Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
Vom Netzwerk:
Fortpflanzungslinie.«
    Chloes Blick fiel auf Cheftu; er wollte ebenfalls, dass sie ging. Er wollte wissen, wovon Asshur sprach, und das würde er nur erfahren, wenn sie verschwand. In dieser Hinsicht waren sie ein Team.
    »Na gut«, meinte sie. »Dann schaue ich mir mal das Tor zur Unterwelt an.«
    Wie Taxis warteten die Schlitten in einer langen Reihe vor der königlichen Residenz. Chloe kletterte in den vordersten und erklärte dem Fahrer, wohin sie wollte. Uruk war eine schöne, bunte Stadt, ernster als Ur und Larsa, doch das rührte mögli-cherweise daher, dass die Bevölkerung insgesamt deutlich älter war. Nicht viele Kinder liefen durch die Straßen, und Chloe sah zahllose Schlitten, die - genau wie Taxis - Menschen von einem Stadtgebäude oder Tempel zum anderen brachten.
    »Was ist das?«, fragte sie ihren Fahrer. Vor jeder Tür standen riesige, in den Boden versenkte Steine, die mit feinen Inschriften überzogen waren.
    »Die Richtstandarten«, antwortete er. »Hier ist das Gerichtsviertel. Jeder Richter verewigt seine besten Entscheidungen, indem er sie in Stein meißeln lässt. Auf diese Weise weiß man gleich, was einen erwartet. Manche urteilen in Zivilverfahren strenger als im Strafverfahren, manche sind auf Vertragsrecht oder Verhandlungen über Grundeigentum spezialisiert. Wenn man weiß, an wen man sich wenden muss, spart man Zeit und Kosten.«
    Sie hätte gern gefragt, ob man hier auch Urteilsabsprachen kannte, konnte das Konzept jedoch nicht in Worte fassen. Der Schlitten hielt neben einem öffentlichen Park an. »Das Tor zur Unterwelt liegt gleich unten an dieser Treppe«, sagte er, auf eine Höhle im Erdreich deutend. »Hast du eine Gabe mitgebracht?«
    Chloe erstarrte; das hatte sie vergessen.
    »Andernfalls sind dies hier ganz wunderbare Wächter«, beruhigte er sie, wobei er eine Decke auf dem Platz an seiner Seite zurückschlug und ein paar unförmige Figuren mit riesigen Augen enthüllte. Welche davon männlich oder weiblich waren, war kaum festzustellen. Chloe tauschte ein paar Perlen aus ihrem Gürtel gegen einen angeblich weiblichen »Wächter« und stieg aus.
    »Wenigstens waren es keine Rolexuhren«, dachte sie. Obwohl die Taxichauffeure in Saudi-Arabien meist CartierImitationen feilgeboten hatten.
    Niemand schien hier zu sein. Keine Wachposten, keine Priester, nichts und niemand war zu sehen. Dann gehe ich wohl einfach rein, dachte sie und ging nach unten.
    »Erzähl mir von dem Wasser deiner Vorfahren«, sagte Asshur. Sein Blick wirkte lüstern, noch viel lüsterner als der Blick, mit dem er gestern Abend Chloe angesehen hatte. Cheftu hatte das unbestimmte Gefühl, dass die Reisenden aus Ur allesamt manipuliert wurden, aber zu welchem Zweck? »Woher hatte er es? Wann hat er es zu trinken begonnen? Wie alt war er, als er sein erstes Kind zeugte? Wann hat -«
    Cheftu hob die Hand. »Darauf weiß ich keine Antworten«, sagte er. »Verzeih mir, aber ich kann dir nicht helfen.« Das war die Wahrheit; Kidus Erinnerungen waren bestenfalls verschwommen. Nicht so sehr fassbare Gedanken als vielmehr Emotionen und Reaktionen. Daher rührte auch Cheftus Unfähigkeit, sie unter Kontrolle zu halten. Obwohl ich bei einer ganzen Reihe von grünäugigen Frauen standhaft geblieben bin. »Wonach sucht ihr eigentlich?«, fragte er Asshur.
    »Mein Alter bemisst sich in Jahrhunderten«, war Asshurs Antwort.
    Jahrhunderten, Plural?
    »Ich sage dir keine Unwahrheit. Ich war das letzte Kind, das vor der Großen Flut geboren wurde.«
    Cheftu blinzelte; meinte er etwa jene Sintflut, die man mittlerweile nur noch für eine Legende hielt?
    »Ein langes Leben war den Menschen und ihresgleichen vergönnt. Sie reiften später, bekamen viel später weniger Kinder, und sie lernten langsam, aber mehr, da sie Zeit genug hatten. Der Erste Vater starb mit 930 Jahren, und er bekam erst mit 130 Jahren seinen ersten Sohn.«
    Die Zahlen waren Cheftu, dem Gelehrten, durchaus vertraut; die Geschichte dazu kannte Kidu, der Mann aus den Bergen.
    »Woher rührt deiner Meinung nach wohl die Kenntnis der Schwarzhaarigen? Keine Familie könnte in einer einzigen Generation alles über die Tiere, das Land, die Metalle, die Medizin und das Schreiben lernen - es sei denn, diese Generation würde Hunderte von Jahren überdauern. Die Menschen dieser
    Generation waren, sind nichts anderes als Ziusudras Kinder. Du hast selbst gesagt, dass mein Onkel Japheti schon alt ist, aber immer noch reist.«
    Cheftu hatte Chloe gegenüber behauptet,

Weitere Kostenlose Bücher