Die Händlerin von Babylon
es dich?«, fragte Asshur Cheftu. »Wir könnten uns auf eine Trinkpause einigen.«
»Sehr gut«, schnaufte der Blonde.
»Trinken!«, befahl Asshur. Die Menge jubelte. Der Priester brachte einen Krug ähnlich den beiden auf ihren Köpfen und zwei Trinkhalme.
»Ihr müsst beide vereinbaren, nicht zu drücken«, mahnte der Kampfrichter. »Schwört, den anderen während der Ruhepause nicht zu übervorteilen.«
Nachdenklich auf der Unterlippe kauend, beobachtete Chloe die beiden. Beide behielten ihren Griff bei, schlürften aber gierig das kühlende Bier weg, bis der Krug geleert war und der Priester ihn wieder wegnahm.
»Bei drei beginnt der Kampf von neuem«, kündigte der Kampfrichter an. Die Musik setzte ein, die Menge jubelte, der Wettstreit begann wieder. Cheftu reagierte zu spät, weshalb Asshur ihn einen Schritt zurückdrängen konnte. Die Menge brüllte auf und begann seinen Namen zu skandieren: Asshur, Asshur, Asshur.
Doch Cheftu rührte sich nicht mehr vom Fleck. Fast als hätten sich seine Beine in Palmenstämme verwandelt, die fest im Boden wurzelten. In regelmäßigen Abständen versuchten er und Asshur, den Krug des Gegners zu zerschmettern. Doch jedes Mal waren beide Köpfe so dicht beieinander, dass jede auch nur angedeutete Bewegung dem Gegner Zeit zum Ausweichen ließ.
Sie kämpften immer noch, als schon der Mond über den Himmel segelte.
Die Schwärze der Nacht hatte sich gelichtet, und Cheftu konnte sich nicht mehr rühren. Seine Hände, selbst diese großen, kräftigen Kidu-Hände, lagen wie schmerzende Schraubstöcke um Asshurs Arme. Seine Beine waren wie festgefroren. In Wahrheit umarmten die beiden Männer einander nur noch mit voller Kraft. Seit Stunden war kein Wort mehr gefallen.
Was war, wenn keiner gewann?
Cheftu hörte ein Kratzen am Boden. »In wenigen Augenblik-ken wird Inana unsere Welt verlassen und in die andere übergehen«, verkündete der Kampfrichter. »Der Kreis ist enger geworden. Wer bis zum Sonnenaufgang seinen Gegner herausdrängt, hat gewonnen.«
Die Menge jubelte, wenn auch deutlich weniger begeistert als anfangs. Cheftu vermochte nicht zu sagen, wie nahe er am Rand des Kreises stand, darum schob er wieder vorwärts. Asshur ließ ihn seine Kraft spüren und erwiderte den Druck. Chef-tus Zehen krampften sich in den Boden, während aus seinem Rücken und seinen Schultern langsam die Nachtkühle wich.
Asshur schrie auf, und der Druck auf Cheftus Arme verdoppelte sich. Er brüllte ebenfalls, verstärkte seinen Griff und rammte mit dem Kopf gegen Asshurs Krug. Das Geräusch von splitterndem Lehm, aufbrandendem Lärm und dem Dröhnen in seinem Schädel verschmolz zu Schwärze.
»Wir wollen uns das Tor zur Unterwelt, nach Kur anschauen«, sagte Chloe. »Aber ich schätze mal, dass du nicht mitkommen möchtest.«
Cheftu zog mühsam ein Lid in die Höhe; sie saß am Fußende des Bettes, mit einem Heiligenschein von Sonnenlicht im Rük-ken.
»Kopfweh, wie?«, fragte sie.
»Ja.«
»Ich bin froh, dass du gewonnen hast«, sagte sie.
Er schloss die Augen. »Moi aussi.«
»Was hat dich eigentlich dazu getrieben -?«
»Kidu«, spie er aus und wälzte sich herum. »Bevor Puabi ihn in die Stadt lockte, lebte Kidu als Kämpfer in den Bergen.«
»Als du die Herausforderung gehört hast, hast du also -«
»Ich war keinem vernünftigen Gedanken mehr zugänglich«, murmelte er durch das Kissen.
»Du warst wirklich sexy.« Sie fuhr mit dem Finger über seinen Rücken. »So verschwitzt und zornig und wild.«
Er hätte gern geschlafen, um diesen Irrsinn zu vergessen, doch ihre Berührung war ebenso wenig wegzuleugnen wie die anderen Begierden, die er spürte und um jeden Preis stillen musste. »Wann geht ihr in die Unterwelt?«, fragte er. Ihre Hände lagen auf seinen Schultern und kneteten die Muskeln in seinem Nacken. Er spürte die Wärme ihrer Haut und roch ihren so weiblichen Duft. Cheftu stöhnte. »Chérie! «Er drehte sich auf den Rücken, um etwas Zeit zu erflehen oder - er sah ihr Gesicht. »Ich werde es nie schaffen, dir zu widerstehen«, gab er sich geschlagen.
Sie lächelte. »Leg dich einfach zurück und entspann dich. Ich übernehme den Rest.«
»Dein Gefährte schläft?«, fragte Asshur, als er Chloe im Gang des Palastes begegnete. Ihm folgten weder Leibwächter noch Gehilfen oder Schreiber.
Auch der laszive Blick war verschwunden.
»Ja«, antwortete Chloe gleichmütig. So aus der Nähe betrachtet, konnte sie kaum fassen, dass dieser Mann Cheftu gestern
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