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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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hatte, seit er kein Opium mehr nahm. Ningal hatte großen Gefallen an dem Gespräch vor wenigen Tagen gefunden. Dieser Mann war eindeutig mehr als nur ein Ringer und Tempelhengst. Er hatte auch Verstand.
    Noch während Kidu sich in seinen Stuhl sinken ließ, winkte er nach Essen und Trinken. »Was brauchst du von mir?«
    »Das Weib Chloe«, antwortete Ningal. »Sie ist verschwunden, und ich bange um ihr Wohlergehen.«
    »Das Weib Chloe«, wiederholte Kidu. Der Name kam ihm ganz leicht über die Zunge - auch wenn er sich aus seinem Mund ein wenig anders anhörte. »Sie wohnt bei dir, wenn ich mich recht entsinne?«
    »Ja, Herr. Danke, dass du dich ihrer erinnerst. Ich fürchte um ihre Sicherheit.«
    Der En warf einen Blick auf den Schreiber, der sich Notizen machte, auf den fächelnden Sklaven, auf den Wein einschän-kenden Sklaven und auf die beiden im Schatten der Mauer lagernden Mädchen, bevor er wieder Ningal ansah. »Ich werde sehen, was ich machen kann«, versprach er und erhob sich.
    Dabei wusste er noch gar keine Einzelheiten, dachte Ningal. »Sie wollte zu uns nach Hause zurückkommen -«
    Der En sah ihn an, und Ningal rätselte, ob er sich das Mitgefühl im Blick des Mannes nur eingebildet hatte. »Fürchte nicht um sie, ich bin überzeugt, dass es ihr gut ergeht.«
    »Hast du von ihr gehört?«, wollte Ningal wissen.
    Der En zögerte. »Ich werde dir eine Nachricht zukommen lassen, sobald ich einige Erkundungen eingezogen habe.«
    »Es gibt da im Haus der Tafel ein paar Burschen. Die haben sie schon einmal verprügelt. Ich glaube, sie haben sie entführt.«
    Die Augen des En wurden schmal, bis er Ningal an eine riesige Katze kurz vor dem entscheidenden Sprung erinnerte. »Sie werden nicht ungeschoren davonkommen«, versprach er.
    »Lass nach ihr suchen«, flehte Ningal. »Bitte. Ich werde alle Kosten übernehmen, ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, aber bring sie wieder zu mir zurück. Mehr wünsche ich nicht.« Er sah den jungen Mann an. »Vielleicht verstehst du das nicht, weil es dir verboten ist zu heiraten oder dich auf eine Frau zu beschränken, aber sie ist alles, was ich habe. Ich habe sonst niemanden. Nur Chloe.«
    Der En starrte ihn an, und plötzlich war jede Wärme aus seinem Blick verschwunden. »Geh jetzt.«
    Ningal wurde zur Tür hinaus und in den Gang geführt. Sein Umhang war schweißgetränkt, und seine Beine waren wacklig wie nach einer Tageswanderung. Wer konnte ihm sonst noch helfen? Er ahnte, dass Chloe für den En an allerletzter Stelle kommen würde. Wer kannte Chloe überhaupt, wer schätzte sie? Wer - Nimrod. Ningal streckte die Schultern durch, trat aus dem Tempel und schlug den Weg zum Haus des Lugais ein.
    Nimrod öffnete die von Kidu gesandte Nachricht. Sie bestand aus einem einzigen Wort.
    »Jetzt.«
    Während sie wartete, beobachtete Chloe den Alten, den Cheftu ihr an die Seite gegeben hatte, als sie in aller Stille und in zwei verschiedenen Karren zum Tempel zurückgekehrt waren. Dieser alte Kerl war ein Diener, denn er musste dauernd fort. Wenn er mal nicht weg war, dann spielten er und Chloe Dame und verspeisten die Überreste eines Festmahls. Sein Zimmer hatte zwar kein Fenster nach draußen, aber wenigstens war es nicht heiß.
    Nachdem der alte Diener ihr wieder zu essen gegeben hatte, brachte er ihr etwas anzuziehen. Sie zog sich aus, er rieb Weinrauch und Goldstaub in ihre Haut, und dann verbarg er ihre Haare unter einer Perücke. So fängt alles an, dachte Chloe.
    Dies ist mein erster Auftritt als Ensi Puabi. Was würde wohl passieren, wenn ich mitten in meiner Ansprache oder während der Prozession stehen bleiben und erklären würde, dass ich gar nicht Puabi bin.
    Ich wäre auf der Stelle tot, erkannte sie.
    Der Alte behängte ihren Hals, die Arme und ihre Haare mit einem ganzen Piratenschatz an Geschmeide. Dann bemalte er mit sorgfältigen Strichen ihre Augen, wobei er überrascht murmelte, als sie das zweite aufschlug und er die unterschiedliche Färbung bemerkte. Sie konnte sich nicht erklären, warum nicht beide grün geworden waren, nachdem sie ganz zu sich gekommen war - jedenfalls waren sie verschiedenfarbig geblieben. Er machte sich weiter ans Werk. Zu guter Letzt lächelte er und klatschte in die Hände.
    Zwei Sklaven traten ein. Flankiert von den beiden und gefolgt von dem Alten wurde Chloe über eine schmale Treppe in herrschaftliche Gemächer voller Blumen geführt, in denen verstreut die Hinterlassenschaften eines überhasteten Aufbruchs

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