einzelner Baum, krüppelig, bewegte sich in einem Luftzug, auf dem Asphalt lag eine Papiertüte. Sie saugte ein, was sie sehen konnte, in einiger Entfernung einen behelmten Mann auf einem Kran, die rötliche Mauer. Sirenen gaben zwei oder drei Heultöne von sich, verstummten. An der Stelle, an der in der Nacht die Männer hinter den Planen hervorgekommen waren, blieb Isabelle stehen. Auch das, was einem selber zustieß, löste sich auf. Hier war nur ein heruntergekommenes Viertel, das abgerissen und wieder aufgebaut wurde, nichts weiter. Sie lief durch die kleinen Sträßchen, nicht bereit, sich abzufinden damit, daß nichts geschah, nichts geschehen war, es war sommerlich warm, sie spürte unter dem Rock ihre Schenkel, an den Füßen den Staub.

    Als sie um die Ecke bog, erkannte Jim sie sofort, verwirrt, ärgerlich, denn sie hatte hier nichts zu suchen, in seinem alten Territorium, das er so lange gemieden hatte, in diesen Straßen, die Mae entlanggegangen war, die er mit ihr überquert hatte. Da war sie, strich sich mit den Händen über den Rock. Er suchte in der Hosentasche nach Zigaretten, nach dem Feuerzeug, rauchte. Aber sie spionierte ihm nicht nach, dachte er, auch wenn sie an der Ecke der Field Street stand, als warte sie auf jemanden. Die alte Wohnung stand leer, und auch den Gemüsehändler gab es nicht mehr, niemanden, den er fragen konnte, nur noch ein Gerüst, eine Plane, die die Fassade verdeckte, im warmen Wind gegen die Eisenstangen schlug. Wie von einem Schlagzeug tönte hin und wieder ein gedämpftes Geräusch von den Baugruben durch den Verkehr. Jim schnippte die Zigarette in einen Gully, fingerte aus der Packung die nächste. Und sie kam näher, mit einem unentschlossenen, törichten Gesichtsausdruck kam sie näher, ging da, wo er nach Mae suchte, dann stolperte sie, riß den Kopf zur Seite, hob ihn und zuckte zurück, als sie Jim erkannte. Nirgends so viele Idioten und Spanner und Mörder, hatte Albert behauptet, um Mae, die sich vor einem Terroranschlag fürchtete, zu beruhigen. Die Toten, hatte er gesagt, würden nie da sein, wo man auf sie wartete. Wie schlafwandelnd lief Isabelle auf ihn zu, und er grinste, faßte sie am Arm, dann um die Taille, drückte so fest zu, daß sie aufstöhnte, und er tat, als wollte er sie küssen. Sie sah in seine Augen, schaute auf seinen Mund.
    Er sah wütend aus, sie wollte etwas

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