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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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lagen. »O Gott, es stimmt also«, flüsterte Chloe.
    Hier konnte sie die Gesänge der Priester, die hellen Sopranstimmen der Priesterinnen hören. Es war schon wieder dunkel. Ich habe so viel Zeit verloren, dachte sie. Meine letzten Tage hätte ich mir eigentlich anders vorgestellt.
    Eine Abordnung erschien vor ihrer Tür. Der Alte verhängte ihr Gesicht. Sie verließen den Palast und zogen über die breite Straße zum Stufentempel. Am Fuß der Treppe behängte man sie mit Blumen. Shama bedeutete ihr weiterzugehen, und Chloe trat auf die unterste Stufe.
    Sieben Tempelstufen: weiß, schwarz, rot, blau, orange, silber und gold. Sechzig Treppenstufen pro Tempelstufe. Es würde ein langer Aufstieg werden.

    Stufe um Stufe stieg Cheftu die Treppe hinauf. Unten wartete sein Gefolge, und ganz oben, im blauen Tempel des Himmels, auf der goldenen Bühne, wartete Chloe. Er war erschöpft; und wegen seiner vielfältigen Aufgaben hatte er den ganzen Tag keine Zeit zum Essen gehabt.
    Die Speicher des Tempels waren inzwischen aufgeteilt. Den ganzen Tag und die ganze Nacht hatten die Mandanten, Freien und Adligen ihre Opfergaben abgeliefert; ihre Schätze türmten sich an den Mauern des Tempels. Tempelsklaven und Priester hatten den Tunnel zu der uralten Gruft ausgehoben. Deren Dach bildete den Boden der neuen Gruft, die mittlerweile mit Matten ausgelegt darauf wartete, in Beschlag genommen zu werden. Andere Priester waren damit beschäftigt gewesen, das gewölbte Ziegeldach zu festigen.
    Bis die »neue« Ensi eingesetzt war, hatte Cheftu schwer an seinem Amt zu tragen. Er allein würde sich davon überzeugen müssen, dass die Frauen tot waren, dass das starke Rauschmittel, das sie nehmen mussten, gewirkt hatte. Priester aus dem innersten Zirkel würden die anschließend in die Gruft geführten Tiere töten, die Opfergaben ablegen und schließlich den Zugang verschütten.
    Während er gleichzeitig Chloe retten musste.
    Ganz oben, auf der goldenen Plattform des Stufentempels, zog Shama den Vorhang aus Silberstoff zurück, der den Eingang verhüllte. Wie geblendet blickte Cheftu auf die Wände aus gehämmertem Gold, in denen der dutzendfache Widerschein einer einsamen Kerze schimmerte. Kaum war Cheftu eingetreten, ließ Shama den Vorhang wieder fallen.
    Es war ein Riesenzimmer, ein Zimmer für Götter, nicht für Sterbliche. Alles darin war aus Gold gefertigt; das Bett maß drei Meter, Stuhl und Tisch waren entsprechend groß. Die Frau, die, in edelste Tücher und Geschmeide gehüllt, neben dem Bett stand, wirkte wie ein Feenwesen. Zerbrechlich, elegant und ebenfalls wie aus purem Gold.
    Dann drehte sie sich zu ihm um.
    Puabi.
    »Chloe«, hörte sie eine vertraute Stimme, »sobald du um die nächste Ecke biegst, duck dich in den Schatten.«
    Nimrod.
    Sie zögerte.
    »Kidu hat mich geschickt«, sagte er.
    Chloe wäre beinahe gestolpert, konnte sich aber eben noch abfangen und bog um die Ecke. Dort wartete eine andere Frau - eine große Blonde, die Chloe nicht ähnlicher sah als Godzilla. Immerhin war es eine Frau. Nimrod stellte ihr die Blonde als seine Frau Nirg vor, während er ihr gleichzeitig Chloes Schleier und Perlen überwarf. Dann war sie verschwunden, weiter aufwärts dem kleinen blauen Raum zu, sodass jeder, der von unten zuschaute, sie sehen konnte. Nachdem Nirg vor allen Augen den Raum betreten hätte, würde sie im Schatten wieder nach unten in den Hof schleichen.
    »Wo ist Kidu?«, fragte Chloe.
    »In dem Raum ganz oben«, antwortete Nimrod. »Aber wir werden woanders hingehen.«
    »Und wohin?«, wollte sie, seine Hand nehmend, wissen. Er drückte auf die Wandvertäfelung, und hinter einer Luke in der Mauer kam eine waagerechte Steinplatte zum Vorschein.
    »Setz dich hin«, riet er ihr, während er sich auf dem Stein niederließ. »Es geht ziemlich schnell abwärts.«
    Ein Speiseaufzug, dachte Chloe, während sie rasant nach unten rauschten. Und jetzt bin ich mitten in der Zikkurat? Ich dachte immer, die wären massiv. Die Landung war hart, aber Nimrod entschuldigte sich nicht dafür, er wartete auch nicht ab, sondern schleifte Chloe einfach hinter sich her durch zahllose Gänge. »Sind wir immer noch im Tempel?«, wollte sie wissen.
    »Momentan befinden wir uns darunter. Laut den Geschichten aus dem Einst reichen diese unterirdischen Gänge bis zu den Bergen. Hier haben sich seit Urzeiten die Menschen versteckt, wenn sich die Götter gegen sie wandten.«
    Als sie endlich vor einer Tür stehen blieben, war Chloe

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