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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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seinen Armen. Keiner von beiden hatte noch genug Energie, um auch nur einen Finger zu heben; den übrigen Bewohnern von Ur schien es nicht anders zu gehen, denn auf den Straßen war kein Laut zu hören. Erschöpfung hatte die gesamte Bevölkerung übermannt. Und Kummer.
    Kummer war ganz und gar nicht das, was Chloe empfand. Erschöpfung allerdings sehr wohl. Sie hatten beide wie die Könige gespeist und anschließend jede Kalorie verbrannt, wenn nicht noch mehr. Die Zeit zusammen mit Cheftu verschwamm zu einem einzigen köstlichen erotischen Traum. Ihre Wortwechsel hatten sich auf das Notwendigste beschränkt: heiß, aber präzise.
    »Wer ist sie?«, murmelte sie.
    »Das würdest du mir sowieso nicht glauben«, sagte Chloe. »Aber . wie bin ich eigentlich hierher gekommen?«
    Cheftu schnarchte.
    Sie stupste ihn mit dem Ellbogen. Offenbar war sie müde: Es war das erste Mal, dass sie seinen Bauch berührte und nicht schlagartig von nackter, animalischer Lust übermannt wurde. »Wie bin ich hierher gekommen?«
    »Kannst du dich an irgendwas erinnern?«, fragte er. Seine Stimme klang wesentlich wacher, als sie sich fühlte. »Aus Jerusalem?«
    »Halb. Hatte ich mir den Kopf angeschlagen?«
    Seine Hand fuhr über ihren Kopf und ertastete die Narbe der halb verheilten Wunde. »Allerdings.«
    »Das Marschmädchen offenbar auch. Und genau da haben wir uns ... vereint. Schätze ich.«
    »Hmmm ...«, sagte Cheftu.
    »Woran erinnerst du dich noch? Warum sind wir hier? Wie sind wir hierher gekommen? Warum bist du so spät gekommen, oder warst du von Anfang an hier? Habe ich vergessen -«
    »Ich hatte jedenfalls vergessen, wie schwatzhaft du werden kannst, wenn dein Magen voll ist und du entspannt bist«, neckte er sie.
    Sie schwieg ein paar Sekunden. »Und - beantwortest du meine Frage?«
    Cheftu küsste sie auf den Scheitel. Wortlos.
    »Und?«
    Er blieb so lange stumm, dass sie beinahe eingeschlafen wäre. »Es gab einen Brand«, sagte er. »Und zwar während der Tagundnachtgleiche im Frühling, in der es zufällig auch eine Mondfinsternis gab. Du lagst im Sterben. Ich -« Er presste die Lippen auf ihre Schläfe. »Ich habe Gott angefleht, dich irgendwohin zu bringen, wo du überleben kannst, wo du Glück und Erfüllung finden kannst. In Jerusalem gab es für dich keines von beidem. Weder Glück noch Erfüllung.«
    Chloe lauschte mit angehaltenem Atem.
    »Ich habe, ich weiß nicht, bestimmt stundenlang auf einen Atemzug von dir gewartet. Und schließlich bist du mir entglitten. Danach konnte ich nur noch hoffen.«
    »Und wie bist du hierher gekommen?«
    Sein Lachen war ohne jede Heiterkeit. »Das war gar nicht so leicht. Du warst wie vom Erdboden verschluckt. Zeugen hatten beobachtet, wie ich das Haus betreten hatte und nicht wieder herausgekommen war. Leichen hat man keine gefunden. Ich hauste in den Katakomben, ernährte mich von allem, was ich finden konnte, betete von früh bis spät. Und wartete. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, dass die astrologischen Daten unseres Geburtstages irgendwas mit der Finsternis zu tun haben mussten.«
    »Und?«
    »Ich weiß es immer noch nicht. Ich blieb in den Katakomben, bis es im Frühsommer einen weiteren Blutmond gab. Da habe ich zu Gott gefleht.«
    Daraufhin drehte sie sich um und schlang die Arme um seinen Leib. »Du hast mir das Leben gerettet«, flüsterte sie. »Du ...«
    »Psst, Chérie. Du bist meine Geliebte. Ohne dich hat mein Leben keine Bedeutung.«
    »Und für die Menschen in Jerusalem sind wir einfach verschwunden?«
    Er nickte. »Genau.«
    Sie schlief wieder ein, diesmal unaufhaltsam. »Ich möchte hier bleiben«, murmelte sie. »Hier gefällt es mir.«
    »Wir werden dieses Gemeinwesen verlassen«, widersprach er. »Wir müssen. Was die Öffentlichkeit angeht, bist du gestorben.«
    Sie nickte. »Trotzdem will ich weiter unter diesem Volk leben, unter den Menschen, die so denken. Sie sind der Ursprung der Zivilisation. Weder die Griechen noch die Ägypter oder die Menschen der Renaissance haben irgendetwas erschaffen, das diese Menschen nicht bereits erdacht hatten. Wahrscheinlich verstehen sie sogar was von Kernspaltung.«
    »Was für Kerne spalten sie?«, fragte er verständnislos.
    »Ach, auch egal, es ist nur so, dass ... ich einfach hier bleiben möchte. Die Menschen hier sind so schlau, dass sie schon im dreizehnten Jahrhundert auf den Mond fliegen könnten. Hier braucht es kein dunkles Mittelalter.«
    Er streichelte ihren

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