Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
Vom Netzwerk:
waren nur noch leise zu hören, vor allem im Vergleich zu ihrem Magen, der sich laut, gesprächig und ziemlich verärgert bemerkbar machte. Die Worte »Für seine Schüchterne Dame« zogen ihr durch den Kopf, und Chloe verfluchte unwillkürlich ihre Englischlehrerin. Doch die Ängste der vergangenen Nacht waren verflogen - vielleicht, weil Chloe sich in ihrer Phantasie allzu oft das Schlimmste ausgemalt hatte.
    »Psst -«
    Das Geräusch ließ sie hochschrecken; sie konnte nicht feststellen, woher es gekommen war. Doch bestimmt nicht aus der Gruft?
    »Psst -«
    »Psst -«, zischte sie zurück. In der Hoffnung, dem Richtigen zuzuzischen.
    »Chloe -« Es war Nimrod, der ihren Namen immer irgendwie exotisch aussprach, obwohl er ihr erklärt hatte, dass er auf Sumerisch »kleiner Erdbollen« bedeutete. »Bleib, wo du bist.«
    »Ja -«
    »Es gibt ein Problem. Es wird länger dauern.«
    Länger? Wie lange denn noch? »Ja -«
    »Braves Mädchen«, sagte er. »Ich lasse dir etwas zu essen da. Sei vorsichtig, bleib leise und kehre in die Gruft zurück, sobald du es hast. Dort bist du am sichersten. Ich werde dich dort holen kommen. «
    Das Geräusch eines weichen Aufschlags.
    Der Tunnel war ziemlich lang, insgesamt ungefähr ein paar hundert Meter. Trotzdem lag am anderen Ende etwas zu essen. Ob Ratten wohl auch so dachten, überlegte sie, während sie durch den Staub, die Spinnweben, den Dreck huschte. Sie schnappte sich den Beutel, wagte einen Blick nach oben, schaute in einen sternenklaren Himmel und flüchtete zurück in den Tunnel. Zu Tod und Verwesung.
    Wenigstens hatte sie etwas zu essen.
    Gebratene Wachtel, Gerstenbrot und Erbsenbrei, begleitet von einem Krug Dattelwein. Aus Ningals hoch geschätztem Vorrat, zweifelsohne.
    Sie ließ den Krug sinken und lehnte sich nachdenklich zurück. Dann wickelte sie ihre Mahlzeit wieder ein und drehte sich so um, dass sie auf die Knie kam. Sie versuchte es erst mit gefalteten, dann mit verschränkten Händen und verharrte schließlich mit im Schoß verwobenen Fingern.
    »Ich muss mich bei Dir entschuldigen«, flüsterte sie in ihrem ersten nicht anklagendem Gebet. »Ständig habe ich mich über meinen Körper und diesen Ort beklagt und beschwert, gefragt warum und wo und noch mal warum. Du hast mir Freunde geschenkt, Menschen, die sich um mich gekümmert haben und sich weiter um mich kümmern, selbst als ich nicht wusste, dass ich sie nötig hatte. Ningal, der sich entschloss, mich zu schützen und zu fördern. Ningal, der mich nicht für verrückt hielt, als mir aufging, dass ich und das Mädchen aus den Marschen im selben Körper stecken. Dass wir derselbe Mensch sind. Und Cheftu, Gott, du hast Cheftu zu mir geführt. Als En ist er der Einzige, der beschließen konnte, mein Leben zu retten. Vermutlich ist es ein Witz, wenn ich sage, dass es mir vorkommt, als hättest du alles von Anfang an gewusst.«
    Sie schob sich eine Locke hinters Ohr. »Und vielen Dank für diesen Körper. Ich gefalle mir sehr gut so, wie ich jetzt aussehe, und ich fühle mich in meiner Haut wohler als je zuvor. Ich fand mich immer zu blass. Das kann ich jetzt nicht mehr behaupten«, lachte sie leise. »Ich bin ein echt heißes Baby. Wahrscheinlich sollte ich nicht so mit Dir reden, aber wem sollte ich damit was vormachen? Ich war so unglücklich in Jerusalem, aber das habe ich erst gemerkt, als ich hier gelandet bin.
    Ich weiß nicht, wie ich hierher gekommen bin, dazu muss ich Cheftu befragen, aber trotzdem vielen Dank. Wenn wir noch in einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort landen sollen, dann musst du mir das superdeutlich zeigen, weil ich hier auf gar keinen Fall weg möchte. Und o Gott, du hast Cheftu einen wirklich erstklassigen Körper ausgesucht. Ich weiß, er ist ein bisschen durch den Wind wegen allem, aber ... das weißt du
    wahrscheinlich selbst.«
    Sie sah zu dem gemauerten Kuppeldach des Ganges auf. »Man sollte eigentlich meinen, inzwischen hätte ich es begriffen, aber nein. Das ist keine Kraftprobe oder so, aber Gott, ich werde nie wieder an dir zweifeln. Du hast mir noch jedes Mal aus der Patsche geholfen. Und wenn ich dich einfach tun lasse ... was du am besten tust, dann endet es stets besser, als ich mir je erträumen könnte.«
    Sie spielte an den Perlen ihres Gürtels herum. »Ich schätze, das war alles, ich wollte mich einfach nur in aller Form entschuldigen. Ich kann irgendwie kaum glauben, dass du so für mich sorgst, wo du dich doch um die ganze Welt kümmern musst. Durch

Weitere Kostenlose Bücher