Die Händlerin von Babylon
tut doch nichts zur Sache. Ich werde sowieso nicht lang genug am Leben bleiben, dass die Wunden heilen, oder?«
Er umfasste mit einer Hand ihre Handgelenke. Seine Finger umschlossen ihre beiden Arme. Dann zog er sie sanft zu sich her. »Durch dein Opfer dienst du dem Gemeinwesen.«
Werde ich Widerstand leisten? Darf ich Widerstand leisten? Soll ich Widerstand leisten?
»Ich habe Asa versprochen, dich zu zähmen«, fuhr er fort.
Sie wehrte sich gegen seinen Griff.
»Um jener willen, die uns zuschauen, muss ich dabei gesehen werden«, erklärte er leise.
»Ein interessanter Spruch«, antwortete Chloe, wenn auch rauchig und mit zittriger Stimme. »Kannst du oft damit landen?«
Er beugte sich zu ihr herab, so dicht, dass sie die braunen und bernsteingelben Flecken in seinen Augen erkennen konnte. »Ich möchte dir nicht am Mund wehtun, aber ich muss dich jetzt küssen.«
»Das gehört mit zur Show, wie?«, flüsterte sie.
Dann berührte sein Mund ihren, und sie spürte seinen weichen, liebevollen, kurzen Kuss. Chloe musste sich eingestehen, dass sie sich wünschte, er würde ewig dauern, dass sie verführt werden wollte, dass Cheftu ihr die Sinne rauben sollte, bis sie jede vorgespielte Selbstbeherrschung aufgeben musste. »Hör nicht auf«, flehte sie ihn an.
»Bereitet dem Weib ein Bad!«, rief er über die Schulter. Einer der Sklaven verschwand. Der andere blieb. »Komm ins Haus«, sagte er. »Dort kannst du essen, schlafen, dich waschen. Bald kehren wir zum Tempel zurück.«
»Wir beide? Heute Abend?«, fragte sie.
»Noch früher.« Seine Stimme senkte sich zu einem hingehauchten Flüstern. »Ich muss diese Spione abwimmeln, bevor ich dich berühren kann.«
Ihr knickten die Knie ein.
Er fing sie auf und presste sie gegen das heiße Gold, das seine Brust schmückte. »Spiel einfach deine Rolle weiter«, raunte er ihr zu. »Und lass dir gesagt sein, dass es mich fast umbringt, meine zu spielen.«
Cheftu trug Chloe ins Haus, hob sie in die Wanne und ließ sie dann alleine baden. Nach dem Essen versorgte ein Sklave ihr blaues Auge, ein zweiter ihre Wunden und Prellungen, und ein dritter fächelte ihr im Schlummer Luft zu.
Bestimmt war es draußen inzwischen dunkel; wie ein Rinnsal zog kühle Luft durch die vollgepferchte Zelle. Den Kopf auf die Knie gebettet, hatte Guli sich ausgeruht.
»Was ist passiert?«, fragte sie schließlich. »Ich wollte dich zum Essen einladen, aber du warst nirgendwo aufzutreiben. Dann habe ich von Ningal gehört, dass du einen Mann umgebracht hast. Deinen Besitzer.«
Guli lächelte. Wenn Ulu sich nur hören könnte - sie klang wie eine richtige Dame. Inzwischen saß sie sogar wie eine Dame, statt lasziv vor ihm zu lümmeln.
»Das ist egal«, antwortete er. »Ich habe Viza getötet und würde es jederzeit wieder tun. Ich wünschte nur, ich hätte es früher getan.« Bevor Viza noch mehr Menschen ins Unglück gestürzt hatte. »Und du? Erzähl mir was, Um.«
»Ich habe einen Sohn«, setzte sie an.
Als sie ihre Geschichte zu Ende erzählt hatte, hätte Guli am liebsten einen weiteren Mord begangen. »Du brauchst nicht als Ersatz zu gehen«, beschwor er sie. »Ich werde dich einfach nicht schminken, dann müssen sie Puabi nehmen.«
Ulu schniefte, das erste Zeichen ihrer Mutlosigkeit, das Guli hörte. »Ezzi hat sich so für mich geschämt, dass er sogar meinen Tod geplant hat. Und er war so sicher, dass er mich überreden konnte, mein Leben für seines hinzugeben, dass er Puabi meinen Namen genannt hat, noch bevor er mich angelogen hat, bevor er mich in die Falle gelockt hat. So gleichgültig bin ich ihm -« Danach blieb sie lange stumm. Guli streckte den Arm aus und fasste ihre heiße, klebrige Hand.
»Wenn er schon so viel in Bewegung gesetzt hat, damit ich sterbe, dann werde ich eben sterben«, sagte sie.
Er schloss sie in die Arme.
»Chloe?«, wiederholte Puabi. »So hieß sie?«
»Das Marschmädchen, genau«, bestätigte Rudi. »Komm, der En hat gesagt, wir müssten los.«
»Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Nein«, wehrte sich Pua-bi. »Ich werde nicht verschwinden, bevor ich nicht dieses Mädchen gesehen habe.«
Rudi zog die Stirn in Falten. »Was willst du damit bezwek-ken? Puabi, dein Leben steht auf dem Spiel. Dies ist nicht der Zeitpunkt für eifersüchtige Spiele.«
»Chloe. Diesen Namen hat er an jenem Morgen ausgerufen, als ich ihn für tot gehalten hatte. Weißt du nicht mehr? Er hat sogar dich mit Chloe angesprochen. Wer ist dieses Weib? Woher kennt
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