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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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eine Tasse Tee, was nicht ganz stimmte, sagte sich Jakob, als sie den Tee aus Plastikbechern tranken, denn man zahlte fünfzig Cent extra. Es war alles sehr staubig. Die Leute begrüßten sich, einige nahmen ihre Plätze ein, man sah nun doch elegante Frauen in langen Kleidern, Männer in hellen Anzügen, und Jakob hielt unruhig nach Bentham Ausschau, der nicht gesagt hatte, daß er kommen wollte, aber Jakob behielt die Tür im Auge, denn noch war Zeit, bis die Musik begann. Dann wurden die Türen geschlossen, das Licht legte sich matt auf die Stuhlreihen, die Empore, das hölzerne Podest, die Wände waren rissig und gelblich verfärbt, der Holzboden abgetreten, er knarrte unter Jakobs Schuhen, wenn er die Füße bewegte. Wie ärmlich das alles war, verschroben, lächerlich. Der alte Mann zu seiner Rechten stieß ihn in die Seite, versehentlich, ohne es zu bemerken. Schlaffes, altes Fleisch, dachte Jakob und heftete seinen Blick auf die Bühne, auf der eine Frau in einem gelben Umschlagtuch, mit weißen, engen Hosen stand und etwas ankündigte, worauf Stühle gerückt wurden, noch einmal verzögerte sich der Beginn des Konzerts, und drei Männer machten sich an dem Flügel zu schaffen. Isabelle küßte ihn auf die Wange, stand auf, um wieder hinauszugehen, Tee zu trinken, wie unverdrossen sie ist, dachte Jakob und stand ebenfalls auf, trat in die laue Frühsommerluft, der kleine Platz lag aufgerissen da, zur Hälfte von Bauzäunen abgetrennt, ein Nachzügler eilte über Holzbohlen, die den aufgerissenen Asphalt, die Wasser- und Abflußrohre bedeckten. Da ist sie, dachte Jakob, er spürte, wie Isabelle sich näherte, bevor er sie sah, und er schämte sich, als er sich umdrehte, sie beobachtete. Vor zwei oder drei Stunden hatten sie im Bett gelegen. Er hatte ihren Bauch und ihre Hüfte gestreichelt, die weiche, warme Haut, er hatte gewußt, daß es nichts Angenehmeres für ihn gab, und jetzt war er mißvergnügt, undankbar, weil seine heimliche und eigentlich unberechtigte Hoffnung, Bentham zu sehen, sich nicht erfüllte. Eine Klingel schrillte. Er küßte Isabelle, bevor sie hineingingen, die Frau mit dem gelben Umschlagtuch stand vor dem Podium, winkte, der Flügel war verschwunden, an seiner Stelle stand ein Cembalo, vor dem ein schlecht rasierter Mann ungeduldig darauf wartete, endlich anfangen zu können. –Keine Klaviermusik! rief er ins Publikum und hob die langen, braun gefleckten Hände. Als er begann, erschrak Jakob, aber alles schien in Ordnung, er versuchte zuzuhören, der Klang des Cembalos war ungewohnt, er schaute auf seine Füße und wieder zu dem Mann, der dort spielte, jeder Ton so deutlich wie ein spitzer, kalter Regentropfen. Es war unbarmherzig, wie er spielte, rachsüchtig, und das Publikum saß bewegungslos, eingeschüchtert, kein Laut, kein Rascheln oder Räuspern war zu hören, Jakob spürte Isabelles Körper nicht, sah nur den rechten, nackten Arm, glatt, ohne Gänsehaut. Sie saß unbewegt, sie hatte ihn vergessen.

    Es war ein regnerischer Junitag, der Park beinahe leer, nur am unteren Teich spielten zwei Kinder mit einem Holzschiffchen, eine Frau mit gerötetem, angespanntem Gesicht joggte vorbei, Jakob folgte ihr mit den Blicken und dachte an den Mörder, der vier Frauen mit einem Backstein erschlagen hatte, einem Backstein oder einem anderen stumpfen Gegenstand. Die eine mußte ihn gesehen haben, denn sie hatte mit ihrer Mutter in Norwegen telefoniert, als sie angegriffen wurde, und die Mutter, so stand in der Zeitung, hatte den kurzen Angstschrei gehört, das flehentliche Bitte nicht! , bevor die Verbindung abgebrochen war. In Batterfield Park sollte heute der zweite Mord nachgestellt werden, alle Zeugen waren aufgefordert, sich dort einzufinden, alle, die an jenem Tag vor zwei Wochen mittags dort gewesen waren, um spazierenzugehen oder zu joggen oder ihre Hunde auszuführen. Die Tote hatte man in einem Gebüsch gefunden, gegen drei Uhr.
    Wieder begann es zu nieseln. Jakob lief einen Hügel hinauf, auf eine Gruppe alter Bäume zu, Isabelle hatte ihn nicht begleiten wollen. Sonntag war ein Tag, mit dem sie beide nicht viel anzufangen wußten. Sie waren auf dem Portobello Market gewesen, im East End, in Greenwich, in der Durham Collection und letzten Sonntag in der Conway Hall. An einem der nächsten Wochenenden wollten sie nach Kew Gardens, bevor die letzten Rhododendren verblüht waren.
    Er beschäftigte sich mit dem Transportwesen, mit dem Schienennetz, der Koordination der

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