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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Verhältnis zu seinem Körper unverhältnismäßig leichtgewichtig, was ihn zum perfekten, leicht verführbaren Wasserträger innerhalb der Tempelhierarchie machte. Kidu sollte der nächste Hohepriester, der nächste En werden.
    Shama nahm seinen neuen, mit Troddeln besetzten Schurz und erklomm die Stufen. Wenn er richtig rechnete, konnte er sich erst mal aufs Ohr legen, bevor er wieder gebraucht wurde.
    Die Bevölkerung von Ur tanzte in den Straßen unter ihnen. Doch Ezzi hörte die ekstatischen Freudenschreie nicht. Aus seinem Gesicht war jedes Blut gewichen, und er fühlte sich krank. »Schlecht?«, wiederholte er. »Es ist ein schlechter Stern?«
    »Ein bösartiger Stern«, bekräftigte der Sterndeuter mit geschlossenen Augen. Waren es die Götter selbst, die aus seinem Mund sprachen? »Die Tafeln des Schicksals verlangen, dass wir mit unserem Blut sühnen.«
    »Was denn sühnen?«, fragte Ezzi.
    Ein zweiter Sterndeuter versetzte Ezzi einen Schlag auf den Hinterkopf, dass ihm beinahe der Korbhut vom Kopf flog. »Was auch immer. Die Götter brauchen dir keinen Grund zu nennen«, zischte er.
    Ezzi nickte zitternd und sah wieder den großen Sterndeuter an. »Wer ... mit wessen Blut?«
    Der große Sterndeuter neigte den Kopf. Wie alle Priester und Diener der Götter war er ein perfekt gebauter Mann. Ezzi war klar, dass sein Gehör, seine Augen, sein Geschmack und sein Tastsinn ohne jeden Makel sein mussten. Die Götter erwählten die Menschen, die ihnen dienen sollten, indem sie die Betreffenden mit einem sehr anziehenden Äußeren ausstatteten.
    Als Junge war Ezzi für unwürdig beurteilt worden, weil sein linkes Ohr einen Daumen breit höher saß als sein rechtes. Ihm gegenüber saß ein würdiger Mann, dessen Ohren perfekt symmetrisch und dessen mandelförmige Augen mit langen Wimpern besetzt waren. Über den Augen wölbten sich die Brauen, die sich genau in der Mitte seiner Stirn trafen und dann ein langes Stück an seinem Nasenrücken abwärts liefen, bevor sie exakt auf Augenhöhe endeten.
    Ezzi war nicht einmal würdig, in seiner Gegenwart zu atmen.
    »Ich hatte gehofft, ich hätte mich getäuscht, denn ich habe schon vor vielen Jahren prophezeit, dass dieser Stern erscheinen würde«, verkündete er. Selbst seine Stimme war perfekt. Trost spendend und kräftig.
    »Du, du hast gewusst, dass dieser Stern erscheinen würde?«
    Der andere Sterndeuter versetzte Ezzi einen weiteren Schlag auf den Hinterkopf. »Er ist der große Sterndeuter, Junge. Glaubst du vielleicht, du könntest irgendwas entdecken, das er nicht bereits gesehen hat?«
    Mit jedem Atemzug fühlte Ezzi sich elender. Alle Hoffnungen auf eine Kupferwanne hatte er bereits fahren gelassen; inzwischen hoffte er nur noch, dass er nicht zur Zwangsarbeit abkommandiert wurde, weil er sich erdreistet hatte, den Sterndeuter anzusprechen.
    Der Mann schüttelte den Kopf und damit auch die glänzenden und absolut gleichmäßigen Locken seines schwarzen Bartes. »Dies ist ein trauriger Tag für das schwarzhaarige Volk zwischen den Flüssen. Was wir getan haben, was die Menschheit auf sich herabbeschworen hat, was die Götter in ihrem unergründlichen Ratschluss als Beleidigung aufgefasst haben, vermag ich mir nicht einmal auszumalen.«
    »Wird die Erde wieder blank wie Lehm?«, fragte Ezzi. War die Überschwemmung im Norden nur ein düsterer Vorbote gewesen? Wie die Verkündung des roten Mondes?
    »Das verheißen uns die Tafeln des Schicksals nicht, mein Sohn«, antwortete der Sterndeuter. Er öffnete die Augen, braun wie der Lehm der Stadt, und richtete sie auf Ezzi. Der wiederum nahm alle Kraft zusammen, um dem Blick des Großen standzuhalten. »Doch sie sagen, dass du persönlich davon betroffen bist.«
    »Ich?«, quiekte Ezzi ängstlich wie in seinem ersten Jahr im Haus der Tafel.
    Der große Sterndeuter nickte. »Du musst unbedingt deine persönlichen Gottheiten und Dämonen anrufen und feststellen, welche Dienste du ihnen erweisen kannst, damit die Götter dich verschonen.«
    Ezzi sprach nur selten zu seinem persönlichen Gott. In seinem Zimmer hatte er einen Altar mit einer Wächterstatue stehen und er schenkte Trankopfer aus, doch tat er das eher aus Gewohnheit; er konnte sich nicht einmal an den Namen seines persönlichen Dämons erinnern. Womöglich war genau dies das Problem. Er hatte sie vernachlässigt. Ihm war nicht klar gewesen, dass die großen Götter sich überhaupt um die kleinen, persönlichen Gottheiten scherten.
    Schließlich gab es

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