Die Händlerin von Babylon
Manns genug, mehreren Frauen gleichzeitig Vergnügen zu bereiten?«, erkundigte sich eine andere.
Ein Bild blitzte vor Cheftus innerem Auge auf: ineinander verschlungene Leiber, Arme und Beine, die sich im Gleichklang bewegten; Hitze und schiere Kraft, die seinen Leib beflügelten. »Aber ja«, versicherte er. »Kidu kann das durchaus.« Was der Wahrheit entsprach; auch wenn es eindeutig nicht Cheftus Erinnerung entsprang.
»Und du wirst uns allen Vergnügen bereiten, wenn wir dir eine grünäugige Frau bringen?«, hakte die Blonde nach.
»Gleichzeitig?«
Das wären dann zehn Frauen plus Chloe. Ha! Sie würde ihm den Kopf abreißen; doch das war ihm egal.
Wenn er Chloe erst gefunden hatte, würde sie ihre Ansprüche schon geltend machen und mit den Übrigen fertig werden. Natürlich wäre sie sauer auf ihn, aber in diesem Fall rechtfertigte der Zweck doch gewiss die Mittel. »Ganz bestimmt. Je länger, je lieber.« Das hatte er irgendwo mal aufgeschnappt.
Wahrscheinlich von ihr.
Sobald die Herde abgezockelt war, drückte Cheftu die Tür zu und legte dann den Riegel vor, sodass er eingeschlossen blieb. Und sie ausgeschlossen waren.
Dann nahm er einen Kelch aus fein ziseliertem Obsidian, der so dünn war, dass er die Schatten seiner Finger durch den Stein sehen konnte. Würde sie ihn in dieser eigenwilligen Zusammenstellung von Fleisch und Knochen überhaupt wiedererkennen?
Er musste darauf vertrauen. Auf die sieben Jahre, die sie miteinander verbracht hatten. Auf die Tatsache, dass sie sich schon zweimal quer durch Zeit und Raum wiedergefunden hatten. Darauf, dass sie aus einem bestimmten Grund hier waren und dass sie ihr Werk nicht vollenden konnten, wenn sie einander nicht fanden. Er musste darauf vertrauen.
Die Kupfervase prallte an der Wand ab, und die Sterndeuter duckten sich unter dem zurückfliegenden Geschoss weg. Die Haltung der Ensi den Zeichen des Himmels gegenüber hatte sich nicht zum Besseren gewandt. Ezzi spürte ein Zupfen an seinem Umhang und erhob sich.
Heute war Puabi nicht mit Gold bemalt und sah infolge dessen im Grunde aus wie die meisten schwarzhaarigen Frauen, dachte er. Sie funkelte Asa so wütend an, dass Ezzi nicht einmal ihre Augenfarbe erkennen konnte.
»Dafür habt ihr keinen Beweis!«, fauchte sie.
»Der Zeitpunkt rückt näher, Ensi«, beharrte Asa. »Die Sterne verschieben sich zu noch nie da gewesenen Mustern.«
»Und warum sollte das etwas Schlechtes bedeuten?«
»Die Deiche sind verstopft, der Fluss verschlickt zusehends weiter.«
»Weil die Sklaven und die Aufseher ihre Arbeit vernachlässigen. Ich bin für das Wetter und für die Ernte verantwortlich. Für die Wirtschaft und die Arbeiter ist der Lugal zuständig. Zwingt ihn doch zum Rücktritt.«
An der Tür kam es zu einem kurzen Gedränge. Puabi setzte sich aufrecht hin und musterte die Männer. »En Kidu gesellt sich zu uns. Als Hohepriester der Fruchtbarkeit sollte er anwesend sein.«
Sie verbeugten sich, als der En mit seinem Gefolge von Priestern, Schreibern und Hilfspriestern eintrat. Ezzi war baff, wie sehr sich der Mann verändert hatte. Als sie sich wieder aufrichteten, musterte Ezzi den En genauer. Er war groß und breit wie ein Baum am Hang und gleißte wie Gold, ohne dass es Farbe dazu gebraucht hätte. Seine Augen, die bis dahin unter schweren Lidern aus einem dahindämmernden Gesicht geblickt hatten, wirkten hell und aufgeweckt.
Sie schienen beinahe eine andere Farbe angenommen zu haben.
Die Ensi winkte ihn heran, dann ließ sie ihn auf ihrem Thron Platz nehmen und setzte sich auf seinen Schoß. Die Miene des En blieb unbeteiligt, aber er umarmte sie nicht. Seine Hände ruhten auf den Armlehnen.
Heute war er hellwach.
»Fahrt fort«, wies die Ensi die Sterndeuter an.
»Ich bin nur gekommen, um dich zu warnen, dass der Zeitpunkt näher rückt«, sagte Asa. »Ich will dir nicht drohen, Ensi. Ich bin nur ein einfacher Edelmann, der seiner Verantwortung gegenüber dem Gemeinwesen nachkommt.«
»Was hat die Ensi getan, dass die Götter ihre Absetzung verlangen?«, fragte der En. Seine Worte kamen gestochen scharf, Aussprache und Tonfall erinnerten an einen Alten Knaben. Ezzi staunte, wie sehr sich der Mann verwandelt hatte. Solche Veränderungen konnte das Opium bewirken?
Asa erhob die Hände. »Das entzieht sich meiner Kenntnis.«
»Ich habe überhaupt nichts getan.« Puabi sah Kidu zornig an.
»En, sie muss so vielen Gottheiten gefällig sein, dass niemand wissen kann, was sie versehentlich
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