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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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osteuropäische und jüdische Katze, ungebeten wuchs sie, beanspruchte Platz. Er konnte ihr nur ausweichen, indem er unauffällig an ihr vorbeischlich.
    Dann fand er eine Nachricht von Isabelle, kurz und leichthin geschrieben, dabei eine Zeichnung, ein Mädchen rannte in einem roten Mantel, rannte hastig, wie in Panik davon, und er las, Das Nachbarskind ist das Vorbild, obwohl ich es auf der Straße noch nie gesehen habe, es darf wahrscheinlich nicht aus dem Haus und ist sehr blaß.
    Über das neue Büro schrieb sie nichts, schickte nur eine Vollmacht an Peter, Hans kümmerte sich um den Vertrag, und Andras sagte La´szlo´ , daß er für drei Wochen nach Budapest kommen würde. –Fahr nur, sagte Peter verärgert, es reicht ja, wenn einer da ist, der sich um alles kümmern kann. Du könntest allerdings ein paar neue Kunden aus Budapest mitbringen. Wenn hier keiner Akquise macht, muß man sie eben aus Budapest oder London importieren. Wie denkt ihr euch das eigentlich? Wir leben schließlich alle drei von der Agentur!
    Sie arbeiteten diese Nacht bis zwei Uhr morgens, und als sie sich am nächsten Tag wiedertrafen, nebeneinander im Fenster lehnten, sagte Peter: –Das war es doch, was wir wollten? Eine Grafik-Agentur? Sonja kam an die Tür, zwei Telefone in der Hand, winkte verzweifelt, da ein drittes klingelte, aber die beiden Männer ignorierten sie, lehnten am Fenster in der Sonne, sie fühlten sich wohl miteinander, –wenn Isabelle käme, wäre es auch nicht leichter, sagte Peter, aber wahrscheinlich vermißt du sie.
    –Ich vermisse sie gar nicht, das ist es ja. Weißt du, ich war neulich auf dem Friedhof bei Hanna. Und Magda meldet sich wirklich nicht mehr. Aber ich bin nicht niedergeschlagen. Wir machen weiter, es geht doch eigentlich sehr gut, wir sind bloß älter und vielleicht schneller müde, das ist alles. Ich habe mir vorgestellt, irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man weiß, jetzt gilt es, und dann trifft man eine Entscheidung. Womöglich stimmt das gar nicht. Als ich Jakob getroffen habe, bekam ich es mit der Angst. Als würde er etwas suchen, blindlings, und Isabelle rennt irgendwo hin, wie das Mädchen mit dem roten Mantel.
    –Für mich gilt nichts mehr, seit Hanna tot ist, sagte Peter langsam. Ich dachte, es liegt daran, an ihrem Tod. Die Arbeit läuft weiter, die Wohnung hat sich kaum verändert, Sonja zieht zu mir, ich wollte es dir schon länger sagen. Er lachte und fuhr sich mit der Hand durch das kurze, graue Haar. –Am Ende kriegst du noch deine Isabelle, obwohl ich gar nicht weiß, ob ich dir das wünschen soll. Magda ist ein anderes Kaliber.
    Sonja kam mit einem Zettel ins Zimmer, und Peter trat auf sie zu, küßte sie auf den Mund. –Ich habe es ihm gesagt. Nun gib uns schon deinen Segen, Andras!

    Ein paar Nächte später schreckte er aus dem Schlaf, schaltete mit zittrigen Händen das Licht ein, schaute auf die Uhr. Fast vier Uhr, zu spät, um Magda anzurufen. Aber nicht von ihr hatte er geträumt, sondern von Isabelle, sie stand in einem kahlen Zimmer im Neonlicht, nackt und älter, als sie in Wirklichkeit war, eine alternde Frau in einem kindlichen Körper und mit leerem, hilflosem Gesicht. Andras stand auf, ging ins Bad, zum ersten Mal störte ihn, daß der Spiegel voller stumpfer Flecken war. Er wickelte sich ein Handtuch um die Hüften und ging ans Fenster, zündete sich eine Zigarette an, hustete. Das Bild wich nicht, er suchte nach Isabelles Gesicht, das er liebte, doch was er sah, blieb fremd und bedrückend, als wäre dies ihr endgültiges Gesicht, so ängstlich und kalt. Aber, dachte er, sie war nicht alleine im Zimmer gewesen, und er erinnerte sich an den grauen Teppich, fleckig, abgetreten, selbst im Traum mußte sie sich wieder anziehen und gehen, und wer immer dort war, würde zurückbleiben. Um sechs Uhr duschte Andras, zog sich an, ging hinaus, traf den Zeitungsausträger, der vor ihm ausspuckte, der Morgen roch staubig, und in dem aufsteigenden Licht war nichts tröstlich, ein Zeitschriftenhändler lud Pakete von einem Laster, der Verkehr nahm endlich zu, zwei Polizisten musterten ihn gleichgültig, ein Zug fuhr vorbei. Wie er daran festhielt, daß Isabelle blieb, was er liebte, unversehrt, durchsichtig, ohne besondere Wünsche, ohne etwas, das befremdete, abstieß, ohne etwas, das weiterführte, aus der Gegenwart heraus in das Wirrwarr von Hoffnung oder Begehren oder Ehrgeiz. Altmodisch, dachte er, auf ihre Weise, aber vielleicht war sie manchmal

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